Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hornblower 05 - Der Kapitän

Hornblower 05 - Der Kapitän

Titel: Hornblower 05 - Der Kapitän Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
Vom Netzwerk:
die verhältnismäßig angenehme Kühle der vergangenen Nacht ließ die Hitze besonders stark fühlbar werden. Die Mannschaft hatte sich nach Möglichkeit schattige Plätzchen ausgesucht und machte es sich bequem. Nun da der Wind nachließ, schien das Klancklank der Pumpen lauter zu werden. Hornblower erkannte plötzlich, daß er todmüde sein würde, wenn er sich nur ein wenig in dieser Richtung gehenließ. So stand er eigensinnig auf dem Achterdeck, indessen die Sonne auf seinen Rücken brannte. Alle Augenblicke hob er das Fernglas, um zur Natividad hinüberzusehen. Bush versuchte durch Trimmen der Segel das Schwächerwerden des Windes auszugleichen.
    »Kurs halten, verdammt noch mal!« fuhr Hornblower den Steuermann an, als das in ein Wellental gleitende Schiff mit dem Bug ein wenig abfiel.
    »Verzeihen Sie, Sir, aber es geht nicht«, lautete die Antwort.
    »Wir haben nicht genug Wind.«
    Das stimmte allerdings. Die Brise reichte nicht einmal mehr für die zwei Knoten aus, die dazu nötig waren, die Lydia steuerfähig zu erhalten.
    »Wir müssen die Segel naß machen, Mr. Bush; sorgen Sie dafür«, befahl Hornblower.
    Die Hälfte der einen Wache wurde für die neue Aufgabe eingeteilt.
    Ein nasses Segel läßt natürlich weniger Luft durch als ein trockenes. Die Leute schoren Jolltaue durch die Blöcke der Rahen, heißten Seewasser nach oben und übergossen die Segel.
    Die Sonne brannte jedoch so heiß, daß die Segeltucheimer dauernd auf- und niedersteigen mußten. In das Klancklank der Pumpen mischte sich jetzt das Kreischen der Blockscheiben.
    Unter dem grellen Himmel schleppte sich die immer noch heftig arbeitende Fregatte weiter.
    »Sie schafft's nicht«, meinte Bush und deutete mit dem Daumen zur Natividad hinüber. »Mit unserem Schiff kann sie's nicht aufnehmen, und die neue Takelage da wird ihr wenig nützen.«
    Wirklich glitt der Zweidecker träge der Dünung entsprechend vorwärts und rückwärts, wobei er abwechselnd seine Breitseite und die in einer Linie stehenden Masten zeigte. Bei dem kaum spürbaren Luftzug war er außerstande, auch nur einigermaßen Kurs zu halten. Selbstzufrieden sah Bush zu dem neuen Kreuztopp hinauf und dann hinüber zu der schlingernden, keine fünf Seemeilen mehr entfernten Natividad. Die Minuten verstrichen. Nur die eintönigen Geräusche des Schiffes markierten die Zeit. Hornblower stand im sengenden Sonnenschein und fingerte an seinem Fernrohr herum. »Bei Gott, da ist die Brise wieder!« rief Bush plötzlich. Sie genügte wirklich, die Lydia ein wenig krängen zu lassen, und die Takelage gab einen leisen, harfenden Laut.
    Stetig kroch die Fregatte weiter, wobei sie immer wieder klatschend in die Dünung einstampfte. Die Natividad kam näher.
    »Bald genug wird auch sie den Wind spüren... da! Was habe ich gesagt?«
    Die Segel des ehemaligen Spaniers füllten sich, als sie von der Brise erreicht wurden. Sie steuerte wieder den alten Kurs.
    »So viel wie uns nützt es ihr nicht«, bemerkte Bush. »Gott im Himmel, wenn's nur so bleibt!«
    Der Wind schien nachlassen zu wollen, wehte dann aber von neuem. Noch eine Stunde - vielleicht auch weniger -, dann mußte man auf Schußweite an die Natividad herangekommen sein.
    »Wir sollten mit Einzelfeuer auf große Entfernung beginnen«, riet Bush, aber Hornblower nahm ihm solche Bevormundung sehr übel.
    »Mr. Bush, ich vermag die Lage auch ohne Ihre gewiß sehr scharfsinnigen Bemerkungen zu beurteilen.«
    »Ich bitte um Verzeihung«, erwiderte Bush verletzt. Einen Augenblick stieg ihm die Zornröte ins Gesicht, aber dann gewahrte er den Ausdruck der Besorgnis in Hornblowers müden Augen, und so schritt er schnell zur entgegengesetzten Reling hinüber, um seinen Ärger hinunterzuschlucken.
    Wie auf ein Stichwort begann das Großsegel mit dem Getöse eines Kanonenschusses einmal laut hin und her zu schlagen. So unvermittelt die Brise aufgekommen war, so plötzlich schlief sie auch wieder ein. Und die Natividad hielt ihren Kurs inne! Der tückische Wind half ihr dabei. Hier in den tropischen Gebieten des Stillen Ozeans konnte ein Schiff guten Wind haben, während ein anderes kaum zwei Meilen davon entfernt in eine Flaute geriet; gerade so, wie der Seegang verriet, daß der Sturm der vergangenen Nacht noch jenseits des Horizontes auf der entfernteren Seite des Golfes von Tehuantepec tobte. Nervös starrte Hornblower ins grelle Sonnenlicht. Er fürchtete, die Natividad werde ihm glatt davonlaufen. So windstill war es geworden, daß auch

Weitere Kostenlose Bücher