Honor Harrington 9. Der Stolz der Flotte
Entscheidung.«
»Besonders unter diesen Umständen«, stimmte McKeon in etwas ernsterem Ton zu. Sie blickte vom Striegeln auf und nickte nüchtern.
McKeon hatte nur sehr allgemein darüber nachgedacht, was als Nächstes zu tun war. Ihn hatten genügend andere Dinge beschäftigt: Er hatte die Flüchtlinge unversehrt landen und die Haveniten davon überzeugen müssen, dass sie alle tot seien, damit man ihnen keine Suchtrupps nachsandte, und auch nach der Landung hatte McKeon die Tarnung der Sturmshuttles geleitet. Nun ließ er die unmittelbare Umgebung erkunden. Allerdings hegte er den Verdacht, dass Honor schon mehrere Schritte weiter vorgeplant habe, und bezweifelte nicht, dass die Sturmshuttles in ihren Absichten eine tragende Rolle spielen würden. Selbst mit Vorsatz hätte man kein Klima entwerfen können, das empfindlicher Elektronik und Maschinerie mehr zusetzte als die Verhältnisse auf Hell. Senior Chief Barstows Arbeitstrupps kämpften tagtäglich gegen den Verfall an. Sie stutzten die Ranken und den Bodenbewuchs, die beharrlich versuchten, sich in die Lufteinlässe der Turbinen zu schmuggeln oder durch die offenen Fahrwerksklappen in die Elektronikschächte zu klettern. Die Rümpfe der Shuttles bestanden aus Panzerstahl und widerstanden allem, was Hell gegen sie schleuderte. Luftfeuchtigkeit, Wärme, Schimmel, Moder und Pilze, an denen es in dieser Umwelt nicht mangelte, hätten sie indes innerlich aufgefressen und nur die leeren, unverwüstlichen Hüllen zurückgelassen.
Deshalb war es genauso wichtig, die Umweltsysteme in Gang zu halten, wie die einheimische Flora abzuwehren, doch das erforderte Strom. Nicht viel, wenn man die benötigte Energie mit dem Bedarf eines kleinen Sternenschiffs verglich, aber eine recht große Menge, wenn man verhindern wollte, dass die Energieerzeuger aus der Luft geortet werden konnten. Natürlich waren die Flüchtigen so vorsichtig gewesen, nicht auf der gleichen Seite des Planeten zu landen, auf der das Insel-Hauptquartier lag und wo die Systemsicherheit-Garnison stationiert war. Harkness hatte die Computerspeicher der Tepes geplündert, und soweit er es sagen konnte, befand sich im Umkreis von eintausend Kilometern um das Versteck keine havenitische Gefangenenkolonie. Daher sollten die Havies eigentlich keinen logischen Grund haben, sich über dieser Stelle mitten im Dschungel sehen zu lassen.
Weder Alistair McKeon noch Honor Harrington waren erpicht, Wörter wie ›sollten‹ in ihre taktische Planung einzubeziehen. Selbst wenn die Gefahr, durch Satelliten und Luftaufklärer entdeckt zu werden, nicht bestanden und es kein Ortungsrisiko bedeutet hätte, die Fusionskraftwerke zu betreiben, wären ihre spärlichen Reaktorbrennstoffvorräte selbst bei Minimalbetrieb rasch aufgezehrt worden.
Die havenitischen Sturmshuttles besaßen indessen mehr als die doppelte Wärmewandlerkapazität eines äquivalenten manticoranischen Raumfahrzeugs. Eigentlich dienten Wärmewandler dazu, die Energiezellen von Handfeuerwaffen und anderen persönlichen Ausrüstungsgegenständen wieder aufzuladen. Nun produzierten sie – gerade eben – genug Strom, um die Lebenserhaltungssysteme der Shuttles zu betreiben. In den Fähren war es um etliche Grad wärmer, als man im normalen Betrieb zugelassen hätte, doch im Vergleich zur Temperatur im Dschungel kam es den Leuten an Bord fast eisig vor; die Entfeuchtungsgeräte befreiten die Atemluft vom alles durchdringenden Wasserdampf.
Und es gibt gerade genug Strom, um in kleinen Mengen Eis herzustellen , sann McKeon, der sehnsüchtig an die Kühle und Frische von Honors Trinkwasser dachte. Diese Kühle war bereits wenig mehr als eine Erinnerung, und eine schändliche Stimme in seinem Kopf forderte, er solle sich die Flasche für ›noch einen kleinen Schluck‹ erneut ausleihen, doch ernst brachte er sie zum Schweigen. Das Wasser gehörte Honor , und die Nährstoffe darin auch. Auch die zusätzliche Ration im Rucksack war ausschließlich für sie bestimmt. Außerdem , dachte er inwendig grinsend weiter, wenn ich ihr etwas wegnehme, was auch nur eine Spur von Kalorien enthält, dann wird Fritz mir wirklich weh tun – und damit wäre er sogar im Recht!
Die Versuchung zu lächeln verschwand, und er schüttelte den Kopf. Honors beschleunigter Stoffwechsel, Folge ihrer genetisch maßgeschneiderten Hochschwerkraft-Muskeln, hatte dazu geführt, dass sie während ihrer Einkerkerung zur Vogelscheuche abgemagert war. Im Gegensatz zu all ihren Untergebenen
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