Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hornblower 05 - Der Kapitän

Hornblower 05 - Der Kapitän

Titel: Hornblower 05 - Der Kapitän Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
Vom Netzwerk:
würde.
    »Gewiß, Madame«, sagte er. »Er hat Ähnlichkeit mit Nelson.
    Er ist so sensibel, wie Nelson es war, und zwar aus dem gleichen Grunde. Er denkt in einem fort... Sie würden erstaunt sein, wenn Sie wüßten, über was er alles nachdenkt.«
    »Ich glaube kaum, daß es mich überraschen würde«, lächelte Lady Barbara. »Das liegt daran, daß Sie selbst ein nachdenkliches Gemüt haben, Madame. Ich müßte sagen, daß nur wir Dummen erstaunt sein würden. Er hat mehr Verstand als wir übrigen zusammengenommen; Sie selbst natürlich ausgenommen. Außerordentlich tüchtig ist er, das kann ich Ihnen versichern.«
    »Und ich will es gern glauben.«
    »Er ist der beste Seemann von uns allen, und was die Navigation betrifft... nun, Crystal ist ein Stümper, wenn man ihn mit dem Kommandanten vergleicht.«
    »Wirklich?«
    »Natürlich ist er zuweilen kurz angebunden, selbst mir gegenüber, aber das ist zu erwarten. Ich weiß, wie viel Sorgen er mit sich herumschleppt, und seine Körperkräfte sind nicht sehr groß. Auch darin gleicht er Nelson. Manchmal mache ich mir meine Gedanken über ihn.«
    »Sie lieben ihn.«
    »Lieben, Madame?« Bushs männlicher Charakter griff das Wort und seine gefühlvolle Bedeutung auf. Er lachte ein wenig befangen. »Wenn Sie es sagen, dann muß es wohl so sein. Ich selbst habe es mir in diesem Sinne noch gar nicht überlegt.
    Aber, daß ich ihn gern habe, gebe ich ohne weiteres zu.«
    »Das wollte ich auch bloß ausdrücken.«
    »Die Leute vergöttern ihn. Sie würden für ihn durchs Feuer gehen. Bedenken Sie, was er auf dieser Reise alles geleistet hat, und dabei kommt die Peitsche noch nicht einmal in der Woche zur Anwendung. Darin ähnelt er ebenfalls Nelson. Die Kerls lieben ihn nicht wegen seiner Taten oder wegen seiner Worte, sondern seiner Persönlichkeit wegen.«
    »In gewisser Hinsicht kann man ihn hübsch nennen«, meinte Lady Barbara; sie war weiblich genug, um solchem Gedanken Raum zu geben.
    »Nun da Sie's erwähnen, Madame, will es auch mir so scheinen. Aber unsretwegen dürfte er auch so häßlich wie die Sünde selbst sein.«
    »Selbstverständlich!«
    »Aber schüchtern ist er, Madame. Nie kommt ihm seine Tüchtigkeit zum Bewußtsein. Das ist eins der Dinge, die mich immer wieder überraschen. Sie werden es mir nicht glauben wollen, aber er hat nicht mehr Zutrauen zu sich wie... wie ich selbst, Madame, wenn ich mich so ausdrücken darf. Weniger sogar, weniger.«
    »Wie sonderbar«, meinte Lady Barbara. Sie war an das unerschütterliche Selbstbewußtsein ihrer Brüder gewöhnt, aber ihre Worte waren eigentlich nur aus Höflichkeit gesprochen worden, denn in Wirklichkeit fand sie es gar nicht so seltsam.
    »Sehen Sie, Madame«, sagte Bush plötzlich, die Stimme senkend.
    Hornblower war an Deck erschienen. Die beiden konnten sein im Mondschein bleiches Gesicht erkennen, als er nun rundum blickte, um sich davon zu überzeugen, daß alles in Ordnung war, und sie erkannten auch die Qual, die er empfand. Während der wenigen Sekunden seines Verweilens hätte man ihn für ein Gespenst halten können.
    Als er sich wieder in die Einsamkeit seiner Kajüte zurückgezogen hatte, sagte Bush nachdenklich: »Wenn ich nur wüßte, was diese Teufel mit ihm angestellt haben, als er sich an Bord des Luggers befand. Hooker, der das Boot steuerte, behauptete, er habe droben jemanden wie einen Wahnsinnigen heulen hören. Die Folterknechte! Vermutlich handelte es sich um eine ihrer Bestialitäten. Sie sehen, wie sehr es ihn erschüttert hat, Madame.«
    »Ja«, sagte Lady Barbara leise.
    »Verzeihen Sie mir meine Offenherzigkeit, aber ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie ihn ein wenig aus seinen trüben Gedanken reißen könnten. Er bedarf offenbar sehr stark der Ablenkung. Vielleicht wäre es Ihnen möglich...«
    »Ich will's versuchen«, nickte Lady Barbara, »wenn ich auch bezweifle, daß ich dort Erfolg haben kann, wo Sie selbst versagten. Kapitän Hornblower hat mich niemals sonderlich beachtet, Mr. Bush.«
    Glücklicherweise traf die formelle Einladung, die Lady Barbara durch Hebe dem Steward Polwheal überbringen ließ und die von ihm dem Kommandanten ausgehändigt wurde, Hornblower in einem Augenblick an, da er sich gerade bemühte, den auf ihm lastenden Druck abzuschütteln. Er las die Zeilen so aufmerksam, wie Lady Barbara sie niedergeschrieben hatte, und sie hatte sich große Mühe bei der Abfassung der Einladung gegeben. Hornblower nahm ihre nette kleine Bitte um Entschuldigung

Weitere Kostenlose Bücher