Hornblower 01 - Fähnrich zur See Hornblower
wie das Schiff taumelnd seine Fahrt verlor. Dann, als der Rückwind sich erschöpfte und der Sturm wieder die Oberhand gewann, legte es sich beim ersten Stoß so weit über, daß die Rahnocken ins Wasser tauchten.
Langsam, langsam richtete es sich wieder auf. Da sah Hornblower, wie sich in seinem Großmarssegel ein Schlitz auftat. Das dauerte nur einen kurzen Augenblick, im nächsten schon war das Segel weg - verschwunden, der Sturm hatte es einfach zu Fetzen zerrissen, als seine Festigkeit erst gelitten hatte. Mit dem Verlust des Großmarssegels war der Segeldruck einseitig nach vorn verschoben, so daß sich das Schiff nicht mehr manövrieren ließ. Der Sturm faßte in das Vormarssegel und drehte es wie eine Wetterfahne vor den Wind. Wäre Zeit genug gewesen, achtern auch nur einen Fetzen Segel zu setzen, dann hätte das die Rettung bedeutet, aber hier in diesen engen Gewässern ging es ja um Sekunden. Einen Augenblick hatte es ausgesehen, als sollte es dem Spanier gelingen, die Huk von La Coruna zu runden, im nächsten schon mußte er diese Hoffnung für immer begraben.
Jetzt konnte er nur noch versuchen, die schmale Einfahrt zu erreichen, die nach Ferrol führte. Der Wind war für einen solchen Versuch beinahe günstig - beinahe. Hornblower versetzte sich in die Lage des spanischen Kapitäns auf dem schwankenden Deck dort unten und suchte seine Gedanken mitzudenken. Da! Er zwang das Schiff herum, man sah, er wollte wirklich die enge Einfahrt erreichen, die ihrer Schwierigkeiten wegen bei allen Seefahrern berüchtigt war.
Jetzt lag er auf dem richtigen Kurs, und als er nun quer über die Bucht hinjagte, da schien es sekundenlang, als sollte es ihm gegen alle Wahrscheinlichkeit doch noch glücken, die Einfahrt in den engen Schlauch genau zu treffen. Aber schon faßte ihn wieder der Rückwind von den Bergen. Hätte sein Schiff noch rasch genug dem Ruder gehorcht, dann wäre auch jetzt noch nichts verloren gewesen, nun aber bewirkte der falsch verteilte Segeldruck, daß es dem Ruder nur träge folgen konnte. Der heulende Sturm drückte ihm einfach den Bug herum, und damit schien das bittere Ende unvermeidlich. Aber der spanische Kapitän gab den Kampf noch immer nicht auf. Er fand sich nicht damit ab, sein Schiff am Fuß der niedrigen Klippen auf Strand zu setzen, er legte vielmehr das Ruder hart zu Bord und unternahm den tollkühnen Versuch, mit Hilfe des von den Felsen abprallenden Rückwindes vom Kap von Ferrol klarzukommen und sich am Wind nach See zu freizusegeln. Der Mann war weiß Gott tollkühn, aber sein Versuch war eben doch zum Scheitern verdammt, ehe er ihn noch recht begonnen hatte.
Wieder drückte ihm der Wind den Bug herum, und er konnte nicht mehr verhindern, daß sein Schiff vierkant auf die langgestreckte, drohende Zackenkette der Teufelszähne lossteuerte. Hornblower, der Kommandant und alle anderen eilten quer über den Rücken des Vorgebirges, um den letzten Akt der Tragödie mit anzusehen. Mit unheimlicher Fahrt, platt vor dem Wind raste das Unglücksschiff auf die Klippen zu. Ein mächtiger Roller nahm es auf den Rücken, als es ihnen näher kam, und schien es noch schneller voranzutreiben. Dann kam der Stoß, der Roller zerstob rings um das Schiff zu Gischt, der es sekundenlang der Sicht entzog. Als der Gischt endlich verwehte, kam es, zum Wrack verwandelt, wieder zum Vorschein. Alle drei Masten waren bei dem Stoß über Bord gegangen, nur der dunkle Rumpf hob sich noch aus der schäumenden See. Die hohe Fahrt und die schiebende Gewalt des Rollers hatten es fast ganz über das Riff hinweggejagt, wobei ihm zweifellos der ganze Boden aufgerissen wurde. Jetzt hing es achtern auf dem Felsen und ragte daher mit dem Heck hoch heraus, während der Bug an der ruhigeren Leeseite des Riffs ganz unter Wasser lag.
Auf dem Wrack lebten noch Menschen. Hornblower sah, wie sie am Schott des Achterdecks kauerten, um etwas Schutz zu finden. Ein neuer atlantischer Roller wälzte sich heran, zerstob an den Teufelszähnen und hüllte das ganze Wrack in Gischt.
Aber schon kam es wieder zum Vorschein, ein schwarzer Fleck in dem schneeigen Schaumgewirbel ringsumher. Das Schiff war weit genug über das Riff hinweggerutscht, um mit dem größten Teil seines Rumpfes hinter eben den Felsen Schutz zu finden, die ihm zum Verderben geworden waren. Hornblower sah nur noch die armen Menschen, die da drüben um ihr bißchen Leben rangen. Noch war ihnen eine kurze Frist gegönnt, wenn sie Glück hatten, fünf Minuten, wenn
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