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Honor Harrington 9. Der Stolz der Flotte

Honor Harrington 9. Der Stolz der Flotte

Titel: Honor Harrington 9. Der Stolz der Flotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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Schweißbach von der Stirn. »Er sagt, dass in den Polargebieten die Temperatur auf sagenhafte fünfunddreißig Grad fällt – zumindest nachts.«
    »Eine grobe Übertreibung«, sagte Honor so streng, wie es die toten Nerven in ihrer linken Gesichtshälfte erlaubten. Ihr verbliebenes Auge funkelte, aber McKeon spürte deutlich, wie sein Lächeln gefror. Er bekämpfte den Drang, Caslet anklagend anzusehen. In der Gefangenschaft hatten einige SyS-Schläger Honor die elektronischen Nerven ausgebrannt und das kybernetische Auge zerstört. Immer, wenn sie vergaß, langsam zu sprechen und sich auf jedes Wort zu konzentrieren, redete sie wegen der unbeweglichen Mundhälfte undeutlich. Und wenn McKeon sie so hörte, durchfuhr ihn jedes Mal frische, lavaheiße Wut. Dann musste er sich zu Gedächtnis rufen, dass auf Warner Caslet nun wirklich keine Schuld fiel – dass dem havenitischen Raumoffizier vielmehr ein ähnlich schlimmes Schicksal wie die Inhaftierung auf Hell gedroht hatte, weil er McKeon und den anderen kriegsgefangenen Alliierten an Bord von VFS Tepes nach Kräften helfen wollte.
    Trotz alldem brauchte McKeon mitunter dringend jemanden, an dem er seine Wut abreagieren konnte, die ihn jedes Mal beim Gedanken daran befiel, was die SyS-Schergen Honor angetan hatten. Vorgeblich hatte man die kybernetischen Implantate aller Gefangener aus ›Sicherheitsgründen‹ abgeschaltet. Auch den Kopf hatte man ihr angeblich nur aus ›hygienischen Gründen‹ kahlgeschoren. Obwohl Honor nicht in Einzelheiten ging, wusste McKeon genau, dass ›Sicherheit‹ und ›Hygiene‹ mit diesen Maßnahmen nicht das Geringste zu tun gehabt hatten. Grausamkeiten waren es gewesen, makabre, vorsätzliche Demütigungen, sonst nichts. Wann immer er daran dachte, bedauerte er es beinahe, dass die Verantwortlichen schon tot waren.
    »Also gut, dann eben dreißig Grad«, räumte er ein und bemühte sich dabei, genauso unbeschwert zu klingen wie Honor. »Aber nur im Herbst und im Winter.«
    »Für Sie ist alle Hoffnung verloren, Alistair.« Honor schüttelte den Kopf. Dabei formte sie wieder ein Halblächeln. McKeons Selbstdisziplin war zu hoch, um sich seine Gefühle anmerken zu lassen, doch Nimitz und sie hatten seinen plötzlich aufwallenden Zorn sehr wohl bemerkt, und sie wusste auch genau, was ihn hervorgerufen hatte. Doch darüber zu sprechen änderte nichts. Deshalb wandte sie sich Caslet zu.
    »Und wie war Ihr Tag, Warner?«
    »Heiß und feucht«, antwortete Caslet lächelnd. Er sah McKeon an und streckte die Hand vor. »Geben Sie mir Ihre Feldflasche. Dame Honor möchte sich offensichtlich allein mit Ihnen unterhalten. Also entferne ich mich und fülle unseren Wasservorrat auf, bevor wir wieder aufbrechen.«
    »Danke, das ist wahrscheinlich eine gute Idee«, sagte McKeon und löste die Flasche aus der Befestigung links an seinem Gürtel, wo sie ein Gegengewicht zum Pulser bildete. Er warf sie Caslet im flachen Bogen zu, der sie auffing, eine Ehrenbezeugung andeutete und sich auf den Weg zu den Shuttles begab.
    Honor drehte den Kopf und warf ihm einen Blick nach. »Er ist in Ordnung«, sagte sie leise und ohne besondere Betonung.
    McKeon atmete vernehmlich aus und ruckte. »Ja. Ja, das ist er.«
    Nach einer echten Entschuldigung klang es zwar nicht, doch Honor brauchte nicht auf Nimitz’ telempathische Fähigkeit zurückzugreifen, um zu wissen, dass es ihm ernst damit war. Schon an Bord der Tepes hatten Caslet und McKeon sich angefreundet. Trotzdem herrschte zwischen ihnen eine gewisse, unverkennbare Spannung. Sosehr man ihn als Mensch auch schätzte, noch immer war Warner Caslet ein Raumoffizier der Volksflotte – zumindest technisch. Honor mochte ihn zwar sehr und vertraute ihm, doch jene unsichtbare Trennlinie blieb unüberwindbar. Und Caslet war sich dessen ebenso sehr bewusst wie Honor. Persönlich hatte er ihr gegenüber angeregt, es sei vermutlich eine gute Idee, ihm keinen Pulser und kein Pulsergewehr auszuhändigen. Dass er vorgeschlagen hatte, die Feldflaschen auffüllen zu gehen, war ein sehr gutes Beispiel für seine Gewohnheit, potenziell unbehagliche Situationen taktvoll zu vermeiden. Was sie mit ihm anfangen sollten, wussten sie nicht. Nur die Art, in der die SyS Honor und die anderen Kriegsgefangenen behandelte, hatte ihn dazu getrieben, sich gegen die Systemsicherheit zu stellen. Indessen kannte sie ihn zu gut, um zu glauben, dass er der Volksrepublik ohne weiteres den Rücken kehren würde. Zwar verabscheute er die

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