Hornblower 03 - Hornblower auf der Hotspur
kleinen Tisch.
»Sir«, sagte Grimes, »Sie kamen nicht, als das Frühstück bereit war.« Ach, die Eier! Das Weiße hatte einen kohlschwarzen Rand, die Dotter waren steinhart.
»Na ja«, knurrte Hornblower. Er konnte Grimes keinen Vorwurf daraus machen.
»Kaffee, Sir?« sagte Grimes. Da die Kartenhaustür geschlossen war, konnte er sich in der drangvollen Enge kaum rühren. Er füllte aus der Kanne eine Tasse, und Hornblower führte sie gespannt an die Lippen. Der Kaffee war ohne weiteres zu trinken, das hieß, daß er längst nicht heiß genug war, außerdem war die Brühe voller Satz. »Das nächste Mal siehst du gefälligst zu, daß der Kaffee heiß ist«, sagte Hornblower.
»Außerdem mußt du ihn besser filtern.«
»Jawohl, Sir«, Grimes' Stimme schien von weither zu kommen. Der Mann konnte kaum noch flüstern. »Sir...«
Hornblower blickte zu ihm auf. Grimes schlotterte förmlich vor Angst. »Was ist denn los?«
»Ich habe diese Eier aufgehoben, Sir, weil ich sie Ihnen zeigen wollte.« Bei diesen Worten wies er eine Pfanne vor, die blutigen, stinkenden Schleim enthielt. »Die ersten beiden Eier waren schlecht, Sir. Ich wollte nicht, daß Sie vielleicht denken...«
»Schon gut.« Offenbar fürchtete Grimes, daß man ihn des Diebstahls beschuldigen könnte. »Laß die verdammten Dinger verschwinden.« Sah es Mrs. Mason nicht ähnlich, daß sie ihm Eier besorgte, von denen die Hälfte verdorben war? Hornblower aß seine beiden mit Widerwillen, sie waren nicht gerade schlecht, aber ihr Geschmack verriet, daß nicht mehr viel daran fehlte. Er tröstete sich damit, daß er sich zuletzt noch an der Marmelade schadlos halten konnte, um alle Enttäuschungen wettzumachen. Genüßlich bestrich er ein Stück Hartbrot mit der kostbaren Butter und nahm von der Marmelade. Das hatte noch gefehlt! Ausgerechnet schwarze Johannisbeeren. Wie man nur so unsinniges Zeug kaufen konnte! Grimes, der sich eben wieder durch die Tür ins Kartenhaus quetschen wollte, zuckte richtig zusammen, als Hornblower endlich die Selbstbeherrschung verlor und den Fluch ausstieß, der ihm schon seit Minuten auf der Zunge lag. »Sir?«
»Ach, hol dich der Teufel, du bist nicht gemeint«, schrie Hornblower außer sich vor Wut. Er mochte Marmelade für sein Leben gern, aber schwarze Johannisbeeren bildeten eine Ausnahme, die gaben ihm von all den vielen Sorten am allerwenigsten ab. Die Enttäuschung war bitter, aber was half's, er hatte keine Wahl. Mit Todesverachtung begann er, an dem eisenharten Schiffszwieback zu knabbern.
»Du brauchst nicht anzuklopfen, wenn du mir Essen servierst«, sagte er zu Grimes.
»Ich werde es nicht mehr tun, Sir.«
Die Hand, in der Grimes die Kaffeekanne hielt, zitterte heftig, und als Hornblower den Blick hob, sah er, daß auch seine Lippen bebten. Er war drauf und dran, ihn in barschem Ton zu fragen, was er denn habe, aber die Antwort lag auf der Hand, darum konnte er diese Frage für sich behalten. Der Mann hatte einfach Angst, schlotternde, physische Angst vor ihm, seinem Kommandanten. Ein Wort von ihm, und Grimes sah sich an die Fallreepgräting gebunden, um mit Peitschenhieben traktiert zu werden, die ihm grausam das Fleisch von den Knochen fetzten.
Ja, es gab in der Navy Kommandanten, die solche Strafen verhängten, wenn sie ein schlechtes Frühstück auf den Tisch bekamen - als ob ihnen Schlimmeres überhaupt nicht zustoßen könnte. Es klopfte an der Tür. »Herein!«
Grimes drückte sich gegen die Schottwand, damit er nicht durch die Tür hinausfiel, wenn sie aufging.
»Meldung von Mr. Young«, sagte Orrock. »Der Wind schießt wieder aus.«
»Ich komme«, sagte Hornblower.
Grimes machte sich ganz klein, als er sich an ihm vorüberdrückte. Gleich darauf betrat er das Achterdeck. Sechs Dutzend Eier, die Hälfte davon schlecht. Zwei Pfund Kaffee, das reichte längst keinen Monat, wenn er jeden Tag davon trank.
Schwarze Johannisbeermarmelade und nicht einmal von dem Zeug genug. Das alles ging ihm noch durch den Kopf, als er an dem Posten Kajüte vorüberkam, aber dann sah er sich davon mit einem Schlag befreit. Das machte einmal die köstliche Seeluft, die ihm wieder um die Nase wehte, zum anderen und vor allem aber die Fülle der auf ihn einstürmenden Probleme. Prowse hielt nach Backbord Ausschau durch den Kieker, es war jetzt schon hellichter Tag, und der Regen hatte die diesige Luft geklärt.
»Die Pierres Noires liegen an backbord querab, Sir«, meldete Prowse. »Sie können ab und zu sogar
Weitere Kostenlose Bücher