Hornblower 04 - Hornblower wird Kommandant
mußten bemannt und in der richtigen Reihenfolge eingeordnet werden, sie erstreckten sich hintereinander nicht weniger als eine Meile stromab. Da gab es Schafsköpfe, die ihre Befehle verlegt hatten und andere, die sie nicht verstanden.
Hornblower preschte in seiner Gig die Linie auf und ab und zog dabei fast jede Minute seine Uhr. Zu allem Überfluß waren auch die Schnapsverkäufer schon unterwegs, weil sie sich wohl von diesem Tag ein gutes Geschäft erwarteten, und ruderten ebenfalls die Linie entlang. Allem Anschein nach hatten sie auch schon heimlich einiges von ihrem Stoff abgesetzt, denn hier und dort tauchten bereits rote Köpfe mit dem unverkennbaren blöden Grinsen auf. Die Ebbe lief noch in voller Stärke, und hinter ihr drückte zu allem Überfluß der stramme Westwind her. Horrocks wollte die Staatsbarke, die nachher den Leichnam aufnehmen sollte, längsseit bringen, aber er verschätzte sich dabei gründlich in den Entfernungen und in den auftretenden Kräften. Das große, schwerfällige Fahrzeug wurde beim Aufdrehen von Wind und Strom so hart gefaßt, daß es mit seinem Steuerbord-Achterschiff laut krachend gegen die Pier knallte. Hornblower, der den Vorfall von der Pier aus mit ansah, öffnete schon den Mund zu einem kräftigen Anschnauzer, aber dann besann er sich eines Besseren und schloß ihn wieder.
Hätte er sich zu jeder Ungeschicklichkeit äußern wollen, so würde er bald stockheiser sein. Einstweilen begnügte er sich damit, den armen Horrocks mit einem alles andere als gnädigen Blick zu traktieren, unter dem der große, grobknochige Bursche förmlich in sich zusammensackte, bis er sich nach einer Weile wieder fing und seinen Groll an der armen Besatzung ausließ.
Diese Staatsbarken waren aber auch rein zum Verzweifeln, wenn man mit ihnen manövrieren wollte. Mit nur zwölf Riemen hatte man die über 40 Fuß langen Ungetüme kaum in der Gewalt, weil sie mit ihren riesigen Aufbauten dem Wind eine allzu große Angriffsfläche boten. Sollte Horrocks sehen, wie er auf seinen Platz gelangte - Hornblower wandte sich ab und kletterte wieder in seine Gig. Er flog nur so stromab, er quälte sich mühsam mit peitschenden Riemen stromauf. Endlich schien alles in Ordnung. Als Hornblower zuletzt wieder an Land gestiegen war, warf er einen prüfenden Blick von der Pier ins Wasser und glaubte - endlich - ein Nachlassen des Ebbstroms feststellen zu können. Es kam verspätet, aber doch gerade noch zur rechten Zeit. Hell und klar drangen vom Hospital die Töne einer Trompete herüber, seine musikunempfindlichen Ohren registrierten nur ein häßliches Geräusch, aber er wußte dennoch, was es bedeutete. Die Miliz trat längs der Straße vom Hospital zur Pier ins Glied, und bald tauchten auch in feierlicher Prozession zu zwei und zwei die Würdenträger auf, die niedrigsten im Rang gingen an der Spitze. Dementsprechend kamen die Boote in der umgekehrten Reihenfolge ihrer Nummern an die Pier, um sie an Bord zu nehmen - es hatte Hornblower unsägliche Mühe gekostet, den Bootssteurern das klarzumachen -, und fuhren dann wieder stromab an ihren Platz in der Linie, um zu warten, bis es losging. Trotz allem kamen ein paar Boote aus der Reihe, aber jetzt war für Kleinigkeiten keine Zeit. Man mußte in Kauf nehmen, daß ein paar der würdigen Herren auf der Pier in ein falsches Boot gerieten und nicht einmal Zeit fanden, dagegen Einspruch zu erheben. Immer höher wurde Rang und Würde der heranziehenden Trauergäste - es kamen die Herolde der verschiedenen Grade, unter ihnen Mr. Fallender, und dann erschien endlich der Erste Leidtragende, Großadmiral Sir Peter Parker, dem Blackwood die Schleppe trug. Sein Gefolge bildeten acht Admirale mit dem für Trauerfeiern vom Reglement vorgeschriebenen düsteren Gesichtsausdruck. Vielleicht sahen sie jedoch ohne die Vorschrift des Reglements genauso düster drein. Hornblower komplimentierte sie alle, einen nach dem anderen, in ihr Boot.
Inzwischen hatte die Strömung umgeschlagen, die Flut setzte sich durch. Von nun an war jede Minute kostbar.
Plötzlich krachte in nächster Nähe ein Kanonenschuß, daß Hornblower zusammenfuhr. Er konnte nur hoffen, daß sein Erschrecken niemand aufgefallen war. Das war der erste Schuß des Trauersaluts, der nun in genauen Minutenabständen so lange weitergefeuert wurde, bis der tote Seeheld seine nächste vorübergehende Ruhestätte in der Admiralität erreicht hatte. Für Hornblower war er das Signal, daß der Sarg das Hospital
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