Honor Harrington 9. Der Stolz der Flotte
er. Die müssen uns doch kommen gehört haben, warum zum Teufel also ist kein einziger von denen da, um ihr verdammtes Futter abzuholen?
»Sie halten sich an die Vorschriften«, sagte Honor. McKeon bemerkte die Trauer in ihrer Stimme. »Nur zwo von ihnen, und sie fangen schon an, sich umzusehen.
Ich fürchte, uns bleibt keine andere Wahl, Alistair.« Sie schwieg einen Herzschlag lang und seufzte.
»Tun Sie’s«, sagte sie leise.
Commodore Alistair McKeon drückte einen Knopf, und eine Leitung aus altmodischem Lichtleitkabel übertrug das Signal zu den Zündern, die mit fünfhundert Kilogramm hochwertigem Sprengstoff verbunden waren – Sprengstoff, der aus dem Besitz der Systemsicherheit stammte. Diese fünfhundert Kilogramm waren unmittelbar unter dem Zentrum des Landeplatzes versteckt – genau unter dem Punkt, auf dem Bürger Lieutenant Jardine mit präziser Pilotenkunst den Shuttle abgesetzt hatte.
Selbst einen Kilometer entfernt spürte Honor die Druckwelle der Explosion im Gesicht und in den Ohren; die einheimischen Gegenstücke zu Vögeln stoben unter schrillem, an Jodeln erinnerndem Gekreisch aus den Bäumen. Der Shuttle verschwand in einer flammendurchsetzten Fontäne aus Erde und Trümmern, und mit ihm verging seine Besatzung. Ein entsetzliches Schuldgefühl durchfuhr Honor. Sie hatte keine andere Wahl gehabt … aber trotzdem kam sie sich wie ein gemeiner Attentäter vor.
»Welpe, hier Wolf. Los«, sprach sie ins Com, und ihre gelassene Stimme verriet durch nichts die Trauer, die sie empfand.
»Also gut, Chief. Auf geht’s!«, bellte Scotty Tremaine.
»Aye, Sir. Hier hinten sieht alles wunderbar aus«, antwortete Horace Harkness fröhlich, und Tremaine blickte aus dem Seitenfenster des Cockpits. Geraldine Metcalf und Sarah DuChene flogen Shuttle Zwo mit Master Chief Ascher im Taktikabteil, doch für Tremaine hatte niemals auch nur der Hauch eines Zweifels bestanden, dass er beim Unternehmen Kuchenkörbchen in Shuttle Eins sitzen würde. Er beobachtete Solomon Marchant und Anson Lethridge, die dem ›Bodenpersonal‹ Befehle zuriefen. Allein durch Muskelkraft wurden die schweren, sorgfältig ausgebreiteten Tarnnetze entfernt, und dann eilte das Bodenpersonal an Bord von Shuttle Eins.
»Netze entfernt, Sir«, meldete Harkness. »Luken werden verriegelt. Wir sind bereit, sobald Sie wollen.«
»Verstanden«, sagte Tremaine, und der Shuttle hob mit heulenden Turbinen ab.
»Erkennungssignal eingegeben, Sir«, hörte Tremaine Senior Chief Barstow, der an der Taktikkonsole saß. »Soweit die Havies wissen können, sind wir jetzt einer von ihnen«, fügte sie hinzu.
»Na, das ist doch nicht mehr als recht, Chief«, entgegnete Lieutenant Sanko mit jener Munterkeit, hinter der sich nagende Anspannung verbirgt. »Schließlich und endlich gehören wir ja auch zu ihnen. Wir stehen nur unter neuer Leitung.«
Honor, McKeon, LaFollet und Carson Clinkscales eilten den Hügel hinab, als der riesige Sturmshuttle niedrig über ihren Köpfen hinwegschoss und sich knapp vor dem Grenzzaun des Lagers ins hohe Schwertgras senkte. Ramirez und Benson hatten die Angriffstrupps aufgestellt, und der erste Trupp setzte sich in Bewegung, bevor Harkness die Luken geöffnet und die Einstiegsrampen herabsenken konnte. Die Landebeine des Shuttles waren so hoch, dass die Lufteinlässe der Turbinen sich über dem Schwertgras befanden. Honor empfand die Ehrfurcht derjenigen Gefangenen, die den Shuttle zum ersten Mal zu Gesicht bekamen. Zu wissen, dass das Beiboot existierte, war eine Sache; es vor sich zu sehen und zu wissen, dass der heiß ersehnte Moment gekommen war, bedeutete indes weit mehr.
Marchant und Lethridge organisierten bereits den Zustrom von Gefangenen in den Shuttle, als Honor und ihre Begleiter ankamen. Der Shuttle war geräumig genug, um eine der übergroßen SyS-Kompanien zu transportieren, die 250 Mann stark waren. Da er zu den Bereitschaftsshuttles der Tepes gehört hatte, waren seine Waffenschränke gefüllt und alle Außenlastaufhängungen bestückt gewesen. An unmotorisierter Schutzkleidung standen nur einhundertunddreißig Panzerwesten zur Verfügung, aber die Handwaffengestelle waren darauf ausgelegt, jedem Angehörigen der Kompanie eine Faustfeuerwaffe zu Verfügung zu stellen, dazu Pulser- und Plasmagewehre sowie Drillingspulser. Die Möglichkeit, davon auch nur ein Stück vorzeitig ins Camp Inferno zu schaffen, hatte sich wegen der Gefahr einer zufälligen Entdeckung von vornherein
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