Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Honor Harrington 7. In Feindes Hand

Honor Harrington 7. In Feindes Hand

Titel: Honor Harrington 7. In Feindes Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
Vom Netzwerk:
wenn er sich mit Zivilisten auf pragmatischer Ebene zu einigen hatte. Wenn jedoch an White Havens Ohren drang, was man auf Grayson unter klassischer Musik verstand, so stellten sich ihm die Nackenhaare auf; und auf diesem Planeten ließ man sich keinesfalls davon abhalten, diese Kakophonien auf offiziellen Anlässen zu spielen. Zudem befand sich die graysonitische Gesellschaft als Ganzes in einem Übergangszustand, was Alexanders grundlegende Abneigung gegenüber geselligen Zusammenkünften verstärkte. Dennoch war es ihm unmöglich, diese Anlässe zwanglos zu meiden.
    Seine Mission im Jelzin-System war nicht rein militärischer Natur, sondern verfolgte zu wenigstens einem Drittel diplomatische Ziele. Als Earl und ältester Bruder des zweithöchsten Ministers der Regierung Cromarty mußte er sich auf dem diplomatischen Parkett zu bewegen wissen. In der vorhergehenden Amtsperiode des manticoranischen Premierministers, des Herzogs von Cromarty, hatte White Haven außerdem drei Jahre lang als Dritter Raumlord gedient, eine Verwendung, die fast ebenso viele politische wie militärische Aufgaben einschloß. Bei dieser Vorgeschichte erwartete man von ihm, daß er sich auf höchster Ebene mit den politischen Kreisen Graysons befaßte. Nur wurden auf diesem Planeten politische Absprachen oft unter dem Deckmantel gesellschaftlicher Anlässe getroffen, so daß White Haven zahlreiche seiner theoretisch ›freien‹ Abende auf der einen oder anderen Party verbringen mußte. Vom Musikgeschmack einmal abgesehen, wirkten die konstant wechselnden Sitten der graysonitischen Gesellschaft auf die Dauer überaus ermüdend auf jemanden, der aus dem Sternenkönigreich stammte. Dort wäre der Gedanke, daß die Frau dem Manne nicht gleichgestellt sei, ohnehin so bizarr erschienen wie die Idee, ein Fieber durch Aderlaß zu behandeln; hier auf Grayson mußte sich White Haven mit solchen Vorstellungen und den dazugehörigen Überlegungen auseinandersetzen. An diesem Abend hatte sich seine nie verklingende Anspannung durch beruflichen Streß verdoppelt, und das hatte er den Depeschen aus der Heimat zu verdanken.
    Alles wäre einfacher , sann er, kippte den Sessel noch weiter zurück und legte die Füße neben dem Degen auf den Tisch, wenn sich auf Grayson seit dem Allianzbeitritt nichts geändert hätte. Dann hätte er die Graysons kurzerhand als einen Haufen hinterwäldlerischer Barbaren abtun können, die vielleicht in mancherlei Hinsicht bewundernswert, wenn auch ein wenig hinterwäldlerisch waren; im Umgang mit ihnen hätte er eine vorher ausgearbeitete Rolle spielen können, als sei er ein Schauspieler in einem historischen HoloDrama. Dann brauchte er sich nun nicht mehr die Mühe machen, sie wirklich zu begreifen, sondern müßte lediglich die richtigen Signale geben, um ihnen vorzugaukeln, er verstünde, was sie bewegte.
    Leider war sich Graysons Oberschicht über die Regeln angemessenen Verhaltens im Moment ebenso unschlüssig wie jeder Fremdweltler. Zwar bemühte man sich, das mußte White Haven einräumen, und er war beeindruckt, welch große Fortschritte den Graysons innerhalb kürzester Zeit gelangen; dennoch lastete auf allem eine Atmosphäre beinahe greifbarer Orientierungslosigkeit. Einigen großen Damen der Gesellschaft behagten die Abweichungen von althergebrachten Wertmaßstäben überhaupt nicht, und die halsstarrigsten der männlichen Konservativen beklagten den Verlust ihrer früheren Privilegien. Diese Gruppen fanden sich zu einem merkwürdigen Bund zusammen, und ihr Widerstand gärte gerade unterhalb der Wahrnehmungsschwelle. Fast greifbar war ihr Trotz, wenn sie sich zu öffentlichen Anlässen demonstrativ an die alten Formen und Regeln klammerten – was sie selbstverständlich auf direkten Kollisionskurs mit den meist jüngeren Pendants brachte, die den Gedanken der weiblichen Gleichberechtigung mit militantem Eifer in Szene setzten.
    White Haven fand die enthusiastischeren Reformer noch ermüdender als die Reaktionäre. An ihren Motiven war nichts auszusetzen, doch blieb die Tatsache bestehen, daß Benjamin IX. seiner Heimatwelt eine Revolution von oben auferlegt hatte. Er stellte eine Sozialordnung um, die trotz ihrer Fehler immerhin den Vorzug der Stabilität aufgewiesen und sich in den letzten sechs- oder siebenhundert Jahren nur sehr graduell verändert hatte. Von wenigen Ausnahmen abgesehen hatten die Graysons eine allenfalls nebulöse Vorstellung der Richtung, in der die Entwicklung verlaufen sollte, und manche

Weitere Kostenlose Bücher