Honor Harrington 11. Wie Phoenix aus der Asche
beim nächsten Konklave der Gutsherren ein weiteres Paket von Reformen und angeschlossenen Maßnahmen vorlegen will?«
»Ich habe davon gehört«, antwortete Mueller mit Vorsicht. »Ich kenne allerdings keine Details, fürchte ich. Der Protector versteht sich mittlerweile besser darauf, Dinge geheim zu halten, als mir lieb ist.« Er zuckte die Achseln. »Leider haben Prestwick und er so gut wie alle Beamten, die vor der so genannten Restauration von den Schlüsseln eingesetzt worden waren, gegen eigene Leute ausgetauscht. Solange sie noch im Amt waren und sich daran erinnerten, wem sie ihre Posten verdanken, haben wir ab und zu einen wertvollen Einblick in den Rat des Protectors und die Ministerien des Schwertes bekommen. Aber heute …« Er machte eine wegwerfende Geste.
»Ich verstehe, Mylord«, sagte Baird mitfühlend. »Wir hatten zwar nie den Zugang, den die Schlüssel besaßen, aber wir haben während der ›Restauration‹ auch kaum Quellen eingebüßt. Nach wie vor erhalten wir relativ regelmäßig Berichte. Sie kommen zwar von weiter unten in der Befehlskette als die Quellen, auf die Sie und die anderen Gutsherren sich in der Vergangenheit verlassen konnten, aber wenn wir sie kombinieren, erschließt sich uns ein recht gutes Bild von Benjamins Plänen. Und was er diesmal plant, finden wir ganz besonders unfasslich.«
»Aha?« Mueller setzte sich aufrechter hin, und Baird lächelte freudlos.
»Sie haben gewiss von der Petition San Martins gehört, in das Sternenkönigreich aufgenommen zu werden, Mylord?«
»Ja«, antwortete Mueller langsam, aber mit einer Andeutung von Schroffheit. »Selbstverständlich. Seit mehreren Wochen sind die Zeitungen voll davon.«
»Das ist mir bewusst, Mylord.« Baird klang fast, als wolle er sich entschuldigen. »Mit meiner Frage wollte ich nur das Thema einleiten. Ich wollte keineswegs andeuten, Sie würden dergleichen übersehen.«
Mueller grunzte und bedeutete ihm mit einem Nicken fortzufahren. Baird lehnte sich wieder zurück.
»Wie Sie aus den Zeitungen wohl wissen, Mylord, haben beide Häuser des Kongresses von San Martin um Aufnahme als vierte Welt des Sternenkönigreichs gebeten. Die Abstimmungen darüber, ob die Aufnahme beantragt werden sollte, fiel weitaus eindeutiger aus, als die meisten Außenstehenden vermutet hätten. Vor allem, wenn man bedenkt, wie heftig die San Martinos zuvor die Rückkehr in die Selbstständigkeit verlangt hatten. Wenn man sich die Formulierung des Antrags allerdings genau ansieht, stellt man fest, dass sie ihre Autonomie überhaupt nicht aufgeben. Wie wir die Vorschläge verstehen, würde San Martin eine Mitgliedswelt des Sternenkönigreichs werden, und Regierungschef wäre ein von der Königin eingesetzter und vom Senat San Martins gebilligter planetarer Gouverneur. Der Gouverneur würde einem Rat vorstehen, dessen Angehörige zu gleichen Teilen von der Königin und vom planetaren Parlament ernannt werden. Der planetare Präsident würde automatisch zum Vorsitzenden dieses Rates – letztendlich Premierminister von San Martin im Namen der Königin. Die Bürger San Martins würden zwei Vertreter wählen: einen ins planetare Parlament, das mit dem Gouverneur und seinem Rat als lokale Legislative zusammenarbeiten würde, und einen ins Unterhaus von Manticore. Es stellen sich mehrere Fragen, zum Beispiel, ob die Königin einen Hochadel für San Martin einrichten möchte. Im Grunde aber wird eine Beziehung vorgeschlagen, die den Planeten zwar ins Sternenkönigreich integriert, aber mit mehreren Isolationsschichten San Martins innere Institutionen schützt und sie davor bewahrt, einfach in den Rachen der Mantichora gerissen zu werden und zu verschwinden.«
Mueller nickte. All das wusste er bereits, und doch war er nicht ungehalten, dass Baird es ihm noch einmal zusammenfasste. Im Gegenteil, er war von der Darstellung beeindruckt. Die meisten von Muellers Verbündeten, selbst (oder gerade) die Schlüssel, blickten nur selten über die inneren Angelegenheiten hinaus, denn es war die Bedrohung ihrer Lebensweise und der Tradition, die sie in erster Linie antrieb. Selbst wer sich für mehr als nur Grayson interessierte, beschränkte sich letztendlich doch auf die Position der eigenen Welt in der Manticoranischen Allianz, die Verpflichtungen gegenüber dem Bündnis sowie auf die Kriegführung gegen Haven. Nur sehr wenige verfolgten die weitere galaktische Politik, und es kam für Mueller völlig überraschend, dass ausgerechnet Baird den Antrag
Weitere Kostenlose Bücher