Honor Harrington 6. Ehre unter Feinden
heute nachmittag mit Pat, dann erfahre ich, was BuPlan dazu zu sagen hat.« Der Admiral dachte eine Weile nach, dann warf er den Kopf zurück. »Bis dahin sollten wir die Erfordernisse Ihres Plans näher betrachten. Sie sagen, Sie brauchen noch zwo Schlachtgeschwader bei Nightingale?«
White Haven nickte.
»Nun, angenommen, wir ziehen sie hier ab …«
2
Leise klassische Musik schuf die passende Kulisse für die elegant gekleideten Damen und Herren im Saal. An der Wand hinter den Gästen erhoben sich die geplünderten Ruinen eines üppigen Büfetts, und die Leute standen, Gläser in der Hand, in kleinen Grüppchen beisammen. Ihr auf- und abschwellendes Stimmgemurmel konkurrierte mit den Klängen der Musik; eine entspannte Zurschaustellung von Reichtum und Macht. In Klaus Hauptmanns Stimme indes war nur wenig Gelassenheit zu finden.
Der Billionär sprach mit einer Frau, die ihm in puncto Geld und Einfluß nur wenig nachstand, und einem Mann, der nicht einmal im Rennen war. Nicht, daß der Clan der Housemans arm gewesen wäre, aber deren Reichtum war »altes Vermögen«, und die meisten Housemans blickten mit Verachtung auf einen Mann hinab, der sich tatsächlich um etwas so Grobes wie Handelsgeschäfte kümmerte. Selbstverständlich mußte man Manager beschäftigen, die das Familienvermögen hüteten, aber das waren nur Angestellte; mit derlei Profanem befaßte sich kein Gentleman. Professor Dr. Reginald Houseman teilte in mancher Hinsicht dieses Vorurteil, das die Finanzelite den Neureichen entgegenbrachte (und nach den Standards der Housemans war selbst das Vermögen der Hauptmanns noch sehr neu), dennoch galt Houseman als einer der zehn besten Wirtschaftswissenschaftler des Sternenkönigreichs.
Nicht allerdings bei Klaus Hauptmann, der ihn mit beinahe vollkommener Verachtung betrachtete. Trotz Housemans unzähliger akademischer Referenzen hielt Hauptmann ihn für einen Dilettanten, eine Personifizierung der Phrase, die aus uralter Zeit überliefert wurde: »Wer etwas kann, der tut es; wer nicht, der unterrichtet«. Housemans erhabene Selbstgefälligkeit brachte jemanden wie Hauptmann innerlich zum Kochen, denn Hauptmann hatte seine Fähigkeiten auf die einzige Möglichkeit unter Beweis gestellt, die niemand anzweifeln konnte, nämlich durch Erfolg. Nicht, daß Houseman ein kompletter Idiot gewesen wäre. Trotz seiner intellektuellen Borniertheit hatte er sich häufig als gewandt und effektiv erwiesen, wenn es darum ging, öffentliche ökonomische Strategien mit privatwirtschaftlichen Anreizen zu lenken. Hauptmann betrachtete es als außerordentlich unglückselig, daß Houseman so fest der Überzeugung verhaftet war, Regierungen besäßen die Kompetenz, der Privatwirtschaft Vorschriften zu machen, obwohl es doch so offensichtlich nicht der Fall war. Doch sogar er mußte zugeben, daß sich Houseman seine Meriten als politischer Analytiker verdient hatte.
Bis vor sechs Jahren war Houseman zudem ein aufsteigender Stern am Himmel des diplomatischen Dienstes gewesen; seitdem allerdings wurde er nur noch gelegentlich und in beratender Funktion hinzugezogen. Denn wenn Königin Elisabeth III. eine persönliche Abneigung gegenüber einem Mann faßte, hätte nur der abgebrühteste Politiko vorzuschlagen gewagt, diesen Mann weiterhin fest in den Dienst der Krone zu stellen. Und seit Kriegsausbruch galten die Verbindungen der Familie Houseman zu den Freiheitlern auch nicht gerade als ein Vorzug. Nachdem die Volksrepublik Haven die Manticoranische Allianz überfallen hatte, war der langjährige Widerstand der Freiheitler gegen die Rüstungsausgaben des Sternenkönigreichs, die sie bislang als »Panikmache und Provokation« bezeichnet hatten, auf sie zurückgefallen. Nach dem stümperhaften Putsch, der die alte Führungsschicht der Volksrepublik hinwegfegte, hatten sich die Freiheitler mit dem Bund der Konservativen und den Progressiven zur Opposition gegen die Regierung Cromarty zusammengeschlossen. Sie hatten die formelle Kriegserklärung verhindern wollen, weil sie hofften, daß das Regime, das sich aus den Wirren nach dem Putsch erhob, für eine Einigung auf dem Verhandlungsweg zugänglich sein könnte. Viele Freiheitler, darunter auch Reginald Houseman, waren nach wie vor der Ansicht, eine unbezahlbare Gelegenheit sei verschwendet worden.
Weder Ihre Majestät noch ihr Premierminister, der Herzog von Cromarty, waren der gleichen Meinung, und die Wählerschaft schon gar nicht. Bei der letzten Parlamentswahl hatten
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