Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Honor Harrington 7. In Feindes Hand

Honor Harrington 7. In Feindes Hand

Titel: Honor Harrington 7. In Feindes Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
Vom Netzwerk:
sie die exakte Reisedauer nach Hades gekannt hätten, besaß keiner von ihnen eine Uhr oder einen Kalender; sie wußten nicht, wie lange sie schon an Bord waren. Am Ende jedenfalls würden sie auf Hades ankommen, und was wäre dann? Was würde geschehen, wenn die Gutsherrin tot war und sie alle nicht mehr waren als ein paar weitere namenlose, vergessene Häftlinge in einem planetenweiten Gefängnis?
    Candless konnte die vielen Fragen nicht beantworten, und das spielte eigentlich auch keine Rolle, denn diese Antworten hätten ohnehin nicht auf ihn zugetroffen. Er vermochte die Gutsherrin ebensowenig zu retten, wie er das ganze Schiff in seine Gewalt bringen konnte. Eine Möglichkeit zu handeln aber stand ihm offen; für jemanden, der nicht wußte, daß in Candless ein Berserker schlummerte, wäre seine Entscheidung sehr überraschend gekommen. Man würde ihm also nicht gestatten, mit seiner Gutsherrin zu sterben – doch früher oder später erhielt er schon eine Chance. Nicht sofort vielleicht. Er wollte keinesfalls überstürzt handeln, denn nur eins zählte: der Erfolg. Und Candless war entschlossen, Erfolg zu haben. Wenigstens einen von ihnen wollte er bekommen – einen der Lumpenhunde in den schwarz-roten Uniformen wollte er kriegen, bevor er sie zwang, ihn zu töten … mehr wollte er gar nicht. Und das war seine letzte Bitte auf dieser Welt.
     
    »Also schön, Galgenvogel! Zieh dich an!« Verächtlich warf die Wärterin Honor den orangefarbenen Overall zu, trat einen Schritt zurück und schälte sich den dünnen Plastikhandschuh von der Hand.
    Honor fing das rauhe Kleidungsstück aus der Luft, ohne hinzusehen. Seit dem Moment, in dem die beiden Wärter ihre Zelle zur routinemäßigen ›Untersuchung zwecks Verhinderung von Selbstmordabsichten‹ betraten, die sich an jede Mahlzeit anschloß, starrte sie unbewegt geradeaus. Normalerweise erschienen zwei von ihnen zu dem herabwürdigen Ritual. Der zweite war meist, wie auch heute, Sergeant Bergren, der mit besonderem Vergnügen jede Gelegenheit nutzte, Honor zu demütigen, und wenn er nicht gekommen wäre, dann entweder Hayman oder sogar Timmons persönlich, denn der zweite Wärter war stets männlich – was zum Akt der Erniedrigung gehörte.
    Selbst bei der Systemsicherheit gab es Vorschriften. Ihre Angehörigen ignorierten und verletzten sie zwar, wie es ihnen paßte, doch zumindest existierte dergleichen und wirkte auf dem Papier sogar fast vernünftig. Timmons und seine entmenschte Truppe indes verstanden sich vorzüglich darauf, den Sinn der Bestimmungen zu entstellen, ohne sie technisch zu übertreten, und gewannen so noch mehr Möglichkeiten, die Unglücklichen zu demütigen und zu entwurzeln, die ihnen in die Hände gefallen waren. Die Vorschriften legten eindeutig fest, daß Leibesvisitationen und Durchsuchungen der Körperöffnungen nur von Sicherheitspersonal gleichen Geschlechts ausgeführt werden durften, und Timmons bestand darauf, daß seine Leute sich daran hielten. Das Reglement verlangte jedoch auch, daß grundsätzlich mindestens zwei Wärter anwesend sein mußten, wenn ein Gefangener durchsucht wurde – und dieser zweite Wärter war ausnahmslos männlich.
    Honor wußte genau, welche Wirkung Timmons damit bei ihr auszulösen hoffte. Früher einmal wäre seine Rechnung sogar aufgegangen, aber heute nicht mehr. Die Jahre, in denen der Schatten von Pavel Young über ihrem Leben lag, waren vorbei, denn sie hatte seinen verderblichen Einfluß abgeschüttelt. Die Zeit, die sie im Training mit Männern verbrachte, hatte sicherlich dazu beigetragen, doch letztendlich war es Paul Tankersleys Liebe zu verdanken, daß Youngs Gift nicht mehr durch ihre Adern rann. Die Erinnerung an diese Liebe half ihr nun, und sie verbarg sich dahinter wie hinter einem Schild. Das Tier mit den gierigen Augen, das sich keine Einzelheit ihrer demütigenden Nacktheit entgehen ließ, mochte männlich sein, doch niemals wäre es Honor eingefallen, es als Mann zu bezeichnen. Die bodenlose Verachtung, die sie für ihn und alle Wärter empfand, verschmolz mit ihren Erinnerungen an Paul und ihrer Entschlossenheit, sich niemals von solchen Kreaturen unterwerfen zu lassen. Diese Verschmelzung all ihrer Stärken, erlaubte es Honor, den Overall ohne eine Änderung ihres Gesichtsausdrucks, ohne ein Wimperzucken aus der Luft zu fangen.
    Sie begann das Kleidungsstück anzulegen, schaute dabei weiterhin unverwandt die nackte Schottwand an und ignorierte die Wärter völlig. Hinter der

Weitere Kostenlose Bücher