Hornblower 04 - Hornblower wird Kommandant
verließ. Er half Sir Peter Parker als letztem in die Staatsbarke.
Ein lautes Kommando des Obersten der Miliz, und die angetretenen Kolonnen warfen ihre Gewehre herum, so daß die Mündung auf dem Boden ruhte, und kreuzten die Arme über dem Schaft. Hornblower hatte sie diesen Griff während der letzten zwei Tage in jeder freien Minute üben sehen. Er folgte ihrem Beispiel und senkte seinen Säbel mit aller militärischen Exaktheit, die ihm zu Gebote stand, zum Salut - auch er hatte das geübt. Maria hatte ihn vor ein paar Tagen in ihrem Zimmer im›George‹dabei ertappt und war über das Schauspiel, das er bot, in schallendes Gelächter ausgebrochen. Die Staatsbarke des Ersten Leidtragenden hatte inzwischen abgelegt, und Horrocks brachte sein Fahrzeug mit entschlossenen Kommandos abermals längsseit. Hornblower verfolgte sein Manöver mit gerunzelter Stirn; aber jetzt, da der Wind gegen den Strom stand, bot es glücklicherweise keine besondere Schwierigkeit mehr. Die Musik rückte näher; für Hornblower klangen zwar alle Weisen trist, aber diese schien ihm an Trübseligkeit alles bisher Gehörte zu übertreffen. Am Fuß der Pier schwenkte der Musikzug nach rechts ein; hinter ihm kam die Abteilung Matrosen in Sicht, die gesenkten Hauptes und im vorgeschriebenen kurzen Schritt die Lafette mit dem Sarg zog. Hornblower dachte an die lange Linie der Boote, die sich bis weit stromab die größte Mühe gaben, ihre Positionen zu halten, und wünschte sich, sie möchten in Gottes Namen schneller ausschreiten; aber er war sich natürlich zugleich darüber klar, daß ein solcher Wunsch barer Unsinn war.
Der monotone Donner der in Minutenabstand fallenden Salutschüsse tat ihm kund, wie die kostbare Zeit verstrich.
Endlich stand die Lafette am Kopf der Pier, und nun galt es, den schweren Sarg auf das Deck der Staatsbarke zu schaffen. Das war alles andere als einfach. Hornblower hörte die wütenden Schimpfreden, mit denen der aufsichtführende Maat im zischenden Flüsterton seine Männer traktierte, und konnte sich kaum ein Lächeln darüber verkneifen, wie schlecht sie zu der offiziellen Trauerstimmung passen wollten. Aber der Sarg gelangte dabei doch sicher an seinen Platz; er wurde rasch und sachgemäß festgelascht, und während die Begleitmannschaften noch dabei waren, die Laschings unter Kränzen und Flaggen zu verbergen, trat Hornblower selbst als letzter an den Rand der Pier, um sich an Bord zu begeben. Er trug den Säbel vorschriftsmäßig mit gesenkter Spitze unter dem Arm und mußte seine Ungeduld mit eiserner Energie unterdrücken, um den Weg, wie es sich gehörte, im gemessenen Trauerschritt, gebeugt und mit der Miene eines Leidtragenden zu durchmessen. So gut es ging, versuchte er diese Haltung auch noch zu wahren, als er den letzten langen Schritt tun mußte, um von der Pier an Bord zu gelangen, wo er achtern hinter dem Baldachin Aufstellung nahm.
»Ablegen«, befahl er mit gedämpfter Stimme. Die Salutgeschütze donnerten ihr Lebewohl, als die Barke die Pier verließ, die Riemen bogen sich und zogen durchs Wasser, bis das schwere Boot Fahrt aufnahm. Horrocks, der neben ihm stand, legte das Ruder und steuerte zur Mitte des Fahrwassers.
Ehe sie dort anlangten und auf den richtigen Kurs gingen, hatte Hornblower noch Gelegenheit, einen raschen Blick auf die stromabwärts wartende Schiffsprozession zu werfen. Im ganzen schien dort alles in Ordnung zu sein, die Fahrzeuge waren teils zusammengeschoren, teils lagen sie einzeln in dichten Haufen, alle waren eifrig bemüht, unter den schwierigen Wind- und Stromverhältnissen ihren Platz zu halten. War der Zug erst in Bewegung, dann fiel ihnen diese Aufgabe sicherlich bedeutend leichter.
»Nicht so hart!« knurrte er Horrocks an, der den Befehl sogleich an die Bootsbesatzung weitergab. Man mußte den anderen Booten Zeit lassen, ihren Platz einzunehmen.
Hornblower fühlte das Bedürfnis, nach der Uhr zu schauen; ja, er sagte sich sogar, daß er eigentlich den Blick überhaupt nicht mehr von der Uhr lassen durfte. Sollte er sie also jede Minute aus der Tasche ziehen? Das war nicht zu machen. Da fiel sein Blick auf das Fußende des Sarges, das er dicht vor sich hatte. Mit raschem Griff holte er die Uhr samt Kette aus der Tasche und befestigte sie an dem dort angebrachten Handgriff, so daß ihm das Zifferblatt unmittelbar vor der Nase baumelte.
Einstweilen war alles in bester Ordnung. Sie hatten vier Minuten Verspätung, aber immer noch elf Minuten in
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