Honor Harrington 9. Der Stolz der Flotte
im Gebiet um Trevors Stern erklärt.«
Er machte eine Pause, um von seinem Glas Eiswasser zu trinken und den Zuhörern Zeit zu geben, seinen Bericht zu verarbeiten. Dann räusperte er sich und nahm den Faden wieder auf.
»Weitere Indikatoren für ein vermindertes Offensivtempo sind zu bemerken. Unter anderem steht Admiral White Haven noch immer bei Trevors Stern und zieht eine Flotte zusammen, deren Schiffe nicht allein aus manticoranischen Einheiten stammen, sondern aus der ganzen Allianz. Außerdem erhalten wir Hinweise, dass die manticoranischen Wallschiffe an der Front zunehmend überholungsbedürftig sein könnten. Ihre Systemzuverlässigkeit sinkt fortwährend.«
Na endlich eine gute Neuigkeit , dachte Giscard. Die Volksflotte litt unter einem chronischen Mangel an ausgebildeten Wartungs- und Reparaturtechnikern, wodurch das Leistungsniveau der Schiffe und Verbände unangenehm niedrig blieb. Die Mantys hingegen konnten in der Regel mit Werten von neunzig Prozent und mehr aufwarten. Dazu benötigte man allerdings nicht nur ausgezeichnete Techniker als Besatzungsmitglieder, sondern man brauchte zudem ein umfassendes, hochtüchtiges, sehr gut organisiertes System von Flottenbasen – und die Zeit, ein Schiff diesem System zu überlassen, wenn es überholt werden musste. Sank nun die manticoranische Systemzuverlässigkeit, so deswegen, weil der Gegner seine Großkampfschiffe nicht mehr von der Front abziehen konnte, wenn sie planmäßig mit einer Überholung im Hinterland an der Reihe waren. Und in Anbetracht dessen, dass ein manticoranischer Kommandant die Wartungspläne ebenso instinktiv einhielt, wie er seine Wasserstofftanks bei jeder Gelegenheit füllte, wies diese Tatsache deutlicher auf die Überlastung des Feindes hin als alles, was Bukato bislang angeführt hatte.
»Letztendlich«, sagte dieser, »müssen wir absehen, wie die Lage in etwa einem Jahr sein wird. Auf unserer Seite der Front werden wir bis dahin dank der Erhebungs- und Ausbildungsprogramme, unsere bislang noch ungenutzte Werftkapazität in Betrieb nehmen, aber vermutlich können wir innerhalb eines Jahres weder zusätzliche Kapazität schaffen noch unsere gegenwärtigen Bauraten signifikant verbessern. Bei den Mantys deutet sich an, dass sie innerhalb der nächsten zwölf Monate mehrere neue Werftkomplexe schaffen werde – wie die neue Blackbird-Werft von Jelzins Stern. Noch bedrohlicher für uns ist jedoch die Aussicht, dass ihnen die nötigen Leute zur Verfügung stehen, um diese neuen Schiffe auch zu bemannen. Denn da Manticore nun alle Termini des Wurmlochknotens kontrolliert, können die Sperrforts am zentralen Nexus abgebaut werden. Im Augenblick jedoch hat der Feind alle verfügbaren Mittel eingespannt. Seine strategische Situation darf getrost als überfordert bezeichnet werden.«
Als er verstummte, beugte Bürgerin Minister McQueen sich vor, legte die Unterarme auf den Tisch und blickte Giscard mit einem Lächeln an, das zugleich herausfordernd, warnend und … schelmisch war. Fast schien es, als wolle sie ihn einladen, über einen nur ihnen bekannten Scherz zu grinsen – oder als solle er an ihrer Seite bei einer Donquichotterie sein Leben riskieren, um ihre Sternennation zu retten. Als er ihr Lächeln sah, begriff er sogleich, dass zwischen diesen beiden Ansinnen kein allzu großer Unterschied bestand – und dass die gefährliche Dynamik, die McQueen ausstrahlte, in ihm den Wunsch weckte, das Angebot anzunehmen.
»Und genau hier, Bürger Admiral Giscard«, sagte sie zu ihm, »kommen Sie ins Spiel. Wir müssen Barnett in der Tat verstärken, und ich lege höchstes Vertrauen in Bürger Admiral Theisman, dass er die Kräfte, die wir ihm senden, zum besten Nutzen der Volksrepublik einsetzt. Doch will ich nun keineswegs bloß halten, was wir schon haben, bis die Mantys sich erholen und überlegen, wo sie als Nächstes zuschlagen. Nach wie vor sind wir ihnen in Bezug auf Schiffszahlen und Tonnage überlegen – zwar längst nicht mehr so hoch wie bei Kriegsausbruch, aber deutlich, und diese Überlegenheit will ich zu unserem Vorteil einsetzen.
Einer der Gründe, weshalb Manticore uns bisher so oft so schwer treffen konnte, besteht in einem grundlegenden Makel unserer Strategie.« Selbst jetzt blickte sie Fontein nicht an, registrierte Giscard. »Aus welchem Grund auch immer: Wir haben versucht, alles zu halten und uns überall stark zu zeigen – mit dem Ergebnis, dass wir die Mantys nirgendwo aufhalten konnten. Wir müssen
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