Hope - ein weihnachtlicher Streifzug (German Edition)
erschaffen.
Kaum hatte Leon das gedacht, runzelte er die Stirn.
Das war eine Metapher. Vincent, Charlotte, ich hoffe, ihr verzeiht mir diese kleine Ungehörigkeit.
Scheinbar taten seine Schwiegereltern das tatsächlich. Einspruch wurde nicht erhoben, es ging auch kein Blitz auf ihn hernieder, weil der Himmel seiner blasphemischen Gedanken zürnte. Die übrigens äußerst ernst gemeint waren.
Leon warf einen Blick auf den kleinen Radiowecker am Bett und seine Augen weiteten sich. Er lag noch in der Zeit, doch wenn er sich nicht sputete, würde er nicht pünktlich fertig sein. Eine unerträgliche Vorstellung!
Eilig begab er sich in die Küche, bereits im Gehen schloss er sein Jackett. Nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass es dem Braten hervorragend ging (nun, nach seiner Meinung, der Truthahn dachte mit Sicherheit anders darüber), trat er ins Wohnzimmer und schenkte den Wein ein. Er löschte alle Lichter, entzündete die Kerzen auf dem Tisch und betrachtete schließlich sein Werk.
Nachdem er die Rosen noch ein wenig in den Hintergrund gerückt hatte, lächelte er sanft.
Perfekt!
Eher zufällig blickte er zum Fenster, hinter dem sich die dunkle und frostige Weihnachtsnacht erhob und Leons Lächeln wurde versonnen. Es war mehr als perfekt. Denn die ersten, winzigen Schneeflocken tanzten in der eisigen Luft.
Nur das Beste für dich, Kleines. Immer nur das ...
Dann besann er sich und hastete zurück in die Küche.
In den nächsten Minuten war er damit beschäftigt, den Braten zu tranchieren und das Essen auf den selbstverständlich zuvor angewärmten Tellern anzurichten. Die Angelegenheit war nur deshalb knifflig, weil er bereits den Anzug trug. Obwohl er sich seine Schürze abermals umgebunden hatte, lief er Gefahr, seinen – so hoffte er – perfekten Anblick noch in letzter Sekunde zu ruinieren. Nichts war verheerender, als ein Fettfleck auf der Krawatte!
Doch seine Sorge erwies sich als unberechtigt.
Alles verlief reibungslos. Und als er kurz darauf erneut ins Wohnzimmer trat, erstarrte er flüchtig, bevor aus dem versonnenen Lächeln ein gleißendes Strahlen wurde.
»Gerade rechtzeitig«, murmelte er.
Sie lächelte, bezaubernd schön wie immer. Heute trug sie ein weinrotes Kleid, das ihre zierlichen Schultern betonte. Die helle Haut hob sich exquisit von dem dunklen Stoff ab. Das Haar war zu einer wundervollen Frisur hochgesteckt und ihre Füße steckten in hohen und sehr schmalen schwarzen offenen Riemchenschuhen.
Perfekt – wie üblich. Selbst, wenn sie am Morgen das Bett verließ. Allerdings würde Leon ihr das nicht sagen. Er wusste, wie viel Mühe sie sich gegeben hatte, um für ihn schön zu sein.
Eilig stellte er die Teller auf den Tisch und trat zu ihr.
Ganz in Gedanken versunken betrachtete sie den Baum. In ihren Augen glänzte der Schein der unzähligen Kerzen. Künstlich, ja, aber besser als nichts. Er nahm ihre Hand und küsste sie. »Gefällt es dir?«
»Perfekt«, hauchte sie und streichelte seine Wange, bevor sie behutsam seine Lippen mit ihren berührte. »Frohe Weihnachten«, wisperte sie, als sie sich von ihm löste.
Er nickte ernst. »Das wünsche ich dir auch. Von ganzem Herzen.«
Ihre Blicke versanken ineinander, versicherten sich ihrer unvergänglichen Liebe, erneuerten sie mit jedem Wimpernschlag, machten aus einer Unsterblichkeit erst zwei und dann drei ...
Nach einer Weile blinzelte Maya. »Wir sollten essen. Du hast dir so viel Mühe gegeben.«
Leon winkte ab. »Nicht der Rede wert.« Er deutete eine Verbeugung an. »Darf ich Sie zu Ihrem Platz begleiten, gnädige Frau?«
Ihr silbernes Lachen brachte ihn fast zum Schmunzeln, doch er konnte sich beherrschen. Und auch seiner Gattin gelang schließlich ein knappes Nicken. »Sehr gern, mein Herr.«
Geziert reichte sie ihm die Hand und ließ sich zu ihrem Stuhl führen.
Anstand und Etikette geboten, die Gedecke an den Stirnseiten des Tisches zu platzieren.
Weder Maya noch Leon hatten sich allerdings jemals um derartige Dinge geschert. Für sie war nur wichtig, so nah wie möglich beisammen zu sein.
Und so saßen sie kurz darauf nebeneinander. Mrs. Storm selbstverständlich am Ehrenplatz, ihr Ehemann links davon.
»Oh, die Rosen sind wundervoll!«, rief sie und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. »Passend zu meinem Kleid! Vielen Dank!« Sie lehnte sich zurück und betrachtete ihn liebevoll.
Heimlich fühlte er sich bestätigt, als er sah, wie sich das Licht der Tafelkerzen in ihren glänzenden Augen
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