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Hornblower 08 - Der Kommodore

Hornblower 08 - Der Kommodore

Titel: Hornblower 08 - Der Kommodore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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aber Hornblower wollte gar nicht hören, was er sagte. Er wollte nichts als weiter, näher an die Preußen heran. Die Pferde der anderen folgten dem Beispiel des seinigen, und so bewegte sich die ganze Gruppe auf der Straße immer weiter nach vorn. Essen hörte dem General so aufmerksam zu, daß er nur halb auf die Bewegung seines Pferdes achtete. Erst als eine Kanonenkugel herangeheult kam und dicht neben ihm, Schnee und Erde nach allen Seiten spritzend, am Wegrand einschlug, schreckte er aus seinen Überlegungen auf. »Was für ein Unsinn!« rief er. »Wir wollen uns doch nicht totschießen lassen!«
    Aber Hornblower starrte nur hinüber auf die preußischen Truppen, auf das Glitzern der Bajonette und auf die Fahnen, die sich schwarz gegen den Schnee abhoben.
    »Ich will zu den Preußen hinüber«, sagte er.
    Die Antwort Essens ging in dem Donner der Salve unter, die in diesem Augenblick von der in der Nähe aufgefahrenen Batterie abgefeuert wurde. Es war jedoch leicht zu erraten, was er gesagt hatte.
    »Ich gehe auf jeden Fall«, sagte Hornblower mit verbissenem Ton. Dann sah er sich um und begegnete dem Blick Clausewitz'.
    »Kommen Sie mit, Herr Oberst?«
    »Ausgeschlossen«, protestierte Essen. »Er darf sich nicht der Gefahr aussetzen, drüben festgehalten zu werden.«
    Das war zweifellos richtig. Clausewitz war ein Überläufer, war ein Mann, der gegen sein eigenes Vaterland kämpfte.
    Nahmen ihn die Preußen fest, dann stand ihm wahrscheinlich der Strick in Aussicht.
    »Es wäre aber besser, wenn er mitkäme«, sagte Hornblower hölzern. Körperliches Elend und hellsichtige Klarheit des Geistes paarten sich jetzt bei ihm zu einem seltsamen Zustand.
    »Gut, ich begleite den Kommodore«, sagte Clausewitz plötzlich. Das war vielleicht die tapferste Entscheidung seines Lebens. Vielleicht riß ihn die Kühnheit Hornblowers mit, der wie unter einem Zwang zu handeln schien. Essen konnte über den Wahnsinn, der die beiden befallen hatte, nur die Achseln zucken.
    »Tun Sie, was Sie nicht lassen können«, sagte er. »Vielleicht gelingt es mir, so viele Generäle gefangenzunehmen, daß ich Sie wieder austauschen kann.« Sie trabten langsam weiter hügelan.
    Hornblower hörte noch, wie Essen dem Batteriechef den Befehl zum Feuereinstellen zuschrie. Dann sah er sich um. Brown folgte ihnen in einem achtungsvollen Abstand von fünf Pferdelängen. Ihr Weg führte sie dicht an ein paar der leichten Kosakenreiter vorbei, die ihnen neugierig mit den Blicken folgten, dann waren sie auch schon zwischen den preußischen Plänklern, die aus der Deckung von Sträuchern und Unebenheiten des Geländes die Kosaken auf große Entfernung unter Feuer hielten. Beherzt ritten sie weiter, es fiel kein Schuß auf sie. Ein preußischer Hauptmann, der am Straßenrand hielt, grüßte, und Clausewitz erwiderte seinen Gruß. Dicht hinter der Vorpostenlinie trafen sie dann auf den ersten geschlossenen Truppenkörper, ein preußisches Infanterieregiment in einzelnen, aus mehreren Kompanien bestehenden Bataillonskolonnen.
    Zwei Bataillone hielten auf der einen Seite der Straße, das dritte auf der anderen. Der Oberst stand mit seinem Stabe auf der Straße selbst und starrte verwundert auf das merkwürdige Trio, das da auf ihn zukam, den englischen Seeoffizier in Blau und Gold, Clausewitz in seiner russischen Uniform mit der Ordensschnalle auf der Brust und dazu den englischen Seemann mit Entermesser und einem Paar Pistolen am Koppel. Als sie näher kamen, stellte der Oberst mit lauter, sachlicher Stimme eine Frage. Clausewitz gab Antwort und zügelte gleichzeitig sein Pferd.
    »Sagen Sie ihm, daß wir ihren Befehlshaber sprechen müssen«, sagte Hornblower auf französisch zu Clausewitz.
    Nun folgte ein rascher Austausch von Fragen und Antworten zwischen Clausewitz und dem Oberst, der damit endete, daß dieser ein paar berittene Offiziere heranrief - es dürften sein Adjutant und zwei Majore gewesen sein -, die sie auf ihrem Weiterritt begleiten sollten. Sie kamen wieder an einem großen, geschlossenen Infanterieverband vorbei und sahen eine Linie feuerbereit aufgefahrener Geschütze. Dann gelangten sie zu einer Reitergruppe, die neben der Straße hielt. Helmbüsche, gestickte Tressen, Orden und eine Anzahl berittener Ordonnanzen deuteten darauf hin, daß sie den Stab eines Generals vor sich hatten. Hornblower fand den Befehlshaber schnell heraus - das war also Yorck, er erinnerte sich seines Namens. Yorck hatte Clausewitz auf den ersten Blick

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