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Hornblower 05 - Der Kapitän

Hornblower 05 - Der Kapitän

Titel: Hornblower 05 - Der Kapitän Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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entgegen. Sie belästige ihn zwar zu einer Zeit, da er offenbar in seine Arbeit vertieft sei, doch habe sie von Mr. Bush erfahren, daß die Lydia im Begriff stehe, den Äquator zu passieren, und so sei ihr der Gedanke gekommen, ob man das Ereignis nicht durch eine kleine Feier würdigen könne. Wenn daher Herr Kapitän Hornblower der Lady Barbara das Vergnügen machen wolle, mit ihr zu speisen, und wenn er zudem einen Offizier namhaft machen wolle, dessen Hinzuziehung er für angebracht erachte, so würde sie - Lady Barbara - sich außerordentlich freuen. Hornblower antwortete schriftlich, daß er der gütigen Einladung bereitwilligst Folge leisten werde. Lady Barbara möge ganz nach Gutdünken noch einen anderen Offizier auffordern.
    Und dennoch bereitete ihm die Rückkehr zum geselligen Leben keine ungemischte Freude. Hornblower war von jeher arm gewesen, und damals, als er das Kommando der Lydia übernahm, wußte er nicht mehr aus noch ein, wie er die nötigen Existenzmittel für seine zurückbleibende Frau aufbringen sollte.
    Dadurch wiederum hatte er sich außerstande gesehen, sich selbst hinreichend auszurüsten, so daß nun nach dem Verlauf so vieler Monate seine Garderobe im Zustand gänzlichen Verfalls war.
    Keiner seiner Röcke war ungeflickt. Die blind und unansehnlich gewordenen Epauletten verrieten, daß sie ihr Dasein in nur oberflächlich vergoldetem Zustand begonnen hatten. Die Dreimaster waren Ruinen. Hornblower besaß weder Hosen noch Wadenstrümpfe mehr, die sich hätten sehen lassen können, und die einstmals weißen Halstücher konnten in ihrer Zerschlissenheit nicht mehr für Seide genommen werden. Nur der Degen im Werte von fünfzig Guineern behielt sein gutes Aussehen bei, doch konnte ihn Hornblower nicht gut zum Diner tragen. Er war sich dessen bewußt, daß seine an Bord angefertigten weißen Hosen nicht den eleganten Schnitt aufwiesen, an den Lady Barbara gewöhnt war. Er sah schäbig aus und fühlte sich dementsprechend schäbig. Als er sich in dem kleinen Spiegel betrachtete, gewann er die Überzeugung, daß Lady Barbara über seine Erscheinung die Nase rümpfen würde.
    In sein braungelocktes Haar mischten sich graue Streifen, und als er den Scheitel festlegte, entdeckte er zu seinem Entsetzen, daß er eine richtige Glatze bekam. Der Haarausfall hatte in letzter Zeit unerhört schnelle Fortschritte gemacht. Voller Mißfallen betrachtete er sein Spiegelbild, und doch würde er gern den Rest seines Schopfes für ein Ordensband oder einen Stern geopfert haben, mit dem er Lady Barbara gegenüber hätte Eindruck machen können. Aber schließlich wäre auch das nutzlos gewesen, denn Lady Barbara hatte ihr ganzes Dasein im Bereich des Hosenband- und des Andreasordens zugebracht; das aber waren Auszeichnungen, die zu erhalten er nie erwarten durfte.
    Schon war er drauf und dran, seine Zusage zur Einladung zu widerrufen, als ihm einfiel, daß Polwheal nach all diesen umständlichen Vorbereitungen den Grund der Absage erkennen und ihn samt seinem schäbigen Aussehen heimlich verspotten würde. Er begab sich also zum Diner und rächte sich auf seine Weise dadurch, daß er wortkarg und zerstreut am Ehrenplatz der Tafel saß und mit seiner düsteren Gegenwart jeden Versuch, eine zwanglose Unterhaltung in Gang zu bringen, vereitelte. Das Mahl begann in frostiger, ungemütlicher Stimmung. Es war eine sehr kümmerliche Rache, aber eine gewisse Befriedigung empfand Hornblower doch, als er Lady Barbaras auf ihn gerichteten und besorgten Blick auffing. Schließlich wurde er aber auch dieses Trostes beraubt, denn plötzlich lächelte sie und begann eine leichte Unterhaltung, wobei sie Bush veranlaßte, ihr seine persönlichen Erlebnisse von Trafalgar zu erzählen.
    Hornblower wußte, daß sie die Geschichte zum mindesten schon zweimal gehört hatte.
    Jedenfalls aber wurde die Unterhaltung allgemein und angeregt, denn Gerard fiel es nicht ein, Bush allein zu Wort kommen zu lassen, und so mußte er die Erzählung seines Zusammentreffens mit einem algerischen Seeräuber zum besten geben. Die Sache lag schon weit zurück. Gerard hatte sie erlebt, als er noch im Sklavenhandel tätig gewesen war. Hornblower aber hielt es nun nicht länger aus, schweigend und teilnahmslos abseits zu bleiben. Fast gegen seinen Willen sah er sich ins Gespräch gezogen, das immer lebhaftere Formen annahm. Erst nach der Beendigung der Mahlzeit und nachdem er auf die Gesundheit des Königs getrunken hatte, faßte er sich einigermaßen,

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