Honor Harrington 9. Der Stolz der Flotte
Melancholie und blickte auf die Reihen von Shuttles und Pinassen, die in säuberlichen Reihen auf den Liegekreisen den Hauptlandeplatz säumten. Hier und da war eine Gruppe Techniker an einem der Beiboote beschäftigt und wirkte planlos.
Es bestand keine Eile. Zweierlei gab es in Camp Charon genug: Zeit und Beiboote. Manchmal wunderte Steiner sich, dass es hier so verdammt viele Beiboote gab, doch niemand schien den Grund dafür zu kennen. Andererseits waren die Boote schon hier gewesen, als die Systemsicherheit den Planeten von der InAb übernahm, und die InAb hatte eine doppelt so große Garnison unterhalten wie nun die SyS. Vielleicht hatten sie diese Boote wirklich benötigt – wozu auch immer. Das war unwichtig. Sie alle gehörten Steiner – solange sie Wache hatte –, und sie bildeten ein geometrisch perfektes Muster: Mit so weit als möglich zurückgepfeilten Tragflächen nebeneinander abgestellt, glänzten sie in der Sonne. Das heißt, völlig makellos war das Muster noch nicht: An Liegekreis 23 befand sich eine Lücke, und Steiner grinste.
Nanu, Bürger Lieutenant Jardine! Bürger Tadellos kommt zu spät? Das werden Sie aber noch lange von mir zu hören kriegen!
Sie lachte glucksend und warf einen Blick auf den Annäherungsradar. Da war er. Das Echo seines Shuttles kroch langsam durch das Holodisplay, daneben blinkte das ES, und Steiner schüttelte den Kopf. Dann zog sie die Brauen zusammen. Der Kurs wich um einige Grad von der zeitoptimierten Route von Camp Inferno nach Camp Charon ab, und noch während Steiner zusah, entfernte sich der Shuttle noch weiter davon. Ja, er beschrieb tatsächlich eine weite Kurve, als wollte er das Landefeld von Westen her anfliegen, und sie rieb sich verblüfft über die Stirn.
Es bestand kein operativer Grund, weshalb er von Westen hereinkommen sollte. Im Allgemeinen versuchten die Piloten sogar nach Möglichkeit zu vermeiden, von Westen anzufliegen, selbst wenn der Kontrollturm ihnen diese Himmelsrichtung anwies. Dieser Anflug führte nämlich direkt über die Hauptanlagen der Basis hinweg – und über Bürger Brigadier Trescas Unterkunft. Steiners letzter Versorgungsflug lag über drei T-Jahre zurück, aber sie erinnerte sich noch gut. Die Flugabwehranlagen der Basis zu überfliegen, die automatisch das Erkennungssignal abfragten, hatte sie niemals auch nur halb so sehr beunruhigt wie der Gedanke, den Kommandanten beim Mittagsschlaf zu stören. Zudem stand eines zweifellos fest: Auch die fehlgeleitetste aller Flugabwehrraketen konnte einen nur einmal umbringen.
Mittlerweile war Steiner sich sicher, dass Jardine absichtlich von Westen her anflog. Außerdem kam er viel zu hoch herein. Sie verzog das Gesicht. Was bildete dieser vorschriftenbesessene Bürger Lieutenant sich denn nur ein?
Jardine, du blöder Hund , dachte sie. Nicht einmal deine Fixierung auf die Vorschriften wird dir den Hintern retten, wenn du Tresca beim Mittagsschläfchen störst! Sie sah noch kurz zu, dann streckte sie achselzuckend die Hand nach der Sprechtaste aus.
»Jardine, hier Steiner«, tönte es aus dem Com. Tremaine und Honor sahen sich an. »Würden Sie mir mal bitte sagen, was zum Teufel Sie vorhaben? Was glauben Sie eigentlich, was Sie da tun? Sie wissen doch wohl, wessen Unterkunft Sie gleich überfliegen, oder etwa nicht?«
»Erreichen Ablaufpunkt in achtunddreißig Sekunden«, meldete Linda Barstow im Taktikabteil.
»Verstanden, Taktik«, sagte Honor und schnipste die Schutzklappe aus Plastik über dem Waffentrennschalter auf. Was hast du da im Körbchen, Rotkäppchen? , dachte sie und drückte fest mit dem Daumen den Knopf. Dann legte sie die Hand um den Mehrpunktschalter am Feuerleitknüppel und wählte Raketen aus.
»Waffen scharf«, sagte sie.
Stirnrunzelnd wunderte sich Steiner, warum Jardine keine Antwort gab. Der Shuttle setzte den Landeanflug unbeirrt fort. Das Echo färbte sich grün, als er in die Luftabwehrzone der Basis eintrat, die Computer routinemäßig sein ES abfragten und den Shuttle als befreundet identifizierten.
Steiner zog die Brauen noch enger zusammen. Noch immer war sie nicht besorgt, nur verärgert, und erneut schaltete sie das Com ein.
»Hören Sie zu, Jardine«, sagte die Stimme von der Leitzentrale in weit schärferem Ton. »Sie können da oben angeben, so viel Sie wollen, aber wenn Sie den Alten sauer machen, dann werde ich Sie nicht aus der Scheiße ziehen! Haben Sie verstanden? Also, was zum Teufel soll der Unsinn?«
»Anscheinend
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