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Hornblower 05 - Der Kapitän

Hornblower 05 - Der Kapitän

Titel: Hornblower 05 - Der Kapitän Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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nachdenklich.
    »Das habe ich ebenfalls beobachtet«, antwortete Hornblower unwirsch.
    Mochte jedoch der Sturm abflauen, solange es so stockdunkel blieb, war nichts zu machen. Hornblower sah voraus, daß ihm wieder eine jener langwierigen Wartezeiten bevorstand, in der nichts unternommen werden konnte, obwohl alles bereit war. Er wußte aber, daß er wieder Gelegenheit hatte, sich als Mann zu zeigen, dessen eiserne Nerven durch nichts erschüttert werden konnten. Er gähnte ausgiebig.
    »Ich gedenke noch ein wenig zu schlafen«, sagte er möglichst gleichgültig. »Bitte sorgen Sie dafür, daß die Postenausgucke wach bleiben, Mr. Bush. Und lassen Sie mich wecken, sowie es heller wird.«
    »Aye, aye, Sir«, erwiderte der Erste Offizier, worauf Hornblower zu seinem Mantel und seinem Liegestuhl zurückkehrte. Den Rest der Nacht lag er dort. Obwohl er wach blieb, verhielt er sich doch ganz still. Die Offiziere sollten denken, er schliefe, und ihn wegen seiner Kaltblütigkeit bewundern. Seine Gedanken weilten bei seinem Gegner Crespo.
    Was beabsichtigte der Mann?
    Die Natividad war derartig schwer beschädigt worden, daß sich draußen in See schwerlich eine wirkungsvolle Instandsetzung durchführen ließ. Wahrscheinlich lief sie den Golf von Fonseca an, um dort einen neuen Fockmast und eine neue Großmarsstenge aufzubringen. Wenn die Lydia sie dort angriff, so konnte die Natividad in jenen begrenzten Gewässern ihre artilleristische Überlegenheit voll zur Geltung bringen.
    Überdies würde sie von Küstenfahrzeugen, womöglich sogar von Landbatterien unterstützt werden. Auch konnte Crespo seine Verwundeten ausbooten und die Lücken in seiner Besatzung ausfüllen. Bei dem bis zum letzten durchgeführten Entscheidungskampf konnten selbst gänzlich ungeübte Leute verwendet werden. Crespo war schlau genug, den Rückzug anzutreten, falls dieser sich als vorteilhaft erwies. Allerdings blieb es fraglich, ob er es wagen würde, nach einem ungünstig verlaufenen Gefecht el Supremo vor Augen zu treten.
    Hornblower überlegte. Immer wieder suchte er Crespos Charakter im Hinblick auf el Supremo zu beurteilen. Er erinnerte sich der Zungenfertigkeit dieses Rebellenadmirals. Der Kerl würde imstande sein, selbst el Supremo davon zu überzeugen, daß die zeitweilige Rückkehr zur Basis nur zur Durchführung eines gerissenen Planes gehörte, um die Lydia erst recht vernichten zu können. Zweifellos war es für Crespo am ratsamsten, die Bucht von Fonseca aufzusuchen. Versuchte er das, so würde er danach trachten, der Lydia aus dem Wege zu gehen. Dann... fieberhaft suchte sich Hornblower den gegenwärtigen Standort der Natividad und die weiterhin von ihr zu steuernden Kurse zu vergegenwärtigen. Infolge ihres größeren und höheren Schiffsrumpfes war sie natürlich im Verlauf der letzten Stunden erheblich stärker nach Lee abgetrieben worden als die englische Fregatte. Schon bei Beginn der Dunkelheit hatte sie weit leewärts gestanden. Die Drehung und gleichzeitige Abnahme des Windes würden es ihr bald ermöglichen, die Segel zu setzen, die ihr verkrüppelter Zustand ihr belassen hatte. Um geradenwegs den Golf ansteuern zu können, dazu wehte der Wind ausgesprochen ungünstig. Auch empfahl es sich für Crespo nicht, auf die Küste zuzuhalten, denn er mußte gewärtig sein, daß ihm die Lydia den Weg abschnitt und ihn zum Kampf stellte. Viel wahrscheinlicher war es, daß er die hohe See zu gewinnen suchte, um dann in weitem Bogen und fern der Küste zum Golf von Fonseca zu segeln. Traf die Vermutung zu, so galt es für Hornblower, den Punkt zu erraten, an dem die Natividad bei Tagesanbruch stehen mußte. Tiefer noch versenkte er sich in seine Gedankenarbeit.
    Achtmal schlug die Schiffsglocke an. Acht Glas. Vier Uhr. Er hörte, wie Gerard die Wache von Bush übernahm. Es flaute zusehends ab, wenn auch die See vorläufig nicht mitmachte.
    Hornblower stellte fest, daß es auch droben am Himmel heller wurde. Zwischen den Wolken sah er einige Sterne schimmern.
    Jetzt konnte Crespo gewiß schon Segel setzen und versuchen zu entkommen. Es wurde Zeit, zu einem Entschluß zu gelangen.
    Hornblower erhob sich aus seinem Liegestuhl und trat zum Ruder.
    »Bitte lassen Sie Segel setzen, Mr. Bush.«
    »Aye, aye, Sir.«
    Hornblower nannte den zu steuernden Kurs und wußte, daß er möglicherweise ganz falsch war, denn vielleicht stimmten seine Erwägungen durchaus nicht. Jeder von der Lydia zurückgelegte Meter Weges konnte sie von der Natividad

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