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Honor Harrington 7. In Feindes Hand

Honor Harrington 7. In Feindes Hand

Titel: Honor Harrington 7. In Feindes Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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kurzen Gespräch schweigend zu. Gemäß der alten Regeln, die er als junger Mann gelernt hatte, wäre es vollkommen unmöglich gewesen, daß Miranda, eine Frau, zur Begrüßung eines wichtigen Besuchers vortrat. Doch in alter Zeit wäre der betreffende Besucher mit Sicherheit ein Mann und keine Frau gewesen. Die alten Regeln galten ohnedies nicht mehr. Gerade in diesem Augenblick war Clinkscales darüber fast dankbar, denn auf diese Weise erhielt er Gelegenheit, sich zurückzuhalten und den Gast des Guts von Harrington unauffällig zu mustern.
    Ein einziger Blick genügte ihm, um sie als Mutter der Gutsherrin zu identifizieren. Das liegt an den Augen, dachte er, an diesen großen, dunklen, mandelförmigen Augen. Trotzdem gab es noch weitere Gemeinsamkeiten. Dr. Harringtons Gesicht wies eine zierliche Lieblichkeit auf, wunderbar aufeinander abgestimmte Züge und Proportionen mit einem gerade ausreichenden Maß an Unvollkommenheit, um zu beweisen, daß alles natürlich war und kein Produkt der Bioskulptur. Lady Harringtons Gesicht besaß genau die gleichen Züge, doch was an Dr. Harrington zierlich erschien, war an der Gutsherrin zu kühn und zu schroff, um Lady Harrington als klassische Schönheit bezeichnen zu können. Es war, als hätte jemand dem Gesicht ihrer Mutter die unleugbare Kraft entnommen – die Zierlichkeit, ja die ›Weichheit‹ entfernt und den Falken enthüllt, der sich dahinter verbarg; dennoch war die Verwandtschaft auch dem beiläufigsten Betrachter offenkundig.
    Trotzdem bestanden Unterschiede. Zum einen war Dr. Harrington noch zwei Jahre älter als Clinkscales, und dies hinzunehmen fiel ihm überaus schwer. Er hatte sich bereits daran gewöhnt, daß seine Gutsherrin für ihr Alter ausgesprochen jung aussah, aber wenigstens war sie noch jünger als er. Ihre Mutter hingegen lebte schon länger als er selbst, und trotzdem war ihr langes Haar noch dunkel und zeigte keine einzige weiße Strähne; ihr Gesicht war jugendlich und wies keinerlei Falten auf. Clinkscales würde es gewiß ungeheuer schwer fallen, sich geistig daran zu gewöhnen. Wenigstens wirkte Dr. Harrington älter als ihre Tochter. Der Prolong-Prozeß stammte von Beowulf, und Allison Harrington war eine der ersten Empfängerinnen der zweiten Generation gewesen. Deshalb sah sie aus, als wäre sie einige Jahre jünger als Miranda. Ihre Augen funkelten so schelmisch, daß in Clinkscales ganz enorme Nervosität aufstieg.
    Das ist albern , ermahnte er sich; wie auch immer sie aussieht, diese Frau ist fast neunzig T-Jahre alt! Außerdem ist sie eine weithin respektierte Ärztin, zählt zu den bedeutendsten Genetikern des Sternenkönigreichs von Manticore und ist die Mutter einer Gutsherrin. Das letzte, was ihr in den Sinn käme, wäre irgend etwas zu tun, das auch nur das leiseste Gemunkel über einen möglichen Skandal wecken könnte. Doch so sehr er versuchte, sich zu beruhigen, er vermochte diese spitzbübisch funkelnden Augen nicht zu ignorieren – oder den Stil ihrer Kleidung.
    Noch nie hatte Howard Clinkscales seine Gutsherrin in manticoranischer Zivilkleidung erblickt. Auf Grayson trug sie, wenn sie nicht in Uniform war, ein Gewand im graysonitischen Stil. Ihre Mutter nicht: Dr. Harrington steckte in einem königsblauen taillierten Bolerojäckchen. Darunter trug sie eine maßgeschneiderte Bluse aus cremefarbener Alterdenseide, die mehrere hundert manticoranische Dollar gekostet haben mußte – und die trotz aller Blickdichtigkeit bestürzend dünn war. Ihr Schmuck war einfach, aber erlesen; das Silber stand im Kontrast zu ihrem sandelholzfarbenen Teint, und ihre elegant geschnittenen weiten Hosen paßten zur Jacke.
    Vor dem Beitritt zur Allianz hätte sich auf Grayson keine Frau in einem Gewand blicken lassen, das ihre Figur mit solch entschiedener Freimütigkeit der Öffentlichkeit offenbarte. Diesmal blieb Clinkscales nicht einmal der tröstende Gedanke, es handele sich um eine vorschriftsgemäße Uniform, da könne man nichts machen. Niemand konnte sich ernsthaft über Lady Harringtons RMN-Uniform beschweren (einige der verknöcherteren Reaktionäre hatten sich auch davon nicht abhalten lassen), denn Lady Harrington war für den Schnitt nicht verantwortlich. Diese Entschuldigung vermochte ihre Mutter indes nicht anzuführen, und …
    Jetzt halt aber mal für eine Minute die Luft an, Howard! rief er sich ernst zur Ordnung. Diese Frau benötigt für nichts eine ›Entschuldigung‹ – und die würde sie auch dann nicht brauchen,

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