Hornblower 01 - Fähnrich zur See Hornblower
Bucht mit dem Sandstrand mündete, die sich Hornblower gleich zuerst ausgesucht hatte. An schönen Tagen hatte er schon oft gesehen, wie dort Fischer mit ihrem Zugnetz arbeiteten, außerdem hatte er sich diesen Platz besonders eingeprägt, weil er ihm für eine überraschende Landung geeignet schien, wenn die Royal Navy einmal beabsichtigen sollte, Ferrol anzugreifen.
Der Wind hatte noch um kein bißchen nachgelassen, er pfiff Hornblower gewaltig um die Ohren, und die See, die nun in Sicht kam, glich einem brodelnden Hexenkessel. Als sie bald darauf um einen Vorsprung bogen, konnten sie auch die Kette der Teufelszähne erblicken, die sich von der Küste weit nach Luv hinaus erstreckte, und an einer ihrer gezackten Spitzen hing immer noch das Wrack als dunkler Fleck mitten im kochenden Schaum der Brandung. Irgendwer schrie bei diesem Anblick auf, und alles stemmte sich von neuem gegen den Wagen, so daß die Pferde in Trab fielen und das Fahrzeug samt seiner Last krachend über Stock und Stein bergab rollte.
»Langsam!« brüllte Hornblower. »Langsam!«
Wenn ihnen jetzt noch ein Rad oder eine Achse brach, dann hätte das ein blamables Ende seines ganzen kühnen Unternehmens bedeutet. Der Kommandant auf seinem Pferd verlieh Hornblowers Warnungsschreien durch seine eigenen lauten Befehle besonderen Nachdruck und dämpfte damit den Übereifer seiner Leute. Der Wagen legte den Rest des Weges in etwas mäßigerem Tempo zurück und langte zuletzt in der Bucht mit dem Sandstrand an. Der Wind war so stark, daß er sogar den feuchten Sand hochblies, der ihnen stechend ins Gesicht flog; dennoch spülten hier nur kleine Wellen ans Ufer, weil die Küste an dieser Stelle zurücksprang, so daß der Südweststurm hier sogar etwas ablandige Richtung hatte. Und die Gewalt der schweren Roller aus dem Atlantik, die fast parallel zur Küstenlinie angerauscht kamen, brach sich schon weit draußen in Luv an den Teufelszähnen. Die Räder mahlten im Sand, und die Pferde machten am Rande des Wassers halt. Ein Dutzend dienstbereiter Hände schirrte sie ab, und hundert willige Arme schoben den Wagen ins Wasser hinein - wenn man so viele Menschen zur Verfügung hatte, war eben alles ein Kinderspiel.
Als die erste Welle über die Plattform des Wagens spülte, kletterte die Besatzung hinauf und hielt sich bereit. Ein paar Felsbrocken verlegten dem Wagen den Weg, aber die Männer von der Miliz und die Werftarbeiter wuchteten ihn, bis an die Hüften im Wasser stehend, unter Aufbietung ihrer ganzen Kraft darüber hinweg. Das Boot schwamm schon beinahe in seinen Klampen auf, jetzt schob es die Besatzung vollends frei und kletterte dann rasch an Bord, da es der Wind schon herumdrehen wollte. Sie griffen nach ihren Riemen und rissen mit solcher Kraft daran, daß das Fahrzeug nach einem halben Dutzend verbissener Schläge dem Ruder gehorchte. Der galicische Kapitän hatte sofort einen Steuerriemen in die Rundsei am Heck des Bootes gelegt, er machte gar nicht erst den Versuch, mit Ruder und Pinne zu steuern. Ehe er sich gegen den Riemen stemmte, sah er Hornblower fragend an, der ihn schweigend gewähren ließ.
Hornblower stand gegen den Wind gebeugt in der Achterplicht des Bootes und suchte zu ermitteln, wie sie am besten zwischen den Klippen hindurch an das Wrack gelangen konnten. Die Küste und der ruhige Strand lagen nun schon weit hinter ihnen, es schien unendlich lange her, daß sie dort abgefahren waren. Und immer noch kämpfte sich das Boot durch die tosende See und den heulenden Sturm unverdrossen weiter hinaus. In der tollen Kabbelung, die hier herrschte, schienen die Seen aus allen Richtungen zu laufen, daher machte das Boot ganz sinnlose Bewegungen und taumelte fortwährend wie ein Betrunkener. Wie gut, daß es die Männer an den Riemen gewohnt waren, in bewegtem Wasser zu pullen, und darum das Boot trotz aller Schwierigkeiten in Fahrt halten konnten. So allein setzten sie den Kapitän in Stand, das Fahrzeug durch das tobende Chaos zu steuern. Er riß dabei mit aller Gewalt an seinem Steuerriemen, während Hornblower nur auf den richtigen Kurs bedacht war und den Kapitän durch Handbewegungen einwinkte. So konnte dieser seine ganze Aufmerksamkeit darauf richten zu verhüten, daß eine unversehens anrollende See das Boot zum Kentern brachte. Der Wind heulte, das kleine Boot arbeitete schwer in dem kurzen, steilen Seegang, dennoch kamen sie dem Wrack Meter um Meter näher. Wenn die Seen in diesem wilden Hexenkessel dennoch hauptsächlich
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