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Hornblower 05 - Der Kapitän

Hornblower 05 - Der Kapitän

Titel: Hornblower 05 - Der Kapitän Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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sich.
    »Unsinn!« sagte Hornblower kurz. Als ob der Kommandant einer Fregatte öffentlich zugeben konnte, daß er erschöpft war!
    Und gerade Hornblower durfte es nicht wagen, sich eine Blöße zu geben; nur zu gut entsann er sich, wie gelegentlich seines ersten selbständigen Kommandos sein Untergebener sich kleine menschliche Schwächen des Kapitäns zunutze gemacht hatte.
    »Sie bedürfen selbst viel dringender der Ruhe als ich«, sagte er. »Die Steuerbordwache kann wegtreten, und Sie selbst begeben sich unter Deck und in Ihre Koje. Vorher aber lassen Sie sich die Stirnwunde gehörig behandeln. Da der Feind noch in Sicht ist, bleibe ich oben.«
    Kaum hatte sich Bush entfernt, da erschien Polwheal.
    Hornblower hielt es für möglich, daß der Erste Offizier ihn zu ihm geschickt hatte.
    »Ich habe für die Dame gesorgt, Sir.« Hornblower, der sehr müde war, hatte gerade erwogen, was man auf diesem havarierten und gefechtsklaren Schiff mit der Lady Barbara anfangen konnte. »Ich habe drunten einen Winkel für sie abgeteilt, Sir. Die meisten Verwundeten sind jetzt ruhig. Ich habe 'ne Hängematte für sie aufgehängt, Sir, und wie 'n Vogel ist sie reingejumpt, Sir. Sie hat auch was gegessen, Sir... den Rest von dem kalten Huhn und ein Glas Wein. Nicht, daß sie's verlangt hätte, Sir, aber ich habe ihr zugeredet.«
    »Ausgezeichnet, Polwheal«, lobte Hornblower. Es war ihm eine große Erleichterung, daß wenigstens dieser Teil der Verantwortung von seinen Schultern genommen wurde.
    »Nun aber wegen Ihnen, Sir«, fuhr Polwheal fort. »Ich habe einige trockene Sachen für Sie aus Ihrer Kiste unten in der Vorratslast geholt, Sir, denn die letzte Breitseite scheint in der Kajüte alles kurz und klein geschlagen zu haben. Und den dicken Mantel habe ich mitgebracht, Sir; er ist ganz trocken.
    Wollen Sie sich hier oben oder unter Deck umziehen, Sir?«
    Polwheal konnte aus der gemurmelten Antwort manches heraushören, und der Rest ließ sich ergänzen. Der Kapitän hatte sich davor gefürchtet, müde und in durchnäßten Kleidern während der ganzen Nacht auf dem Achterdeck hin und her gehen zu müssen, da seine nervöse Überreiztheit ihm keine andere Möglichkeit ließ. Polwheal brachte sogar von irgendwoher Lady Barbaras Liegestuhl zum Vorschein, den er an der Reling festlaschte. Dann bewog er seinen Kommandanten, sich niederzulassen und einen Imbiß aus Hartbrot und Rum zu sich zu nehmen. Sorgfältig wickelte er ihn in den warmen Mantel und nahm nun an, Hornblower werde so sitzen bleiben, da sich der Kommandant nun einmal entschlossen hatte, nicht unter Deck zu gehen, solange der Feind noch in der Nähe stand.
    Und seltsam, während er dort saß und die Spritzer sein Gesicht näßten und das Schiff unter ihm schlingerte und stampfte, sank sein Kopf auf die Brust, und er schlief ein. Es war nur ein unterbrochener Halbschlaf, und doch fühlte er sich erstaunlich erfrischt. Alle fünf Minuten wachte er auf. Zweimal erschrak er über sein eigenes Schnarchen. Dann wieder hob er hastig den Kopf, um festzustellen, ob sich das Wetter noch nicht besserte, oder seine rastlosen Gedanken machten ihn wieder völlig wach, und er fragte sich zum soundsovielten Male, was England und was seine Besatzung nach diesem Gefecht von ihm halten werden.
    Bald nach Mitternacht wurde er völlig wach. Er wußte, mit dem Wetter geschah irgend etwas. Steifgliedrig stand er auf. Das Schiff arbeitete womöglich noch schwerer als zuvor, aber während er prüfend in den Wind schnupperte, merkte er, daß sich eine Besserung vorbereitete. Er schritt zum Kompaß hinüber, als plötzlich Bushs Gestalt undeutlich neben ihm aus der Dunkelheit aufragte.
    »Wind dreht auf Süd und flaut ab, Sir«, sagte der Erste Offizier.
    Zunächst allerdings veranlaßte die Änderung der Windrichtung ein Steilerwerden der in ihrem Lauf behinderten langrollenden Seen. Die Bewegungen der Lydia wurden noch heftiger.
    »Schwarz wie der Teufel«, murmelte Bush, der in die Finsternis hinausspähte.
    Irgendwo da draußen, vielleicht zwanzig Meilen, vielleicht nur zweihundert Meter weit entfernt, schlug sich die Natividad mit dem gleichen Unwetter herum. Wenn der Mond durch die jagenden Wolken brach, konnte es jeden Augenblick zur Erneuerung des Gefechts kommen, aber noch war es so dunkel, daß man vom Achterdeck aus kaum schattenhaft das Großmarssegel erkennen konnte.
    »Als ich sie zum letztenmal sah, trieb sie viel schneller nach Lee ab als wir selbst, Sir«, meinte Bush

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