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Hornblower 01 - Fähnrich zur See Hornblower

Hornblower 01 - Fähnrich zur See Hornblower

Titel: Hornblower 01 - Fähnrich zur See Hornblower Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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täglich zwei Stunden Bewegungsfreiheit gab, Freiheit, die Gassen der kleinen Stadt zu durchwandern, wenn er Geld in der Tasche hatte, eine Tasse Schokolade oder ein Glas Wein zu genießen und dabei mit spanischen Soldaten, Matrosen oder Zivilisten eine höfliche, aber anstrengende Konversation zu pflegen. Noch besser war es, diese beiden Stunden in Wind und Sonne auf einsamen Ziegenpfaden zu durchwandern, die sich über das Vorgebirge hinzogen, und dabei Zwiesprache mit dem Meer zu halten, um daraus Trost in seinem Leid zu schöpfen.
    Verpflegung und Unterbringung waren etwas besser geworden. Vor allem aber konnte er sich sagen, daß er nun endlich Leutnant war und ein vom König unterzeichnetes Patent besaß. Allerdings war er auch damit immer noch zum Hungern verurteilt, wenn der Krieg eines Tages doch zu Ende ging, weil man ihn dann bestimmt mit Halbsold entließ. Im Frieden gab es ja für junge Leutnants wie ihn kaum noch eine Aussicht auf Verwendung. Immerhin, er hatte sich seine Beförderung redlich verdient, seine Vorgesetzten waren offenbar mit ihm zufrieden.
    Daran konnte er sich immer wieder aufrichten, während er seine einsamen Wege ging.
    Eines Tages wehte es stürmisch aus Südwest, der Wind fegte in heulenden Stößen vom Atlantik her gegen die Küste.
    Dreitausend Meilen war er über offenes Meer gebraust, er hatte seine Kräfte ungehindert sammeln können und trieb nun riesige Wogenungetüme vor sich her, die eines um das andere mit donnerndem Getöse an der spanischen Küste zerschellten.
    Hornblower stand auf dem Landvorsprung oberhalb des Hafens von Ferrol. Er stemmte sich gegen den Wind, um nicht umgerissen zu werden, und schlug sich seinen alten, abgetragenen Wintermantel enger um den Leib. Es wehte so hart, daß er gegen den Wind kaum atmen konnte. Drehte er sich um, dann fiel ihm zwar das Atmen leichter, aber dafür wehte ihm der Sturm die wirren Haare in die Augen, stülpte ihm den Mantel fast über den Kopf und zwang ihn mit unwiderstehlicher Gewalt dazu, sich trippelnd den Hang hinunterzubewegen, an dessen Fuß Ferrol lag. Er verspürte jedoch einstweilen nicht die geringste Lust, schon wieder in die Stadt zurückzukehren. Für zwei Stunden durfte er Freiheit und Alleinsein genießen, und darum war ihm diese Spanne die kostbarste des ganzen Tages.
    Solange sie währte, durfte er mit vollen Zügen die reine Seeluft atmen, durfte er gehen, wohin er wollte, und tun, wonach ihm der Sinn stand. Am schönsten war es, mit scharfem Blick über die See hinauszuspähen, denn es kam immer wieder einmal vor, daß man von dem hohen Kap aus ein britisches Kriegsschiff entdeckte, das sich langsam an dieser Küste entlangarbeitete, um vielleicht einen kleinen Segler abzufangen und dabei zugleich alle Bewegungen der spanischen Flotte zu überwachen. Wenn sich ein solches Schiff während Hornblowers freier Stunde zeigte, dann verfolgte er es unverwandten Blicks, so wie ein Verdurstender einem Eimer Wasser nachstarrt, der außerhalb seiner Reichweite vorübergetragen wird. Dabei studierte er alle kleinen Einzelheiten, den Schnitt der Marssegel, die Art der Bemalung und so weiter, während ihm der Jammer in den Eingeweiden wühlte.
    Denn nun neigte sich schon das zweite Jahr seiner Kriegsgefangenschaft dem Ende zu. Zweiundzwanzig Monate lang hatte er täglich zweiundzwanzig Stunden hinter Schloß und Riegel gesessen, er und fünf andere junge Leutnants waren in einem einzigen Raum der Festung Ferrol zusammengepfercht.
    Heute aber sang ihm der Sturm ein brausendes Lied von schrankenlos schweifender Freiheit. Er stemmte sich wieder mit aller Kraft gegen an und blickte über die See hinaus. Vor ihm lag La Corufia, seine weißen Häuser sahen aus wie über die Hänge hingestreute Zuckerstücke. Zwischen ihm und La Corufia lag die offene Bucht gleichen Namens, weiß von Gischt unter den peitschenden Stößen des Sturms, zur Linken öffnete sich die schmale Einfahrt in die Bucht von Ferrol, rechter Hand endlich breitete sich der freie Atlantik. Dort unten aber, am Fuß der niedrigen Klippen, begann das gefährliche Riff der Dientes del Diablo - der Teufelszähne -, das sich weit nach Norden hinaus erstreckte, quer zur Bahn der gewaltigen Roller, die der Sturm gegen das Festland jagte. Jede halbe Minute warf sich einer dieser Wellenberge mit solcher Wucht gegen das Riff, daß sogar der Felsen unter Hornblowers Füßen erbebte, im gleichen Augenblick zersprühte er zu Gischt, den der Wind verwehte, bis die drohenden

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