Hope - ein weihnachtlicher Streifzug (German Edition)
präparierte. Dann wickelte er Alice (bereits in einem dicken Schneeanzug, Stiefeln, Handschuhen, Schal UND Mütze!) in fünf Decken, nachdem er zunächst die Warmwasserbehälter wie eine Schutzhülle um sie gelegt hatte.
Er hatte den alten Kinderwagen aus den Tiefen des Kellers geborgen.
Interessanterweise protestierte seine Tochter NICHT, als er sie schließlich hineinlegte und noch eine weitere Decke über sie ausbreitete. Selbst gegen die Windel hatte sie nichts einzuwenden
Und dann schob er sie zum Weihnachtsbaumverkauf, wo er von sich als Marktschreier Reden machte. Er wusste nicht, warum, aber die Verkäufe stiegen mit jedem Tag.
Möglicherweise lag es daran, weil auch er nach kürzester Zeit ziemlich blau angelaufen war und seine Lippen bebten. Ob er wollte oder nicht.
Manche Menschen besaßen ja doch so etwas wie ein Herz. Das Thermometer wagte sich neuerdings selten über die 10-Grad-Marke ... also die unter Null. Da hält sich die Körperwärme nur für einen SEHR begrenzten Zeitraum. Egal, was man trägt.
Vielleicht war es aber auch das kleine Bündel, das man wegen der vielen Decken nur schwerlich als Kind identifizieren konnte, was die Leute zum Kaufen überredete.
In den ersten beiden Tagen war es dennoch irgendwie erträglich. Der Mensch gewöhnt sich an alles.
Dann meinte das Wetter allerdings, einen rapiden Absturz unternehmen zu müssen. Aus den Minus zehn wurden fünfzehn Grad. Schweren Herzens investierte Josh zwanzig Dollar in weitere Wärmflaschen. Doch als die Sonne nach einem verdammt kurzen Tag verschwand und sich die Dämmerung über die Stadt legte, war es vorbei.
Er spürte seine Hände nicht mehr. Seine Stimme war ohnehin schon verschwunden, vom ewigen Brüllen und den widerlichen Halsschmerzen, die sich seit einigen Tagen zunehmend in seinem Rachen heimisch fühlten.
Und Alice weinte.
Er nahm das unförmige Bündel aus dem Wagen, hauchte ihre roten Bäckchen warm und hätte am liebsten mitgeheult.
Verdammt! Was sollte er tun?
David konnte er allein zuhause lassen. Jedenfalls, solange er NICHT näher darüber nachdachte, was der so alles anstellte, wenn er unbeaufsichtigt war.
Bei Alice fiel das aus. Sie war zu klein. Er durfte seinen Sohn unmöglich mit deren Aufsicht betrauen.
UNMÖGLICH!
Aber sie wollten doch Weihnachten feiern ...
»Ich kann das nicht glauben!«
Josh fuhr herum und schloss zeitgleich die Augen. Scheiße! Die hatte ihm noch gefehlt!
Sie schien das überhaupt nicht witzig zu finden. Denn schon ging das Gezeter in die nächste Runde. Inzwischen hatte er sich fast daran gewöhnt. Ehrlich! Mit ein wenig Fantasie konnte man sich einreden, es handele sich um lieblichen Weihnachtsgesang.
Nun, für die ersten Sekunden jedenfalls UND, wenn man nicht so dämlich war, dem INHALT ihrer Worte zu lauschen.
Josh war dämlich. Das hatte er bereits vor langer Zeit für sich festgemacht.
»Sie haben nichts Besseres zu tun, als sich mit einem kranken Kind in diese Eiseskälte zu stellen? Ist Ihnen bewusst, dass dies die Kleine umbringen könnte?«
Joshs Lider flogen auf.
Diese unerträgliche Person zankte sogar weiter, wenn er offensichtlich alles daran setzte, sich einzureden, dass sie NICHT anwesend war!
»Sorry, ich bin so scharf drauf, stundenlang in der Kälte zu stehen, da muss meine Tochter eben mal zurückstecken!«, knurrte er und versuchte angestrengt, das Zittern seiner Hände zu unterbinden.
Diese Frau enttarnte auch keine offensichtliche Ironie, verdammt! »Als Erstes kommen IMMER die Kinder, Mr. Carter!«, belehrte sie ihn. Mit wachsendem Zorn beäugte er den dicken Pelzkragen und die flauschigen Handschuhe, in denen ihre Doktorenhände steckten.
Die fror bestimmt nicht. Halb wollte er Ausschau nach ihrem Luxusschlitten halten, mit dem sie garantiert in der Nähe parkte. Ob erlaubt oder nicht. Frauen wie sie unternahmen bei solchem Wetter selten lange Fußmärsche.
Könnte ja kalt werden.
»Sorry«, knurrte er. »Ich muss arbeiten!«
»Dann suchen Sie sich einen Job, den sie mit ihren Kindern unter einen Hut bringen können!«
»Was wollen Sie überhaupt hier!« Es war der letzte Versuch, nicht auf ihre Provokationen einzugehen.
»Ich will einen Baum kaufen, was dachten Sie denn?«, erwiderte sie schnippisch. »Allerdings wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass ich es bei dem Verkäufer mit einem Rabenvater zu tun bekomme, dem seine Kinder egal sind!«
Josh starrte sie an und presste das Bündel, in dem sich das Kind des Rabenvaters
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