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Hornblower 05 - Der Kapitän

Hornblower 05 - Der Kapitän

Titel: Hornblower 05 - Der Kapitän Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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die Küstenlandschaft mit ihren ekelhaften Vulkanen samt dem blauen Meer verwünscht, obwohl sie navigatorisch keine Schwierigkeiten bot. Er hatte geradezu Heimweh nach den Klippen, Untiefen, Nebeln und Gezeitenwechseln des Kanals verspürt; aber nun unter der Einwirkung des hellen Sonnenscheins änderte er abermals seine Ansicht. Alles in allem hatte der Stille Ozean seine Vorzüge.
    Vielleicht ließen sich die Dons durch dieses neue Bündnis zwischen England und Spanien dazu bewegen, einige ihrer egoistischen Bestimmungen zu ändern, die den Handel mit Amerika beeinträchtigten. Vielleicht erkundeten sie sogar die Möglichkeit für einen quer durch Nicaragua führenden Kanal, dessen Bau die Admiralität erwog. Gelang es, so würde der Pazifik erst richtig zur Geltung kommen. - Natürlich mußte man sich zunächst el Supremos entledigen, aber an diesem angenehmen Morgen erschien das Hornblower nicht allzu schwierig.
    Gray, der Obersteuermann, war nach achtern gekommen, um zu loggen. Hornblower unterbrach seine Frühwanderung und beobachtete den Vorgang. Schon warf Gray das kleine dreieckige Brett über die Heckreling. Die Logleine in Händen haltend, blickte er mit seinen jungenhaften blauen Augen dem tanzenden Holzstück nach.
    »Achtung!« rief er scharf dem Mann mit der Sanduhr zu, während die Leine schnell über die Reling surrte.
    »Null!« schrie der Mann mit dem Glas.
    Gray stoppte die Leine ab und stellte fest, wieviel davon ausgelaufen war. Ein scharfer Ruck an der dünnen Schnur, die zusammen mit der Logleine über die Reling geglitten war, löste die eine Ecke des Logscheits, so daß das Brettchen mit der Spitze voraus wieder auf das Schiff zuschwamm und es Gray ermöglichte, die Leine Hand über Hand einzuholen.
    »Wieviel?« fragte Hornblower.
    »Nicht ganz siebeneinhalb, Sir.«
    Daß die Lydia bei der herrschenden Brise siebeneinhalb Knoten lief, zeigte, daß sie ein tüchtiges Schiff war, wenn auch die Windrichtung - etwa 45 Grad schräg von achtern - ohnedies am günstigsten für sie war. Falls die Witterung so blieb, mußte man binnen kurzem Gewässer erreichen, in denen man die Natividad antreffen konnte. Die ehemals spanische Fregatte war wie die meisten fünfzig Kanonen tragenden Zweidecker ein schlechter Segler. Bei dem gemeinsamen Marsch vom Golf von Fonseca nach La Libertad hatte Hornblower das persönlich feststellen können.
    Traf er sie draußen auf See, so durfte er in Anbetracht der Wendigkeit seines eigenen Schiffes und der guten Ausbildung seiner Leute damit rechnen, durch geschicktes Manövrieren die artilleristische Überlegenheit des Gegners auszugleichen, denn falls es zum Nahkampf kam und die Aufständischen die Lydia enterten, dann mußte die Übermacht siegen. Er wollte daher möglichst mehrere Male quer am Heck der Natividad vorbeisegeln und sie dabei der Länge nach unter Feuer nehmen.
    Während Hornblower auf dem Achterdeck hin und her ging, malte sich sein lebhafter Geist bereits den Verlauf des Gefechts aus, wobei er alle etwaigen Möglichkeiten bedachte; ob es ihm gelang, auf der Luvseite zu bleiben, ob eine grobe See stehen würde oder nicht, ob das Treffen dicht unter Land oder weiter draußen seinen Anfang nehmen würde.
    Die kleine Negerin Hebe schritt etwas unsicher über Deck; ihr rotes Kopftuch leuchtete im Frühsonnenschein, und ehe die entrüstete Besatzung einzuschreiten vermochte, trat sie dem Kommandanten in den Weg, so daß dessen geheiligter Morgenspaziergang unterbrochen wurde.
    »Milady sagt, möchte der Herr Kapitän mit ihr frühstücken?« lispelte sie.
    »Eh... was soll's?« stieß der überraschte und jählings aus seinen Wachträumen gerissene Hornblower hervor, doch als ihm die Nichtigkeit dessen zum Bewußtsein kam, weswegen man ihn gestört hatte, fuhr er hastig fort: »Nein, nein, nein!... Sage deiner Herrin, daß ich nicht mit ihr frühstücken werde... Sage ihr, daß ich überhaupt niemals mit ihr frühstücke... Sage ihr, daß ich während der Frühstunden unter keinen Umständen mit derlei Dingen behelligt werden will... Sage ihr, daß du... und auch sie selbst diesen Teil des Oberdecks nicht vor acht Uhr betreten darf. Verschwinde!«
    Aber auch jetzt schien die kleine Schwarze die Größe ihres Verbrechens noch gar nicht zu ermessen. Ohne jedes Anzeichen von Zerknirschung nickte sie, während sie sich lächelnd zurückzog. Offenbar kannte sie die weißen Herren, die, solange sie nicht gefrühstückt hatten, sehr reizbar sein konnten; und

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