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Hornblower 05 - Der Kapitän

Hornblower 05 - Der Kapitän

Titel: Hornblower 05 - Der Kapitän Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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Meer...«
    Die Kochgehilfen hoben der Reihe nach die Grätings auf, und mit dumpfem Klatschen versanken die Gefallenen, indessen Hornblower die letzten Worte des vorgeschriebenen Zeremoniells sprach. Dann gab ein zweiter Trillerpfiff das Zeichen zur Wiederaufnahme der Arbeit. Es war ihm äußerst unangenehm, daß er diese Pause hatte eintreten lassen müssen, obwohl die Arbeit drängte, aber er wußte auch, daß es ihm seine Leute sehr verübelt haben würden, wenn er die Toten formlos hätte über Bord werfen lassen, denn die Seeleute legten nach der Art der Ungebildeten den größten Wert auf Formen und Zeremonien.
    Und nun gab es noch eine weitere Unannehmlichkeit für ihn.
    Über das unter ihm gelegene Hauptdeck bahnte sich Lady Barbara ihren Weg. Die kleine Negerin klammerte sich an ihr Kleid.
    »Ich habe doch befohlen, daß Sie drunten bleiben sollen!« schrie er ihr entgegen. »Hier oben an Deck ist kein Platz für Sie!«
    Lady Barbara blickte sich inmitten all der Geschäftigkeit um und schob dann das Kinn ein wenig vor, ehe sie antwortete.
    »Das weiß ich auch, ohne daß Sie mich darauf aufmerksam machen«, sagte sie, wurde dann aber etwas sanfter. »Ich habe nicht die Absicht, Sie zu stören, Herr Kapitän. Ich möchte mich nur in meine Kammer begeben und dort einriegeln.«
    »Ihre Kammer?!«
    Hornblower lachte. Vier Breitseiten der Natividad hatten ihre Kugeln durch jene Kammer gejagt. Irgendwie kam ihm der Gedanke der Lady Barbara, die sich dort einschließen wollte, sehr komisch vor. Er konnte sich gar nicht beruhigen, doch brach sein Lachen jählings ab, denn er merkte, es klang nach Hysterie. Er riß sich zusammen.
    »Ihre Kammer ist leider nicht mehr vorhanden. Mylady. Ich bedauere daher, daß Sie wohl oder übel wieder dorthin zurückkehren müssen, wo Sie sich bis jetzt befanden. Einen anderen Platz gibt es derzeit hier an Bord nicht für Sie.«
    Lady Barbara sah zu ihm hinauf und dachte an das Kabelgatt, das sie gerade verlassen hatte. Stockdunkel war es dort drunten, und es gab kaum Platz genug, sich auf die schleimige Ankerkette zu setzen. Quiekende Ratten waren ihr über die Füße gehuscht, während sich das Schiff wie irrsinnig hin und her warf und Hebe vor Entsetzen heulte. Der fürchterliche Lärm der Geschütze, das Pollern der zurücklaufenden und wieder ausgerannten Lafetten war bis zu ihr heruntergedrungen. Sie entsann sich des nervenzerreißenden Krachens, mit dem der Kreuzmast über Bord gefallen war, der Ungewißheit über den Verlauf des Gefechts - noch jetzt wußte sie nicht, ob es mit einem Siege oder mit einer Niederlage geendet hatte, sofern es sich überhaupt nicht nur um eine Unterbrechung handelte -, und schließlich kam noch der Gestank der Bilge hinzu, Hunger und auch Durst.
    Der Gedanke an die Rückkehr dorthin war ihr widerwärtig, aber sie beobachtete das unter der bräunlichen Haut vor Müdigkeit und Anspannung bleiche Gesicht des Kapitäns. Der überreizte Unterton seines Lachens, das so unvermittelt abbrach, war ihr ebensowenig entgangen wie sein grimmiges Bemühen, vernünftig mit ihr zu reden. An der Brust war sein Rock zerrissen, und die weißen Hosen waren - wie sie plötzlich erkannte - mit Blut besudelt. Mitleid mit ihm ergriff sie.
    Lächerlich wäre sie sich vorgekommen, hätte sie jetzt über Ratten, üble Gerüche und unbegründete Befürchtungen sprechen wollen.
    »Sehr wohl, Herr Kapitän«, sagte sie ruhig und wandte sich ab.
    Die kleine Negerin begann zu zetern, wurde aber durch derben Zugriff zur Ruhe gebracht, während Lady Barbara sie mit sich fortzog.

16. Kapitel
    »Alles klar, Sir«, meldete Bush. Die Mannschaft der Lydia hatte glänzend gearbeitet. Sämtliche Geschütze waren seefest gezurrt worden, und an Oberdeck waren fast alle Spuren des überstandenen Kampfes verschwunden. Ein über den Boden des Schiffes gezogenes Segel hatte den Wassereinbruch wesentlich verringert, so daß jetzt nur noch zwanzig Mann an den Pumpen arbeiten mußten. Überdies sank der an den Peilrohren abgelesene Wasserstand. Der Segelmacher hatte seine neuen Segel bereitliegen, der Bootsmann die Takelage, der Zimmermann das Zubehör. Schon standen Hormons Leute am Ankerspill, mit dessen Hilfe der Notmast aufgerichtet werden sollte.
    Hornblower blickte umher. Eigentlich war diese wahnsinnige Arbeitshast ganz überflüssig gewesen, denn noch immer zeigte der Sturm keine Neigung zum Abflauen, und bei der derzeitigen Windstärke wäre der Versuch, das Gefecht mit der Natividad

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