Honor Harrington 7. In Feindes Hand
gegen einen Graser oder eine impellergetriebene Rakete. Meine Güte, bei fünftausend Kilometern würde ein Laser-Gefechtskopf noch innerhalb seiner Angriffsentfernung starten!
Nicht, daß ich irgendwelche Pläne dieser Art hegen würde.
Bei diesen letzten Gedanken, setzte er ein schiefes, bitteres Lächeln auf. Offenbar war er nervöser als er geglaubt hatte. Selbst die Systemsicherheit kannte bislang keine Möglichkeit, die Gedanken eines Menschen zu belauschen.
Hinter ihm waren Schritte zu hören, und als er sich umdrehte, sah er sich Dennis LePic gegenüber. Der Volkskommissar erwiderte schweigend sein Nicken und blickte ins Display. LePic war Theisman schon so lange zugeteilt, daß er mittlerweile eine gewisse Vertrautheit mit Flottengerät entwickelt hatte. Zwar verstand er nach wie vor nichts davon und benötigte Erklärungen zu den Bedeutungen der Datencodes an den diversen Icons, aber er wußte genug, um den Lichtpunkt des Neuankömmlings zu erkennen und den Schiffsnamen abzulesen.
»Wie ich sehe, ist Bürgerin Committeewoman Ransom eingetroffen«, bemerkte er.
»Oder wird, um präzise zu sein, in – sechsunddreißig Minuten eintreffen«, entgegnete Theisman mit einem Blick auf das Chronometer. »Ohne zu berücksichtigen, wie lange die Tepes brauchen wird, um ihre Zielumlaufbahn zu erreichen.«
»Natürlich«, stimmte LePic zu und blickte Theisman mit einer Miene an, die aufrichtige Wärme signalisierte. Die Bemerkung des Bürger Admirals hätte ein Fremder für kaschierten Hohn halten und entsprechend interpretieren können: LePics Unwissen sei so groß, daß man ihm alles besonders ausführlich erläutern müsse. Doch wußte LePic mit Gewißheit, daß die Präzision, mit der Theisman ihn verbessert hatte, eher einen privaten Scherz zwischen ihnen beiden darstellte. Den Beweis, wie gut sie miteinander zurechtkamen – so gut, daß der Bürger Admiral etwas sagen durfte, was manch anderer Volkskommissar als Beleidigung aufgefaßt hätte.
LePic wußte nicht nur, daß sich die meisten Volksflottenoffiziere über die Spitzel des Komitees für Öffentliche Sicherheit ärgerten, sondern begriff auch die Gründe für deren Groll. In diesem Punkt waren sich Theisman und er einig. Wäre LePic ein regulärer Offizier gewesen, so hätte die Einmischung der Volkskommissare auch ihn verärgert; besonders aber hätte ihn erzürnt, daß ein Diener der Regierung mit geringer oder gar keiner militärischen Ausbildung die Autorität besaß, ihn zu überstimmen. Deshalb legte LePic sehr großen Wert darauf, Theisman bei militärischen Entscheidungen nicht stärker zu beeinträchtigen als unbedingt nötig.
Im Gegenzug behandelte der Bürger Admiral ihn wie einen vernunftbegabten Menschen und bemühte sich um ein so freundschaftliches Verhältnis, wie es zwischen einem Raumoffizier und einem Volkskommissar möglich war. LePic ahnte seit langem, daß Theisman und Bürgerin Captain Hathaway ihn im letzten Stadium der Vierten Schlacht von Jelzins Stern übers Ohr gehauen hatten. Doch keine vorgesetzte Stelle hatte etwas dazu angemerkt, und Theisman und Hathaway hatten durch ihr Verhalten nicht nur sich selbst, sondern auch ihm das Leben gerettet. Bei Seabring hatte Theisman hartnäckig, tapfer und gut gefochten. Deshalb hatte LePic beschlossen, dem Bürger Admiral die erfolgreiche Täuschung im Jelzin-System zu vergeben.
Seitdem hielt er Theisman jedoch genauer im Auge, und im Zuge dessen hatte sich der gegenseitige Respekt zu einer Art Freundschaft entwickelt, was LePics Vorgesetzte allerdings nie erfahren durften. Oder Theisman. Daß er den Bürger Admiral sympathisch fand, durfte keine Rolle spielen: LePics Aufgabe war es, die zivile Kontrolle über Theisman auszuüben und auf Anzeichen eventueller politischer Unzuverlässigkeit Ausschau zu halten. Der Volkskommissar glaubte sowohl an die Wichtigkeit seiner Aufgabe als auch an die Endziele des Komitees für Öffentliche Sicherheit. Doch mußte er nicht mit allem einverstanden sein, was die Systemsicherheit unter den drückenden, aber kurzfristigen Sachzwängen des revolutionären Überlebens tat. Viele Übergriffe der SyS erfüllten ihn sogar mit tiefer Bestürzung, vermochten jedoch seinen Glauben nicht zu erschüttern. Diesen Glauben zu erhalten fiel ihm zwar schwerer als früher, aber was hätte er noch übrig, wenn er ihn einbüßte?
Dennis LePic wich dieser Frage grundsätzlich aus, und doch frustrierte ihn deswegen Theismans Abneigung – nein, seine Verachtung
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