Hornblower 05 - Der Kapitän
mir Waffen und Schießpulver mitgebracht?«
»Sie befinden sich an Bord.«
»Schön. Sie werden mit dem General Hernandez Vereinbarungen wegen der Landung treffen.«
Hornblower dachte an die beinahe leeren Vorratslasten seines Schiffes und daran, daß er dreihundertundachtzig Mann zu beköstigen hatte. Überdies begann er bereits, wie das jedem Kommandanten ergangen wäre, Unruhe wegen seiner Abhängigkeit vom Lande zu verspüren. Diese Nervosität würde sich erst legen, wenn die Lydia wieder so ausgiebig mit Lebensmitteln, Wasser und Brennholz versehen war, daß sie um das Kap Hoorn segelnd zum mindesten Westindien oder St. Helena, wenn nicht überhaupt die Heimat erreichen konnte.
»Ich vermag nichts abzugeben, Sir, ehe nicht die Bedürfnisse des Schiffes befriedigt sind«, sagte er. Er hörte, wie Hernandez ob solcher gotteslästerlichen Einwendung gegen die Befehle el Supremos scharf den Atem einzog. Der Tyrann runzelte die Brauen. Sekundenlang sah es so aus, als wollte er versuchen, seinen allmächtigen Willen dem fremden Kapitän aufzuzwingen, aber sofort hellten sich seine Züge wieder auf, denn er erkannte, daß es töricht sein würde, mit seinem neuen Verbündeten Streit zu beginnen. »Gewiß«, nickte er. »Bitte teilen Sie dem General Hernandez mit, was Sie brauchen; er wird Sie mit allem versehen.« Hornblower hatte schon öfters mit spanischen Offizieren zu tun gehabt, und er wußte, wie freigebig sie mit leeren Versprechungen sein konnten. Er nahm an, daß spanischamerikanische Rebellenoffiziere noch um ein gutes Teil weniger zuverlässig waren, und so entschloß er sich, seine Wünsche gleich an Ort und Stelle vorzutragen, so daß immerhin einige Möglichkeit dafür bestand, wenigstens einen Teil davon in naher Zukunft erfüllt zu sehen.
»Morgen müssen meine Wasserfässer gefüllt werden«, erklärte er. Hernandez nickte.
»Unweit der Landungsstelle befindet sich eine Quelle. Wenn Sie wünschen, stelle ich Ihnen Leute zum Helfen.«
»Danke, das wird nicht nötig sein. Meine Mannschaft kann das allein besorgen. Außer dem Frischwasser benötige ich...«
Hornblower stellte in Gedanken eine Liste alles dessen zusammen, was eine Fregatte für sieben Monate auf See brauchte.
»Nun, Senor?«
»Ich benötige zweihundert Rinder oder zweihundertundfünfzig, wenn sie mager und klein sind; fünfhundert Schweine, viereinhalb Tonnen Salz, vierzig Tonnen Hartbrot, und wenn das nicht zu beschaffen ist, das gleiche Gewicht in Mehl, nebst Öfen und Brennstoff zum Backen.
Ferner den Saft von vierzigtausend Zitronen oder Orangen; die Fässer zum Einfüllen kann ich stellen. Dann zehn Tonnen Zucker, fünf Tonnen Tabak und eine Tonne Kaffee. Sie bauen hierzulande Kartoffeln, nicht wahr? Also schön, zwanzig Tonnen Kartoffeln werden genügen.«
Während der Aufzählung war das Gesicht Hernandez' länger und länger geworden.
»Aber der Kapitän...«, suchte er zu widersprechen, doch Hornblower fiel ihm ins Wort.
»Ferner brauche ich für die Dauer unseres Hierseins fünf Ochsen pro Tag, zwei Dutzend Hühner, so viel Eier, wie Sie auftreiben können, und Frischgemüse für den Bedarf meiner Besatzung.«
Von Natur war Hornblower ein gutherziger Mann, aber sowie es sich um Dinge des Schiffes handelte, wurde er hart.
»Zweihundert Ochsen!« stöhnte der unglückliche Hernandez.
»Fünfhundert Schweine?«
»Diese Zahlen habe ich genannt«, versetzte Hornblower unerschütterlich. »Wohlverstanden, zweihundert fette Ochsen.«
In diesem Augenblick griff el Supremo ein.
»Sorge dafür, daß des Kapitäns Wünsche erfüllt werden«, sagte er mit ungeduldiger Geste. »Verschwinde jetzt.«
Hernandez zögerte nur für den Bruchteil einer Sekunde, ehe er sich zurückzog. Leise schloß sich hinter ihm die schwere, messingbeschlagene Tür.
»Das ist die einzige Art, mit diesem Volk umzuspringen«, bemerkte el Supremo leichthin. »Sie sind nicht anders als Tiere.
Jede Höflichkeit ist an sie verschwendet. Zweifellos sahen Sie auf Ihrem Wege hierher einige Verbrecher, die ihre Strafe erlitten?«
»Allerdings.«
»Meine irdischen Vorfahren gaben sich viel zuviel Mühe beim Erfinden wirkungsvoller Strafen. Sie verbrannten die Menschen in umständlicher Weise, ließen ihnen zum Klange von Musik und unter Tänzen das Herz aus der Brust schneiden oder schnürten sie in frische Tierfelle, um sie dann der Sonne auszusetzen. Ich finde das alles höchst überflüssig. Der Befehl, so einen Kerl anbinden und verdursten zu
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