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Honor Harrington 7. In Feindes Hand

Honor Harrington 7. In Feindes Hand

Titel: Honor Harrington 7. In Feindes Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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strenger militärischer Form grüßen sollen. Die Gutsherrin von Harrington andererseits, die gerade auf ihr Gut zurückgekehrt war, überragte außer Protector Benjamin gesellschaftlich jeden, und beeindruckte den Earl durch die spontane Anmut, mit der sie ihre beiden unterschiedlichen Rollen voneinander abgrenzte. Schon vor geraumer Zeit, vor ihrer Rückkehr in manticoranische Dienste, hatte er hier auf Grayson mit ihr gesprochen und erkannt, wie trefflich Harrington in ihre Rolle als große Feudalherrin hineingewachsen und zu welcher Reife sie im Zuge dessen gelangt war. Offenbar hatte sich diese positive Entwicklung seitdem fortgesetzt, und einmal mehr fragte er sich, ob sie sich der Änderungen ihrer Persönlichkeit überhaupt bewußt war.
    »Tut mir leid, der ganze Rummel«, sagte sie zwanglos. »Ihre Lordschaften haben mir sowohl meine Order als auch Depeschen für Sie mit auf den Weg gegeben.« Sie blickte an ihm vorbei auf die anderen örtlichen Würdenträger, Militärangehörige und Gardisten, die darauf warteten, sie begrüßen zu dürfen, und setzte erneut das schiefe Lächeln auf, das ihr die künstlichen Nerven in ihrer linken Gesichtshälfte aufzwangen. »Für die nächste halbe Stunde werde ich wohl mit Begrüßungen beschäftigt sein, Mylord, und dann muß ich Sam, die Kätzchen und die übrigen ‘Katzen im Haus unterbringen. Darf ich Ihre Gutmütigkeit ausnutzen und Sie bitten, auf Ihre Depeschen zu warten, bis ich den Kopf wieder frei habe?«
    »Selbstverständlich dürfen Sie das, Mylady«, antwortete der Earl lachend und ließ ihre Hand los, nachdem er sie ein letztes Mal gedrückt hatte.
    »Vielen Dank, Mylord. Ich danke Ihnen sehr«, sagte Honor mit spürbarer Aufrichtigkeit, dann drehte sie sich um und stellte sich der Welle von Menschen, die alle vordrängten, um sie daheim willkommen zu heißen.
     

2
     
    Gewiß hätte ein unvoreingenommener Beobachter die Art und Weise, in der Hamish Alexander die Bibliothek von Harrington House betrat, als verstohlen bezeichnet. Der Earl schaute aufmerksam in die Runde und entspannte sich: Der große Raum war leer. White Haven lockerte mit einem tiefen Seufzer der Erleichterung den Kragen seiner Galauniform, während er den Harringtoner Wappenschild überschritt, der ins Fußbodenparkett eingearbeitet war. Zwar folgte ihm durch die offene Tür leise Musik, dank der Entfernung hörte er jedoch wenigstens nicht mehr das Hintergrundgemurmel, und auf dem polierten Holz waren seine Schritte klar zu vernehmen.
    White Haven schnallte sich den archaischen Degen ab, der unumgänglich zur Galauniform gehörte, und lehnte ihn an eines der von Büchern umgebenen Terminals; dann ließ er sich in den bequemen Sessel vor der Datenstation sinken und reckte sich ausgiebig. Die Bibliothek war zu einem seiner Lieblingsplätze in Harrington House geworden. Wenn ihr Inhalt Honor Harringtons persönlichen Geschmack widerspiegelte, dann teilten sie beide mehr Interessen, als er geahnt hatte. Zu seinem Wohlempfinden trug die geschmackvolle, behagliche Einrichtung ebenso bei wie die Stille, die darin herrschte – die Stille ganz besonders , dachte er grinsend.
    Ein letztes Mal reckte er sich, dann ließ er den Bürosessel genüßlich nach hinten klappen. Durch seine Geburt war White Haven schon in sehr zartem Alter mit den höchst förmlichen Bällen in Berührung gekommen, die von der sozialen Oberschicht des Sternenkönigreichs veranstaltet wurden, doch hatte er solche Feste nie geschätzt. Darum hatten seine Eltern dafür gesorgt, daß er sich wenigstens die Fertigkeit aneignete, Vergnügen vorzutäuschen. Nur sehr selten entsprach diese Fassade seinen wirklichen Gefühlen, und selbst dann nur zeitweise. Mindestens der Hälfte aller Feste, an denen er teilnehmen mußte, hätte White Haven eine altmodische Wurzelbehandlung vorgezogen, eine legendäre Foltermethode aus der Zeit vor Beginn der Raumfahrt. Der formelle Ball an diesem Abend hatte ihn ungeachtet aller Selbstbeherrschung regelrecht in die Flucht geschlagen.
    Nicht, daß der Admiral etwas gegen seine Gastgeber hätte sagen wollen. In mancherlei Hinsicht fand White Haven die Graysons bewundernswert: angefangen bei ihrer Ablehnung des Gedankens, irgendeine Aufgabe sei unmöglich zu bewältigen, bis hin zu ihrer Courage, ihrem grundsätzlichen Anstand und ihrer Erfindungsgabe. Bei Besprechungen mit ihren Offizieren, Unteroffizieren und Mannschaften fühlte er sich akzeptiert, und nur selten stieß er auf Probleme,

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