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Hornblower 05 - Der Kapitän

Hornblower 05 - Der Kapitän

Titel: Hornblower 05 - Der Kapitän Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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hastig nach dem verrutschten Hut greifen. Steil aufwärts ging es einen schmalen Pfad entlang, dessen Breite nur für einen einzigen Reiter ausreiche, so daß Hernandez mit höflicher Geste vorausritt. Die Begleitmannschaft folgte in einem Abstand von fünfzig Meter.
    Auf dem beiderseits von Bäumen und Buschwerk begrenzten Wege war es erstickend heiß. Zudringliche Stechfliegen umsummten den Seemann. Eine halbe Meile weiter aufwärts trat eine faulenzende Wache erschrocken unter das Gewehr. Gleich darauf sah man wieder Männer, die dem armen Teufel glichen, den Hornblower zuerst bemerkt hatte. Man hatte sie an Pfähle gebunden, um sie verschmachten zu lassen. Einige waren tot, nur noch stinkende Massen faulenden Fleisches. Beim Vorüberkommen der Pferde erhoben sich ganze Wolken summender Fliegen; vollgefressene Geier mit abstoßend häßlichen kahlen Hälsen taumelten schweren Flügelschlages vor den Pferden her und suchten, da sie sich nicht mehr in die Luft erheben konnten, ins Dickicht auszuweichen.
    Schon wollte Hornblower fragen:›Sind das ebenfalls Unerleuchtete, Herr General?‹als ihm die Zwecklosigkeit solcher Bemerkung einfiel. Es war besser, den Mund zu halten.
    Schweigend ritt er durch den Gestank und die Fliegenschwärme, wobei er versuchte, sich eine Meinung über den Charakter eines Mannes zu bilden, der verwesende Leichen sozusagen auf seiner Türschwelle liegen ließ.
    Der Weg führte über einen Berghang. Minutenlang genoß Hornblower den Blick auf die unter ihm liegende, im Licht der Abend sonne blau, silbern und golden glänzende Bucht, in der die Lydia vor Anker lag. Dann plötzlich befand man sich inmitten bebauten Landes. Orangenpflanzungen, deren Bäume mit Früchten behangen waren, begrenzten den Pfad, und durch die Zweige hindurch bemerkte Hornblower reichtragende Felder. Die schnell sinkende Sonne ließ die Apfelsinen aufleuchten, und als die Reiter einen Vorsprung umritten, lag hellbeschienen ein langgestrecktes und großes Gebäude vor ihnen.
    »Das Haus von el Supremo«, sagte Hernandez.
    Im offenen Hof nahmen ihnen Stallburschen die Pferde ab.
    Steifbeinig kletterte Hornblower aus dem Sattel. Er bedauerte seine besten Seidenstrümpfe, die durch den Ritt arg in Mitleidenschaft gezogen waren. Die Diener, die ihn ins Haus geleiteten, besaßen eine ähnliche, aus Pracht und Lumpen zusammengesetzte Kleidung wie Hernandez: Scharlachrot und Gold oben, Fetzen und bloße Füße unten. Der prunkvollste von allen, dessen Züge eine starke Beimischung von Negerblut und einen geringen europäischen Einschlag zeigten, trat den Ankömmlingen mit besorgtem Gesichtsausdruck entgegen.
    »Man hat el Supremo warten lassen«, sagte er. »Bitte folgen Sie mir schnellstens.«
    Fast laufend eilte er einen Korridor entlang, der vor einer messingbeschlagenen Tür endete. Er pochte geräuschvoll, wartete einen Moment, klopfte nochmals, warf die Tür auf und neigte sich tief zur Erde. Hornblower trat ein. Ihm folgte Hernandez, und den Beschluß machte der Majordomo, der die Tür wieder schloß. Das lang gestreckte Zimmer hatte blendendweiß getünchte Wände. Die Decke wurde von schweren, mit Malereien und Schnitzwerk verzierten Balken getragen. Am anderen Ende des Raumes erhob sich ein dreistufiger Thron, und darauf saß unter einem Baldachin der Mann, den aufzusuchen Hornblower um die halbe Welt geschickt worden war.
    Der kleine, dunkelhäutige und offensichtlich nervöse Kreole hatte stechende schwarze Augen; das schüttere Haar fing an den Schläfen an grau zu werden. Seinem Aussehen nach konnte er nur eine ganz geringfügige Beimischung indianischen Blutes besitzen. Er war europäisch gekleidet, trug einen goldgesäumten roten Rock, eine weiße Halsbinde, weiße Kniehosen und Strümpfe. An den Schuhen befanden sich goldene Schnallen.
    Hernandez krümmte sich vor ihm. »Lange bist du fortgeblieben«, herrschte Alvarado ihn an. »Elf Männer wurden in deiner Abwesenheit ausgepeitscht.«
    »Supremo«, seufzte Hernandez, dessen Zähne vor Angst zu klappern begannen, »der Kapitän folgte sofort Ihrer Aufforderung, zu Ihnen zu kommen.«
    Alvarado richtete seinen stechenden Blick auf Hornblower, der sich gemessen verneigte. Seine Gedanken spielten mit dem Verdacht, daß jene elf bloß der Länge der Zeit wegen mißhandelt worden waren, die ein Ritt vom Strande bis zum Herrenhaus in Anspruch nahm.
    »Kapitän Horatio Hornblower von Seiner Britannischen Majestät Fregatte Lydia«, stellte er sich vor.
    »Sie haben

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