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Hornblower 05 - Der Kapitän

Hornblower 05 - Der Kapitän

Titel: Hornblower 05 - Der Kapitän Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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so daß er Lady Barbaras Aufforderung zu einer Partie Whist ablehnte. Das jedenfalls sollte seiner Meinung nach Eindruck auf die Dame machen. Zum wenigsten traf das für seine Offiziere zu, denn er merkte, wie Bush und Gerard einander betroffen ansahen, weil der Kommandant die Gelegenheit zu einem Spiel ausschlug.
    In seine Kammer zurückgekehrt, lauschte er dem geräuschvollen Verlauf des›Vingtetun‹, das Lady Barbara an Stelle des Whist in Vorschlag gebracht hatte. Fast wünschte er, er wäre drüben geblieben, obwohl er Vingtetun für ein Spiel hielt, an dem nur primitive Gemüter Gefallen finden konnten.
    Immerhin hatte die Einladung doch ihren Zweck erfüllt, denn fortan wich er der an Oberdeck weilenden Lady Barbara nicht mehr aus. Er brachte es fertig, mit ihr zu plaudern und mit ihr den Zustand der wenigen Verwundeten zu erörtern, die noch in der Krankenliste geführt wurden. Nach einigen solchen morgendlichen Begegnungen fiel es ihm leicht, auch während der heißen Nachmittage und der zauberhaften, vom Mondlicht erhellten Abende in ihrer Gesellschaft zu verweilen, indessen die Lydia über den tropischen leichtbewegten Ozean glitt. Er hatte sich wieder an seine abgetragenen Röcke und die schlechtsitzenden Hosen gewöhnt. Vergessen war der rachsüchtige Plan, Lady Barbara in ihre Kajüte zu verweisen.
    Vor allem aber wurde sein Geist nicht mehr so unaufhörlich von den Erinnerungen gequält. Nicht länger verfolgte ihn der Anblick des an Deck angeketteten el Supremo, des sterbenden Galbraith und des armen kleinen Clay, dessen blutiger, kopfloser Rumpf auf den Deckplanken gelegen hatte. Nun konnte er sich nicht mehr, weil ihn diese Bilder verfolgten, einen Feigling nennen.
    Wirklich, es waren glückliche Tage. Der tägliche Dienst spielte sich mit der Regelmäßigkeit eines Uhrwerks ab. Fast immer wehte wenigstens so viel Wind, daß die Lydia steuerfähig blieb, und zuweilen frischte es zur Unterbrechung der Eintönigkeit ein wenig auf. Stürme gab es nicht während dieser goldenen Zeit, die man als endlos betrachten konnte, denn unerreichbar fern schien der fünfzigste südliche Breitengrad zu liegen. Daran änderte auch die Tatsache nichts, daß die Sonne jeden Mittag etwas tiefer und das Kreuz des Südens um Mitternacht höher stand.
    Himmlisch waren die Nächte, wenn das Schiff ein langes, schwach phosphoreszierendes Kielwasser hinter sich zurückließ.
    Hornblower und Lady Barbara plauderten über alles Mögliche.
    Die Dame der großen Welt erzählte von dem leichtfertigen Ton, der am Hofe des irischen Vizekönigs in Dublin herrschte, und von den Intrigen, mit denen sich ein Generalgouverneur von Indien herumzuärgern hatte, von mittellosen französischen Emigranten, die ihre Stelle den schwerreichen Eisenbaronen Nordenglands einräumen mußten, von Lord Byrons Extravaganzen und den Dummheiten der königlichen Prinzen.
    Hornblower vermochte dem allen neidlos zuzuhören.
    Er seinerseits sprach von den heftigen Stürmen, des von felsigen Küsten gesäumten Golfes von Biskaya, oder davon, wie Admiral Pellew seine Fregatten bis in die Brandung selbst führte, um das französische Linienschiff Droitsdel'Homme samt ihrer zweitausend Mann zählenden Besatzung zu versenken.
    Von Strapazen, Grausamkeiten und Entbehrungen war die Rede.
    Ein geradezu eintönig anstrengendes Dasein spielte sich vor Lady Barbaras geistigem Auge ab. Es erschien ihr so phantastisch wie ihm das ihrige. Im Maße, wie seine Befangenheit schwand, konnte er sogar auf seine beruflichen Erwartungen zu sprechen kommen, die ihr natürlich wie die bedeutungslosen Wünsche eines Kindes vorkommen mußten, das gern ein neues Steckenpferd hätte. Sein ganzer Ehrgeiz ging dahin, zweitausend Pfund Prisengelder zusammenzubringen, die es ihm, wenn er aus dem Dienst schied, ermöglichen sollten, den Halbsold auszugleichen, die paar Morgen Land zu bewirtschaften, die zu seinem Häuschen gehörten, und sich mit Büchern zu umgeben.
    Und dennoch hörte sie ihm zu, ohne zu lächeln, und im Mondlicht zeigte ihr Gesicht sogar einen leichten Zug des Neides, denn ihre eigenen Lebenswünsche waren viel zu unklar, um sie in Worte kleiden zu können. Sie wußte selbst nicht recht, was sie wollte, erkannte aber doch, daß sie es nur dann erreichen konnte, wenn es ihr gelang, einen Mann zu finden. Daß die Tochter eines Earls einen mittellosen Fregattenkapitän beneiden konnte, berührte Hornblower, der ihren Ausdruck beobachtete, aufs tiefste. Er empfand

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