Honor Harrington 6. Ehre unter Feinden
nicht tun.«
»Ach ja? Und warum hat man dann ausgerechnet Harrington das Kommando gegeben? Wenn die Admiralität verhindern will, daß so etwas wieder geschieht, dann hätte man doch wenigstens einen fähigen Offizier nach Silesia schicken können!«
Hauptmann krümmte sich innerlich zusammen. Stacey war Honor Harrington niemals begegnet. Sie wußte nicht mehr, als aus den Zeitungen und dem HD hervorging – oder was ihr Vater ihr erzählt hatte. Und Hauptmann mußte sich schuldbewußt eingestehen, daß er sich nicht gerade große Mühe gegeben hatte, seiner Tochter einen unvoreingenommenen Bericht über die Vorgänge im Basilisk-System zu liefern. Vielmehr hatte seine Demütigung ihn dazu getrieben, Stacey das Benehmen Harringtons während der damaligen Konfrontation in noch düstereren Farben zu schildern. Darauf war er nicht gerade stolz, aber jetzt wollte er auch nicht zurückweichen und seine Aussage im Nachhinein korrigieren – dazu war es ein wenig zu spät. Außerdem war Honor Harrington in Klaus Hauptmanns Augen eine Zeitbombe.
Dummerweise konnte er Stacey nun nicht offenlegen, daß er höchstpersönlich auf Harringtons Berufung gedrängt hatte; er würde Erklärungen abgeben müssen, auf die er lieber verzichten wollte.
»Sie mag eine Irre sein«, räumte er statt dessen ein, »aber sie ist eine erstklassige Befehlshaberin im Gefecht. Ich mag die Frau nicht – das weißt du ja –, aber sie kämpft gut. Wahrscheinlich hat man sie deswegen ausgesucht. Und was die Navy nun getan hat oder nicht, und welche Gründe dafür bestehen«, fuhr er energischer fort, »eine Tatsache bleibt bestehen – wir haben die Bonaventure verloren.«
»Wie sehr schadet uns das?« fragte Stacey und lenkte auf ein persönlich weniger schmerzliches Thema ab.
»An und für sich nicht so sehr. Sie war versichert, und ich bin davon überzeugt, daß uns die Gesellschaft auszahlen wird. Aber unsere Prämien werden dadurch schon wieder steigen, und wenn Harrington sich nicht sehr gut schlägt, müssen wir in Erwägung ziehen, unsere Geschäfte mit der Konföderation ruhen zu lassen.«
»Wenn wir uns zurückziehen, lösen wir einen Erdrutsch aus«, warnte Stacey.
»Ich weiß.« Hauptmann stand auf und stieß die Hände tief in die Hosentaschen, dann starrte er auf den Pool hinaus. »Ich will es auch nicht, Stace – und nicht nur deswegen, weil wir dann Einkünfte verlieren. Mir gefällt nicht, was ein allgemeiner Rückzug aus Silesia mit der Handelsbilanz anstellen wird. Das Königreich braucht die Handelseinkünfte und diese Märkte gerade jetzt am dringendsten. Und überleg nur, welche Auswirkung das auf die öffentliche Meinung hätte. Wenn ein paar hergelaufene Piraten uns aus der Konföderation verjagen, dann könnten die Leute glauben, wir hätten nicht mehr den Mumm, gegen die Havies zu kämpfen.«
Stacy nickte. Die lange und heftige Historie, die ihren Vater mit der Navy verband, entsprang zum einen seiner Rolle als einer der bedeutendsten Schiffbauer des Sternenkönigreichs, was ihn auf ständigen Konfrontationskurs zu den Buchhaltern der RMN brachte, zum anderen der beharrlichen Weigerung der Navy, sich seinem Willen zu beugen. Wie ihr Vater war Stacey eine Analytikerin der politischen Strömungen, und sie begriff sehr wohl, warum sein bewegtes Verhältnis zur Flotte ihn im Verein mit seinem Reichtum für die Opposition so attraktiv machte. Als einer der Hauptsponsoren der Oppositionsparteien beschränkte er seine öffentliche Unterstützung der Kriegsanstrengungen auf ›angemessene‹ Verlautbarungen, um die Unterstützung der Opposition für seine Ziele nicht zu verlieren, aber er war sich dennoch über die Bedeutung des Kampfes gegen die Volksrepublik voll im klaren – und er wußte, was er im Falle der Niederlage Manticores einbüßte.
»Wie viele unserer Leute haben wir bisher verloren?« fragte Stacey.
»Einschließlich Sukowski und seinem Eins-O sind es fast dreihundert, über deren Schicksal wir nichts wissen«, antwortete Hauptmann bitter. Seine Tochter zuckte zusammen. Ihr normaler Verantwortungsbereich überschnitt sich nur selten mit den interstellaren Schiffahrtsunternehmungen, und sie hätte nicht gedacht, daß die Zahl schon so stark angewachsen war.
»Können wir denn nichts weiter tun?« Ihre Stimme klang sehr beherrscht, nicht drängend, aber düster von dem Verantwortungsgefühl, das Stacey von ihrem Vater geerbt hatte.
Hauptmann zuckte die Achseln. »Ich weiß es nicht.« Er beobachtete noch
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