Honor Harrington: Im Donner der Schlacht: Roman (German Edition)
der Gründe, warum ich so froh bin – zumindest momentan –, dass Sie Ihre Leute immer vor dem Hintergrund der Annahme ausbilden, die Gegenseite sei besser, als sie wirklich ist.«
»Wenn man nicht ständig die eigenen Systeme und die Doktrinen bis zum Letzten ausreizt, übt man doch bloß immer wieder das, was man schon kann.« Honor zuckte mit den Schultern. »Und das ist nur der Idealfall! Das macht einen im schlechtesten Fall träge, selbstzufrieden und blöde. Wenn ich einen Dollar für jeden Angehörigen der Navy bekommen hätte, den ein dämlicher, überoptimistischer Flaggoffizier in den Tod geschickt hat …«
Sie beendete den Satz nicht, und wieder nickte Theisman.
»Das kenn ich, das kenn ich«, sagte er.
Einen Moment lang gingen sie schweigend den Korridor entlang auf die Fahrstühle zu. Dann gab sich Theisman sichtlich einen Ruck.
»Ich muss sagen, Einblicke in Ihre Hardware zu bekommen war sogar noch faszinierender, als mitzuerleben, wie Sie Simulationen vorbereiten«, gestand er. »Wir hatten natürlich nie die Gelegenheit, uns Apollo genauer anzuschauen. Leider haben Ihre Sicherheitsvorkehrungen deutlich besser funktioniert, als wir das vorgezogen hätten. Vor allem Shannon war regelrecht frustriert. Wir haben zwar genug Daten zusammengetragen, um zumindest in einigen Bereichen ein bisschen weiterzukommen, aber dabei ging es um reine Technikfragen.«
Honor nickte. Genau wie jede andere Flotte implementierte auch die Royal Manticoran Navy stets Sicherheitssperren in ihre eher heikle Technologie. Natürlich konnte man nur wenig unternehmen, um miniaturisierte Fusionskraftwerke oder Verbesserungen an den Gravitationslinsen der Laser-Gefechtsköpfe zu verschleiern. Aber bei Computern und molekularen Schaltkreisen lagen die Dinge anders: Ohne korrekte Zugangskodes verwandelte sich die präparierte Nanotechnologie dank der Sicherheitssperren augenblicklich in nutzlosen Schrott, sobald man versuchte, derart geschützte Teile auszubauen oder zu analysieren. Nach Mitteln und Wegen zu suchen, diese Kodes zu knacken, nachzuahmen, sich zu beschaffen oder sie anderweitig zu umgehen, gehörte zum endlosen Kreislauf der Cyber-Kriegsführung. Erfreut hatte Honor zur Kenntnis genommen, dass bei diesem Zweikampf bislang Manticore die Oberhand über Haven behalten hatte.
»Ehrlich gesagt«, fuhr Theisman fort, »waren die hilfreichsten Dinge, die wir unmittelbar nach Unternehmen Donnerkeil in die Finger bekommen haben, einige Ihrer technischen Handbücher.« Es entging Honor nicht, was Theisman verschwieg: Vor Donnerkeil hatten deutlich mehr besagter technischer Handbücher ihren Weg nach Haven gefunden – den Erewhonern sei Dank. Wie taktvoll von ihm , dachte sie. »Aber die haben auch nicht viel weitergeholfen, nachdem Sie Ihre jüngsten Entwicklungen zum Einsatz gebracht haben. Zu dem Zeitpunkt waren ohnehin eher Sie diejenigen, die Exemplare jüngster Entwicklungen aufgebracht haben. Das alles«, Theisman drehte sich zu Honor um und blickte ihr direkt in die Augen, »ist natürlich nur mein Versuch, möglichst taktvoll die Frage anzusprechen, ob wir auch Hardware miteinander teilen werden.«
»Sie wissen doch, wie ich darüber denke, Tom«, erwiderte Honor. »Genauso denken auch Elizabeth und Hamish, und soweit ich weiß, ist Sonja Hemphill der gleichen Ansicht. Also zweifle ich überhaupt nicht daran, dass es irgendwann dazu kommen wird. Die Frage ist nur, wie bald das geschieht. Und das, meine ich, hängt vor allem davon ab, wie rasch wir die Bündnisverträge ratifiziert bekommen.«
Honor musterte Theisman genau. Ruhig erwiderte der Havenit ihren kritischen Blick, und sie zuckte mit den Schultern.
»Sie haben doch selbst gesehen, wie sehr Nouveau Paris von politischem Kalkül dominiert wird, Honor«, sagte er. »Ich will nicht einmal darüber nachdenken, wie Younger und McGwire reagiert haben müssen, nachdem die Rohfassung der Bedingungen in der Heimat eingetroffen ist und sie herausgefunden haben, wohin ihre Präsidentin und zwo Drittel der Zentralflotte abgedüst sind.« Er schüttelte den Kopf. »Eloises politische Gegner schreien bestimmt längst Zeter und Mordio. Ich könnte mir vorstellen, dass Tullingham und Younger alle möglichen dezenten – oder auch nicht so dezenten – Bemerkungen über Leute machen, die mehr tun, als ihnen im Rahmen ihrer verfassungsmäßigen Rechte erlaubt ist. Aber in Wahrheit tut Eloise das gar nicht. Unsere diplomatische Mission hat die öffentliche Meinung
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