Honor Harrington 13. Ein neuer Krieg
ist es eben.«
Sie spürte seinen Kummer und seine Wut ebenso wie seine Scham, doch auch sein Verständnis. Gern gab er nicht zu, dass er sie verstand, und er stimmte ihr keineswegs zu, doch war sein Verständnis Honor wichtiger als alle andere.
»Wie lange brauchen Sie den Abstand denn?«, fragte er, indem er die Hand hob, um Samantha zu streicheln.
»Ich weiß es nicht«, sagte sie ehrlich. »Manchmal glaube ich, es gibt im ganzen Universum nicht genug Platz für uns. Dann wieder hoffe ich, dass vielleicht nur eine Unterbrechung nötig ist, die uns beiden erlaubt, Atem zu schöpfen. Doch wie auch immer, es ist das Beste, was ich leisten kann. Wenn es eine Antwort gibt, irgendeine Lösung, kann ich sie jedenfalls nicht finden, während ich mich dagegen wehre, Sie zu lieben.«
White Haven schloss die Augen, das Gesicht angespannt, und sie spürte, wie leidenschaftlich er sich nach einer Möglichkeit sehnte, ihr zu widersprechen. Doch es gelang ihm nicht. Daher öffnete er nach einem endlosen Moment des Schweigens die Augen und blickte Honor wieder an.
»Es gefällt mir nicht«, sagte er. »Es wird mir nie gefallen. Das heißt jedoch nicht, dass ich eine bessere Lösung wüsste. Aber seien Sie um Gottes willen vorsichtig, Honor! Stürzen Sie sich nicht wieder in einen Schmelzofen, denn, Gott helfe uns allen, Sie haben Recht. Ich liebe Sie wirklich. Bringen Sie Abstand zwischen uns, wenn Sie müssen, aber jedes Mal, wenn Sie ausziehen und einen dieser ›Salamander‹-mäßigen Todesritte hinlegen, stirbt etwas in mir. Alles hat seine Grenzen. Einschließlich der Male, die Sie auf der Rasierklinge reiten und dennoch wieder zu mir nach Hause kommen können.«
Nun vermochte sie die Tränen nicht mehr zurückzuhalten. Nicht nachdem er endlich zugegeben hatte, was sie beide wussten. Sie wollte etwas sagen, doch diesmal hob er Schweigen gebietend die Hand.
»Ich weiß, dass Sie Recht haben«, sagte er. »Wir dürfen nicht beieinander sein – das geht nicht. Gleichzeitig kann ich Sie einfach nicht verlieren. Als die Havies damit herumprotzten, sie hätten Sie hingerichtet, habe ich schon einmal gedacht, ich hätte Sie verloren. Ich kann das nicht noch einmal durchmachen. Also kommen Sie zurück, Honor Harrington. Kommen Sie aus Silesia zurück, und zwar lebendig. Irgendwie finden wir schon eine Antwort, und dann sollten Sie verdammt noch mal lieber hier bei uns sein!«
»Es tut mir furchtbar Leid, Hoheit, aber es ist schlichtweg unmöglich.«
Honor lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und schlug die Beine über. Mit schokoladenbraunen Augen, die eiskalt wirkten, blickte sie die Frau hinter dem Schreibtisch an. Admiral der Roten Flagge Josette Draskovic war eine dunkelhaarige, schlanke Frau und etwa fünfunddreißig T-Jahre älter als Honor. Sie verfügte über ein Übermaß an nervöser Energie und schien manchmal selbst dann zu zappeln, wenn sie völlig reglos dasaß. Außerdem war sie die Nachfolgerin von Sir Lucien Cortez als Fünftem Raumlord und verantwortlich für die Personalangelegenheiten der Royal Manticoran Navy. Obwohl sich in ihrem Gesicht nicht auch nur ein Muskel um einen Millimeter bewegte, spürte Honor, wie sie innerlich triumphierte und frohlockte.
»Dann schlage ich vor, dass Sie es möglich machen«, empfahl Honor ihr gleichmütig.
Draskovic versteifte sich. »Wie soll ich das verstehen?« Ihre aufschießende Wut war regelrecht sichtbar, und Honor gestattete sich beim Erspüren der Emotionen ihres Gegenübers ein dünnes Lächeln. Nimitz lag zusammengerollt auf ihrem Schoß und wirkte völlig entspannt, fast schläfrig. Honor jedoch wusste es besser: Sie spürte seine brodelnde Wut ebenso deutlich, wie sie Draskovics kleinliches Machtgefühl empfand.
Honor und Admiral Draskovic waren einander nie begegnet, bevor Sir Edward Janacek erneut zum Ersten Lord der Admiralität ernannt worden war. Seither hatten sie zweimal die Klingen gekreuzt, und keiner ihrer Auftritte vor dem Flottenausschuss des Oberhauses war für Draskovic auch nur ein bisschen angenehm gewesen. Diesen Mangel an Vergnüglichkeit verdankte sie einer gewissen Herzogin von Harrington, die beim ersten Mal mit einem eigenen Gutachten über die Personalzahlen des gegenwärtigen Flottenhaushalts angerückt war. Die nackten Zahlen, die Draskovic dem Parlament genannt hatte, waren nicht im eigentlichen Sinn des Wortes irreführend gewesen, sehr wohl hingegen die Art, in der sie präsentiert wurden. Und Honor hatte sie
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