Honor Harrington: Im Donner der Schlacht: Roman (German Edition)
fest in den Griff zu bekommen wie bisher.«
»Sofern es Manticore dann überhaupt noch gibt«, setzte Wodoslawski hinzu.
»Ganz genau«, meinte Kolokoltsov düster. Mehrere Momente lang blickte er seinen Kolleginnen und Kollegen der Reihe nach fest in die Augen. Dann seufzte er.
»Falls Rajanis Strategie mit Filareta funktioniert, ist diese ganze Diskussion hier ohnehin müßig. Aber wenn nicht, wird sich die Lage zunächst noch deutlich verschlechtern, bevor sie sich wieder bessert. Eigentlich bereitet mir im Augenblick auch etwas anderes Sorgen: Möglicherweise geben die Mantys Filareta ja zu verstehen, er könne Sie mal gernhaben. Und falls sich Rajani getäuscht haben sollte und die Mantys verfügen wirklich über Mittel und Wege, ihrer Antwort auch Nachdruck zu verleihen, geraten wir in ernstliche Schwierigkeiten. Denn zu unserer bisherigen diplomatischen Position, dass wir nur ›kurz vor einem Krieg‹ stehen, lässt sich dann nicht mehr so leicht zurückkehren.«
Ringsum wurde düster genickt. Erneut stieg in Kolokoltsov Ärger hoch, weil er sich von Rajampets Opportunismus hatte verführen lassen, dessen Strategie für das Vorgehen der Liga zu akzeptieren. Niemals hätte Kolokoltsov auf den Admiral hören dürfen! Doch nach der verheerenden Zerstörung des Heimatsystems der Mantys war die Versuchung schlichtweg überwältigend gewesen, gleich noch einmal nachzutreten. Wie würde die Moral der Mantys erst leiden, wenn sie nach einem solchen Schlag auch noch hinnehmen müssten, dass die Liga nicht klein beigeben würde!
Vielleicht stimmt es ja immer noch. Klar, die beordern jetzt alle ihrer Frachter in die Heimat zurück und riegeln sämtliche ihrer Termini ab. Von Filaretas Angriffsflotte und wie nah sie ihnen schon ist, wissen die Mantys noch nichts. Taucht seine Flotte praktisch in ihrem Hinterhof auf, könnte sich die ganze Lage rasch ändern .
Bedauerlicherweise …
»Ach, lässt sich dann überhaupt noch auf unsere derzeitige diplomatische Position zurückkehren?« Abruzzis Frage hatte Kolokoltsovs eigene Gedanken trefflich in Worte gefasst.
»Das weiß ich nicht«, antwortete der Permanente Leitende Staatssekretär für Äußere Angelegenheiten unumwunden. Mürrisch verzog Abruzzi das Gesicht.
Kolokoltsov konnte es ihm nicht verdenken. Auch er selbst hatte Zweifel an der eingeschlagenen Strategie gehabt. Eigentlich hatte er vor allem Zeit schinden wollen – Zeit für die Diplomaten der Liga, in der sie ›eher betrübt als erzürnt‹ Verhandlungen führten, während die Navy zwischenzeitlich die Waffensysteme entwickelte, mit denen sie den taktischen Vorteil der Mantys ausglichen. Nur gehörte Geduld nun einmal nicht zu den solarischen Tugenden – schon gar nicht, wenn es dabei um Neobarbaren ging. Das war auch einer der Gründe für Kolokoltsov gewesen, Rajampets Strategie zu unterstützen, so sehr diese Strategie auch die Gefahr barg, sich damit einige Optionen für die Zukunft zu verbauen. Aber erst jetzt hatte er begriffen, wie hinderlich ein Scheitern von Filaretas Mission wäre.
Vielleicht könnten die Mantys Filareta ja tatsächlich besiegen. Vielleicht würden sie dann der Liga genau die wirtschaftlichen Daumenschrauben anlegen, die Wodoslawski und Quartermain an die Wand gemalt hatten. Dann wäre es praktisch unmöglich, der Öffentlichkeit zu verkaufen, eine Wiederaufnahme diplomatischer Verhandlungen sei sinnvoll und wünschenswert. Es sähe dann so aus, als kehrte die Liga nur aus Angst vor noch Schlimmerem an den Verhandlungstisch zurück. Ein Eingeständnis der eigenen Machtlosigkeit. Ein Erweis für Erfolglosigkeit. Das würde der ganzen Liga den Todesstoß versetzen! Wenn die, die die Geschicke der Liga bestimmten, die Effektivität ihres Handelns nicht deutlich zu machen verstünden, würde der Öffentlichkeit das Ohr für Chaoten wie Hadley öffnen. Man würde nach Veränderungen rufen. Selbst wenn man außer Acht ließ, welche Auswirkungen das für die fünf mächtigen Staatssekretäre hatte, führte das Ganze in eine politische Katastrophe von beängstigenden Ausmaßen.
»Das weiß ich nicht«, wiederholte er. »Nur eines weiß ich: Wenn Rajanis genialer Einfall zu einem spektakulären Fehlschlag führt – vielleicht sollte ich besser sagen: zu einem weiteren spektakulären Fehlschlag –, wird sich die Lage auf keinen Fall verbessern. Es ist durchaus möglich, dass wir uns dann genötigt sehen, zu tun, was Rajani schon die ganze Zeit vorschlägt!«
»Holla!«
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