Hornblower 08 - Der Kommodore
ihn kam nur ein Mann in Frage, und den wollte er haben.
»Ich möchte Bush«, sagte er, »wenn ich ihn bekommen kann.«
»Dem steht nichts im Wege«, meinte Louis und nickte zustimmend. »Ich habe mir schon gedacht, daß Sie ihn anfordern würden. Ob ihn sein Holzbein nicht zu sehr behindern wird? Wie denken Sie darüber?«
»Das glaube ich auf keinen Fall«, gab Hornblower zur Antwort. Es wäre ihm höchst lästig gewesen, mit einem anderen Kommandanten als Bush in See zu gehen.
»Gut, das wäre also erledigt«, sagte Louis und warf dabei einen Blick auf die Wanduhr. »Wenn Sie nichts dagegen haben, gehen wir jetzt gleich zum Hochmögenden hinüber.«
3. Kapitel
Hornblower saß in seinem Wohnzimmer im ›Goldenen Kreuz‹ . Ein gutes Feuer prasselte im Kamin, und auf dem Tisch, an dem er saß, standen nicht weniger als vier Leuchter mit brennenden Wachskerzen. Dieser ganze Luxus, das Appartement mit dem eigenen Wohnzimmer, das Feuer, die Wachskerzen, schmeckte Hornblower immer noch wie eine verbotene Frucht. Er war so lange arm gewesen, hatte sein ganzes Leben lang so genau rechnen, so ängstlich sparen müssen, daß jede Großzügigkeit im Geldausgeben eine seltsam zwiespältige Empfindung in ihm weckte, die aus Freude und Schuldbewußtsein gemischt war. Morgen stand sicher mindestens eine halbe Krone allein für Licht auf seiner Rechnung. Hätte er sich mit einer gewöhnlichen Talgfunzel begnügt, dann wäre er mit zwei Pennies ausgekommen. Auch das Feuer kostete mindestens einen Schilling. Außerdem konnte man sich darauf verlassen, daß diese Wirte alles nahmen, was sie bekommen konnten, wenn sie einen sichtlich gutgestellten Gast vor sich hatten, einen Ritter des Bath-Ordens, der mit Diener reiste und einen eigenen Zweispänner besaß. Es war vorauszusehen, daß der Betrag der Rechnung morgen näher bei zwei Guineen lag als bei einer. Hornblower fühlte nach seiner Brusttasche, um sich zu vergewissern, ob der dicke Packen Pfundnoten noch da war, der dort steckte. Er konnte es sich ja auch leisten, täglich zwei Guineen auszugeben. Beruhigt beugte er sich wieder über die Notizen, die er während der Unterredung mit dem Staatssekretär des Auswärtigen gemacht hatte. Sie waren ohne Ordnung oder System, Wellesley hatte einen Punkt nach dem anderen erwähnt, wie ihm die Dinge einfielen, und er hatte die Punkte alle der Reihe nach aufgeschrieben. Offenbar wußte im Augenblick nicht einmal das Kabinett, ob die Russen gegen Bonaparte zu Felde ziehen würden oder nicht. Nein, so war es falsch ausgedrückt. Man mußte den Satz umdrehen:
Niemand wußte, ob Bonaparte gegen Rußland zu Felde ziehen würde oder nicht. Bei aller feindseligen Stimmung gegen die Franzosen, so bitter diese Gefühle auch allem Anschein nach waren, dachte der Zar nicht daran zu kämpfen, wenn er nicht mußte, das hieß, wenn Bonaparte ihn nicht angriff. Es war sogar anzunehmen, daß er sich auf alle möglichen Zugeständnisse einließ, wenn er den Kampf vermeiden konnte. Das galt wenigstens für den Augenblick, solange er noch im Begriff stand, seine Armee aufzubauen und von Grund auf neu zu organisieren.
»Eigentlich kann man sich schwer vorstellen, daß Boney so verrückt sein sollte, einen Zusammenstoß zu provozieren«, hatte Wellesley gesagt, »da er doch so ziemlich alles, was er will, kampflos bekommen kann.« Wenn es aber doch zum Krieg kam, dann war es natürlich wichtig, daß England in der Ostsee mit ausreichenden Seestreitkräften vertreten war. »Gesetzt den Fall, es gelingt Boney, Alexander aus Rußland zu verjagen, dann sollten wir ihn aufnehmen«, sagte Wellesley. »Wir haben dann immer eine nützliche Verwendung für ihn.«
Diese Fürsten im Exil wirkten wie Galionsfiguren, sie waren zum mindesten nützliche Wahrzeichen oder Richtpunkte für alle Widerstandsaktionen, die auch in den von Bonaparte überrannten Ländern nicht zum Schweigen kamen. Im Lauf der Zeit hatte England schon die Herrscher Siziliens, Sardiniens, der Niederlande, Portugals und Hessens unter seine schützenden Fittiche genommen, sie alle bewirkten, daß in der Brust ihrer früheren Untertanen, die nun unter den Fußtritten des Tyrannen stöhnten, der Funke der Hoffnung nicht erlosch.
»Sehr viel hängt von Schweden ab«, lautete eine andere Bemerkung Wellesleys. »Niemand kann erraten, was Bernadotte im Sinn hat. Die Eroberung Finnlands durch die Russen hat überdies in Schweden viel böses Blut gemacht. Wir versuchen jetzt, ihnen klarzumachen, daß
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