Honor Harrington 7. In Feindes Hand
Montaya, um Forakers groteske Behauptung zu untermauern. »Die Bindungen von Baumkatzen an Menschen sind selten und sehr ungewöhnlicher Natur. Wir wissen viel weniger darüber als uns lieb ist. Die Folgen, wenn eine ‘Katz stirbt, sind wohldokumentiert. Katatonie tritt häufiger ein als der Tod, aber die Sterblichkeitsrate überschreitet vierzig Prozent.«
Ransom verzog die Lippen, als wolle sie ausspucken, doch dann zügelte sie ihr Temperament und atmete tief durch. Ihr Adrenalinstoß klang bereits wieder ab, und der verspätete Schock schlug in ein Hochgefühl über das eigene Überleben um. Das Denken fiel ihr schwer, trotzdem versuchte sie sich das Dossier der Systemsicherheit über Harrington in Erinnerung zu rufen. Sie hatte es sorgfältig durchgearbeitet, um die Ereignisse des heutigen Nachmittags planen zu können. Ihre Vermutung, wie Harrington auf den Tötungsbefehl reagieren würde, hatte hundertprozentig gestimmt. Das Problem war nun, daß sich in dem Dossier zu viele weiße Flecken fanden, als daß Ransom mit Bestimmtheit sagen konnte, ob Foraker log oder nicht.
Ohne daß sie es sich nach außen anmerken ließ, verärgerte es sie, dieses Eingeständnis machen zu müssen. Die beste Informationsquelle zu Baumkatzen hatte in graysonitischen Nachrichtensendungen bestanden; schließlich war Harrington auf Grayson eine Art Nationalheldin. Auf ihrem angenommenen Heimatplaneten erzielte sie immer hohe Einschaltquoten, denn die Öffentlichkeit war von der Bindung zu diesem Tier fasziniert. Leider wußten auch die Graysons nur sehr wenig über die Funktionsweise des telempathischen Links. Die Sendungen hatten Ransom gewarnt, daß das Tier lebensgefährlich und außerdem intelligenter war, als es den Anschein hatte. Ferner hatte sie den Beiträgen entnommen, daß sie Harrington nicht schwerer treffen könnte, als dadurch, ihr das Tier abnehmen und es umbringen zu lassen. Über die Natur der Bindung allerdings besaß sie keinerlei Informationen. Ihr Blick richtete sich auf Harrington, die noch immer zuckend am Boden lag. Ransom kniff ungläubig die Augen zusammen. Wie Harrington dalag – halb auf der Seite und zusammengekrümmt –, ahmte sie die Haltung des Baumkaters nach. Obwohl das Tier sechs und Harrington nur vier Gliedmaßen besaß, waren ihre Haltungen so gut wie identisch. Dabei war Harrington nicht einmal bei Bewußtsein. Absichtlich konnte sie ihre Haltung also nicht eingenommen haben, immerhin ein Indiz, daß Foraker die Wahrheit gesagt haben konnte.
Andererseits glaubte der Operationsoffizier, Harrington etwas schuldig zu sein. Ob sie genug Mumm hatte – und dumm genug war –, solch eine Lüge zu riskieren, nur um eine Manticoranerin zu schützen?
»Woher wissen Sie das eigentlich, Bürgerin Commander?« fragte die Komiteeangehörige schließlich widerstrebend.
»Bürger Konteradmiral Tourville hat mich den Gefangenen an Bord der Count Tilly als Verbindungsoffizier zugeteilt«, antwortete Foraker ohne zu zögern. »In Ausübung meiner Pflicht fragte ich Dr. Montaya nach eventuell erforderlichen medizinischen Rücksichten. Unter den gegebenen Umständen erachtete er es als angezeigt, mich über die Natur der Bindung des Commod … der Strafgefangenen an den Baumkater zu informieren.«
»So-so«, entgegnete Ransom langsam. Sie vermutete nach wie vor, daß Foraker ihr eine Lüge auftischte, aber völlig sicher war sie sich nicht. Der manticoranische Schiffsarzt hatte die Behauptungen des Operationsoffiziers schnell und ohne zu stocken bestätigt. Ransom wünschte dem abscheulichen haarigen Biest den Tod, aber was, wenn Foraker und Montaya die Wahrheit sagten? Wenn sie den ‘Kater töten ließ und Harrington tatsächlich ebenfalls starb oder in ein Koma fiel, dann konnte sie ihren Plan, Harringtons Hinrichtung in allen Einzelheiten aufzuzeichnen, naturgemäß vergessen. Zornig überdachte sie die Lage eine Weile, dann grinste sie wieder. Das Grinsen war frostig und sehr häßlich. Thomas Theisman lief ein Schauder über den Rücken.
»Also schön, Dr. Montaya«, sagte Ransom kühl, »Sie sind mir dafür verantwortlich, daß dieses Tier am Leben bleibt.« Mit einem Nicken befahl sie dem SyS-Mann hinter Montaya, die Gewehrmündung vom Hinterkopf des Schiffsarztes zu nehmen, der daraufhin sofort zu Nimitz eilte und sich neben Foraker kniete. »Tun Sie Ihr Bestes«, riet Ransom ihm. »Ich will, daß es gesund ist, wenn unser Sträfling aufs Schafott steigt.«
Ihr Lächeln kühlte um noch einige
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