Honor Harrington 6. Ehre unter Feinden
Leistungen haben Sie für uns recht … interessant gemacht.«
Honor spürte, wie ihre Wangen sich erhitzten, aber Ravenheim lachte nur leise und bot ihr mit einer Handbewegung einen Sessel an. Die anderen Andermaner setzten sich ebenfalls, und LaFollet nahm seine Position an Honors Schulter ein, während Candless und Howard sich so unauffällig wie möglich an ein Schott postierten. Ein Steward erschien, um Wein einzuschenken, der so dunkel war, daß er fast schwarz wirkte, und verschwand so leise wie er gekommen war. Ravenheim wartete, bis Honor den Wein gekostet hatte.
»Sehr gut, Mylord«, sagte sie. »Ich glaube nicht, daß ich jemals dergleichen genossen habe.«
»Nein, das glaube ich auch nicht, das ist nämlich alter Potsdamer. Als die Mikrobiologen unsere terranischen Feldfrüchte genetisch veränderten, erzeugten sie versehentlich auch eine Traubensorte, die nur auf Potsdam wächst, aber einen wahrhaft bemerkenswerten Wein ergibt. Eine ihrer glücklicheren Zufallsentdeckungen, wie ich finde.«
»Allerdings, Mylord.« Anerkennend trank Honor noch einen Schluck, dann lehnte sie sich zurück und schlug die Beine übereinander. Nimitz glitt in ihren Schoß hinunter und breitete sich dort gemütlich aus. Mit einem schwachen Lächeln neigte Honor den Kopf zur Seite und blickte Ravenheim ins Gesicht. »Nichtsdestotrotz bezweifle ich, daß Sie mich an Bord gebeten haben, um mir Ihren Weinkeller präsentieren zu können, Hoheit .«
»Selbstverständlich nicht«, pflichtete Ravenheim ihr bei und ließ sich tiefer in das Sesselpolster sinken. Er legte die Arme auf die Lehnen, umschloß das Weinglas genießerisch mit beiden Händen und erwiderte ihr Lächeln. »Wie ich schon sagte, wollte ich Kapitän Hauser Gelegenheit geben, Ihnen unsere Informationen über die silesianische Lage mitzuteilen – ich habe ihn einen Chip vorbereiten lassen, auf dem alle unsere Berichte der letzten Monate gespeichert sind. Aber um ganz offen zu sein, Mylady, ich habe Sie eingeladen, weil ich Sie kennenlernen wollte.«
»Mich kennenlernen, Mylord? Darf ich fragen, wieso?«
»Aber sicher.« Ravenheims Lächeln wurde breiter, und seine Augen funkelten schalkhaft; Honor spürte eine stärkere Welle des spitzbübischen Entzückens. »Zunächst sollte ich wohl zugeben, daß der ungezogene kleine Junge in gewissem Maße noch immer in mir steckt«, sagte er entwaffnend, »und ich mache mir einen Spaß daraus, Sie mit dem Ausmaß meiner Nachrichtendienstmeldungen zu überwältigen.« Honor zog höflich eine Braue hoch, und er kicherte leise. »Im Laufe der Jahre haben wir Andermaner eins gelernt, Mylady: Es ist niemals klug, einen potentiellen Verbündeten – oder Gegner – über die Möglichkeiten des eigenen Nachrichtendienstes im unklaren zu lassen. Das Leben ist so viel einfacher, wenn die Leute, mit denen Sie es zu tun haben, sich deutlich bewußt sind, daß Sie vermutlich mehr über sie wissen als sie selbst vermuten würden.«
Honor konnte nicht anders, sie mußte lachen. Da haben wir einen Mann, der das Spiel in allen Einzelheiten genießt , dachte sie. Von Ravenheim kannte seine Stellung innerhalb der Hierarchie des Reiches genau, und das machte sich in seinen Emotionen als unmißverständliche Arroganz bemerkbar, aber gleichzeitig lehnte er es ab, sich selbst allzu wichtig zu nehmen. Honor spürte die stählerne Härte seiner Persönlichkeit und wußte, daß dieser Mann dem Konzept der Pflichterfüllung im gleichen Ausmaß ergeben war wie sie, aber das war für ihn kein Hinderungsgrund, Spaß zu haben. Zweifellos war der Herzog von Ravenheim als Gegner außerordentlich gefährlich, aber gleichzeitig besaß er eine Würze, wie Honor ihr nur selten begegnet war.
»Betrachten Sie mich als überwältigt, Mylord«, entgegnete sie trocken. »Ich darf Ihnen versichern, daß mein nächster Bericht an die Admiralität die Befähigung Ihres Nachrichtendienstes so sehr betonen wird, wie Sie es sich nur wünschen können.«
»Ausgezeichnet! Sehen Sie? Nun habe ich bereits einen beträchtlichen Teil meines Auftrags erledigt.« Kapitän Gunthermann schüttelte den Kopf, als wäre er der Lehrer eines unbändigen Schülers, aber von Ravenheim schenkte ihm keinerlei Beachtung und fuhr fort. »Außerdem wollte ich Sie unbedingt persönlich kennenlernen, und zwar wegen Ihrer bemerkenswerten Leistungen im Dienste Ihrer Königin. Unsere Experten erwarten, in den kommenden Jahren noch viel von Ihnen zu hören. Ich vertrete die Ansicht, daß es
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