Honor Harrington Bd. 16
Behörden verzögert benachrichtigt hatte, mussten die politischen Folgen für ihn katastrophal sein.
»Ich halte es für wichtig, Victor.«
Augenblicklich war die Tenorstimme wieder da: gelassen, entspannt, distanziert - überaus selbstsicher ohne den leisesten Versuch, es auch zu zeigen. Thandi spürte, wie sich etwas
Urtümliches in ihr erwärmte - während gleichzeitig die analytische Selbstkritik, die sie schon so lange besaß, wie sie zurückdenken konnte, fast höhnisch auftrumpfte.
Ach wie schön, Thandi. Du und deine Fixierung auf Alphamännchen. Nein, so was von abartig. Wann lernst du es endlich ?
Sie schob den Gedanken beiseite. Für eine verdrießliche Selbstbetrachtung der altbekannten Tatsache, dass sie ausgerechnet den Männern, die sie wirklich erregten, zugleich am wenigsten traute, war nun wirklich keine Zeit. Oder der Ironie, dass ausgerechnet eine Frau, die ohne ins Schwitzen zu geraten die meisten Männer entzweibrechen konnte, insgeheim solch eine ausgeprägt unterwürfige Ader besaß - die sie nie hervortreten ließ, weil sie ihr am allerwenigsten traute.
»Dein Wort genügt mir, Thandi. Worum geht es?«
Sie erklärte rasch. Kaum war sie zu Ende, als der selbstsichere Tenor ihr erwiderte, dass er sich so bald wie möglich bei ihr melden werde. Daran hatte sie keinen Zweifel. Als sie den Kontakt unterbrachen, kam es ihr vor, als wäre sie leicht errötet.
Zum Teufel mit dir, Victor Cachat. Ich kann das wirklich nicht brauchen!
Nach fünf Minuten hörte sie ihn wieder. Mittlerweile befand sich der Shuttle im Anflug auf den Beiboothangar, und die Station hatte sich größtenteils außerhalb des Fensters ausgebreitet und war nicht mehr zu sehen. Der Anblick ließ Thandi an einen kleinen Fisch denken, den gleich eines der Meeresungetüme ihrer Heimatwelt schlucken würde. Wie es für Welten hoher Schwerkraft üblich war, war die Oberfläche Ndebeles hauptsächlich von Ozeanen bedeckt.
»Ich glaube, du bist da auf etwas gestoßen. Den Daten zufolge sind von der Felicia III nur rund ein Dutzend Offiziere zum Wages of Sin herübergekommen. Sie protzen in den stinkfeudalen Casinos herum.«
»Das hatte ich vermutet. Die Besatzungen von Jessyk Combine sind bekannt für ihre laxe Disziplin. Sie machen zu ihrem eigenen Vergnügen einen ungenehmigten Zwischenstopp. Folglich werden die Passagiere an Bord des Schiffes unter Quarantäne gehalten. Ohne es zu entern, können wir es nicht mit Sicherheit wissen, aber ich halte das Schiff für einen Sklavenhändler auf dem Weg nach Congo, der sich als kombinierten Frachter und Billigpassagierschiff ausgibt.«
»Zu den Tatsachen passt das gewiss. Glaubst du, es hat etwas mit Templeton zu tun?«
»Unmöglich, das jetzt schon zu sagen«, antwortete Thandi. »Aber ich glaube ... Ich glaube, sie hängen mit drin, weil Templeton vorhat, sie mit hineinzuziehen. Ich glaube nicht, dass es vorgeplant ist. Zwo Tage ist das Schiff jetzt schon hier, sagst du? Das würde Templeton ungefähr reichen, um davon zu erfahren und den Plan zu starten, den er im Sinn hatte.«
Sie hatte die beiden kleineren Gruppen verloren, die sich von Templetons Haupttrupp getrennt hatten. Die Mitglieder ihres Teams, die das halbe Dutzend Männer beschatteten, die offenbar zu Templetons Schiff wollten, hatten die Verfolgung in dem Moment abgebrochen, in dem die masadanischen Piloten den Raumhafen betraten. Sie hatten sich Thandi wieder angeschlossen und befanden sich nun ebenfalls an Bord des Shuttles. Mit den beiden Frauen in Verbindung zu bleiben, die Templetons rechte Hand Flairty verfolgten, scheiterte leider an der geringen Sendeleistung ihrer Funkgeräte.
Wieso waren Flairty und die beiden anderen nur auf dem Planeten zurückgeblieben?
Victors Stimme drang ihr ins Ohr. »Sonst noch was, Thandi?«
Sie fand es noch immer schwer zu glauben, dass diese entspannte und überaus selbstbewusste Stimme einem Mann gehörte, der nicht älter war als sie. Der sogar zwei oder drei Jahre jünger war. Wie üblich spürte Thandi, dass sie vor seiner
Attraktivität zurückschreckte - und dann rief sie sich scharf zur Ordnung.
Werd erwachsen! Vergiss deine verdammten Hormonängste. Der Mann ist wirklich gut, Kleines, der spielt dir nichts vor, um dir zu imponieren.
Sie entspannte sich. Captain Rozsak hatte ihr schließlich die Autorität verliehen, aus eigenem Ermessen zu entscheiden. Cachat ins volle Vertrauen zu ziehen, lag im Rahmen dieses Ermessens.
»Ja, allerdings.« Rasch informierte
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