Honor Harrington 6. Ehre unter Feinden
Wachende den Papierkram vorbereiten.«
»Jawohl, Ma’am.«
»Vielen Dank, Ma’am«, sagte Tschu leise. »Ich bin Ihnen sehr dankbar.«
»Gehen Sie einfach in den Maschinenraum und beweisen Sie mir, daß es der richtige Zug ist«, entgegnete Honor und schenkte ihm eins ihrer schiefen Lächeln.
»Das werde ich tun, Ma’am«, gelobte der LI.
»Gut.«
Die beiden Offiziere erhoben sich zum Gehen, und Samantha hüpfte vom Tisch zu Tschus Schulter. Aber sie kletterte nicht ganz herauf, sondern verharrte auf seinem Oberarm und blickte sich zu Nimitz um – der sich abwandte und Honor mit lachenden Augen ansah.
»Bewältigen sie auch zwo Baumkatzen, Mr. Tschu?« fragte sie.
»Ich bin Sphinxianer, Ma’am«, entgegnete der LI schmunzelnd.
»Das ist wahrscheinlich auch gut so«, lachte Honor und sah zu, wie Samantha ganz auf seine rechte Schulter kletterte. Nimitz folgte einen Moment später und hockte sich auf Tschus linke Schulter, und das Gefühl, daß er mit sich selbst sehr zufrieden war, griff auf Honor über.
»Bleib nur nicht zu lange aus, Stinker«, warnte sie ihn. »Mac und ich warten nicht mit dem Abendbrot – und es gibt Kaninchen.«
13
Der Frachter hätte gar nicht dort sein dürfen.
Das Wrack trieb durch die Außenbezirke des Arendscheldt-Systems, so weit von der G3-Sonne entfernt, daß niemand darauf gestoßen wäre – hätte der Leichte Kreuzer sich nicht selbst so weit systemauswärts verstecken wollen. Er lag auf einer Position, von der aus er den Handelsverkehr im Sonnensystem passiv mit den Sensoren erfassen und anderen Schiffen die besten Positionen zuweisen konnte, wenn es soweit war. Nur durch einen Zufall hatte der Kreuzer das Wrack entdeckt. Und , dachte Bürger Commander Warner Caslet mit zusammengepreßten Lippen, weil meine ansässige ›Taktikhexe‹ so ein Gefühl gehabt hat.
Wie sollte er seinen Bericht nur formulieren, damit man ihm glaubte, er sei aus einem konkreten Anlaß dem schwachen Radarecho nachgegangen? Der Volkskommissar an Bord von VFS Vaubon , Denis Jourdain, war erstaunlicherweise kein übler Kerl und würde Caslet den Rücken decken, aber wenn dem Kommandanten keine plausible Begründung für den Vorstoß einfiel, dann würde irgend jemand mit Sicherheit anführen, er hätte sich lieber um die eigenen Angelegenheiten kümmern sollen. Andererseits traute das Komitee für Öffentliche Sicherheit dem Militär ohnehin nicht. Das bedeutete, daß die Personen, die Caslets Handeln im Endeffekt bewerten würden, im großen und ganzen keinerlei Flottenerfahrung besaßen … und die meisten, die Flottenerfahrung hatten, neigten dazu, den Mund geschlossen zu halten, solange nicht jemand etwas heillos verpfuschte. Mit der richtigen Wortwahl müßte ich meinen Hals eigentlich retten können , dachte Caslet; Jourdains insgeheime Unterstützung konnte nicht schaden.
Im Augenblick spielte all das für den Kommandanten des Leichten Kreuzers jedoch keine besondere Rolle. Auf dem sekundären Display betrachtete er Bürger Captain Branscombes Videoübertragung. Der Bürger Captain und ein Trupp seiner Marines durchsuchten noch das kalte, finstere und luftlose Schiff, aber was sie bereits gefunden hatten, reichte aus, um Caslet den Magen umzudrehen. Das Schiff war unter der Flagge des Trianon-Kombinats gelaufen. Hinter dem Namen verbarg sich nicht mehr als ein Einsystem-Protektorat der Silesianischen Konföderation. Das Kombinat besaß keine Navy – die Zentralregierung der Konföderation vermied es, potentiellen Abtrünnigen Kampfschiffe zur Verfügung zu stellen –, und deshalb gab wohl niemand auf den Handelsverkehr des Kombinats acht. Vielleicht war das der Grund für die Greueltat, die nur noch ein Wrack von dem Kreuzer übrigließ, der zuvor TCMS Erewhon geheißen hatte.
Caslet drehte den Kopf und betrachtete auf dem visuellen Hauptdisplay die Außenansicht der Erewhon . Erneut verzog er den Mund, als er die häßlichen Punktnarben von Energieeinschlägen sah. Obwohl der Frachter unbewaffnet gewesen war, hatte der unbekannte Angreifer das Feuer eröffnet. Auf dem Rumpf des Fünf-Millionen-Tonnen-Schiffs wirkten die Löcher winzig, aber Caslet war Raumoffizier und sehr vertraut mit der Verwüstung, die moderne Waffen anrichteten. Branscombes Videos hatte er nicht gebraucht, um sich ein Bild vom Innern der Erewhon zu machen.
Warum? fragte er sich. Zum Teufel , warum? Die müssen doch gewußt haben, daß sie ihr den Antrieb zerstören und sie nicht mitnehmen können, warum
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