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Hornblower 08 - Der Kommodore

Hornblower 08 - Der Kommodore

Titel: Hornblower 08 - Der Kommodore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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sind Ihre Handschuhe, Sir.«
    Trotz der Finsternis hüllte ihn Brown geschickt so in die Decke, daß sie der darübergezogene Mantel auf den Schultern festhielt. Bei Tage hätte das natürlich unmöglich ausgesehen, aber Gott sei Dank war es ja einstweilen noch immer stockdunkel. Hornblower zitterte vor Kälte und stampfte mit seinen eisigen Füßen auf den Boden, um sie etwas zu erwärmen.
    »Wie lange soll das noch dauern, bis Ihre Leute endlich angreifen?« brummte Essen. »Schicken Sie zu Ihrem Brigadekommandeur hinunter und bestellen Sie ihm, ich würde ihn kassieren lassen, wenn er nicht sofort seine Leute zusammenzöge und vorginge.«
    Nun folgte eine lange eisige Wartezeit, endlich zuckten in der Dunkelheit ein paar winzige Flämmchen auf, das waren Musketenschüsse in der Gegend des zweiten Parallelgrabens.
    Essen sagte nichts als: »Ha!«
    Wieder hieß es warten und warten, bis der erste Melder erschien. Die Ausfalltruppen hatten die vorgeschobenen Gräben, abgesehen von ein paar Posten, verlassen gefunden und gingen jetzt durch Schnee und Dunkelheit in Richtung auf das Hauptlager weiter vor.
    »Sie ziehen also ab«, sagte Essen. »Zwei Stunden vor Tagesanbruch soll die gesamte Reiterei aufgesessen sein. Ich will bei Hellwerden über ihre Nachhut herfallen. Außerdem sollen alle verfügbaren Truppen sofort auf das diesseitige Dünaufer übersetzen. Und nun um Himmels willen ein Glas Tee!« Hornblower wärmte sich an dem Feuer, das auf dem Steinboden der Kirche brannte, und schlürfte mit klappernden Zähnen seinen heißen Tee. Er staunte über die eisernen Naturen der Männer um ihn her, denen man nichts von Müdigkeit und kaum etwas von der verdammten Kälte anmerkte. Er selbst war so durchgefroren, daß ihm die Möglichkeit, sich auf den Strohbündeln, die man neben dem Hochaltar ausgelegt hatte, ein paar Stunden auszuruhen, nicht viel Erholung bot.
    Merkwürdigerweise war er zu müde, um schlafen zu können.
    Essen dagegen schnarchte wie ein Vulkan, bis ihn ein Adjutant wach rüttelte. Als die Pferde für den ganzen Stab an der Kirchentür vorgeführt wurden, war es draußen immer noch dunkel und kälter als je. »Ich glaube, es ist besser, wenn ich mitkomme, Sir«, sagte Brown. »Ich habe mir einen Gaul besorgt.«
    Hornblower konnte sich nicht vorstellen, wie der gute Brown das fertiggebracht hatte, da er doch kein Wort Russisch sprechen konnte. Reiten mochte er damals in Smallbridge gelernt haben - ja, damals, wie lange schien das heute her zu sein. Langsam bewegte sich die Kavalkade durch die Nacht in Richtung auf die Mitauer Vorstadt, die Pferde rutschten und stolperten im Schnee, und Hornblower dachte mit Bedauern an die zurückgelassene Decke, denn jetzt, im schwachen Dämmerlicht des grauenden Tages, war die Kälte noch schneidender als zuvor. Plötzlich hörte man weit voraus einen dumpfen Knall, dann noch einen und noch einen - das waren Feldgeschütze, aber in großer Entfernung.
    »Diebitsch hat ihre Nachhut gefaßt!« rief Essen. »Das ist ausgezeichnet!« Als sie bei den verlassenen Belagerungswerken ankamen, war es schon hell genug, daß sie das traurige Bild ihrer Umgebung in sich aufzunehmen vermochten. Sie warfen einen Blick in die Gräben, in denen überall verstreutes Gerät umherlag, da waren auch die Batterien mit den zertrümmerten Belagerungsgeschützen, die wie trunken hinter ihren Schießscharten standen, und hier lag ein totes Pferd, den Leib unter einem Bahrtuch von Schnee, die Beine steif zum grauen Himmel gereckt. Und dann kam das Hauptlager, Reihen und Reihen winziger Hütten, die meist nur zwei bis drei Fuß hoch waren, und davor die kalten Feuerstellen, deren Reste schon der Schnee bedeckte. Vor einer Hütte, die etwas größer war als die anderen, lag mit dem Gesicht zur Erde ein Soldat in dem grauen Kapuzenmantel der französischen Armee. Da er seine Beine bewegte, war er offenbar nicht tot.
    »Ist denn hier überhaupt gekämpft worden?« meinte Essen verwundert. Der Mann hatte anscheinend auch kein Blut verloren. Da stieg irgend jemand aus dem Stabe ab und drehte ihn um. Sein Gesicht war über und über mit himbeerfarbenen Pusteln gefleckt, seine Augen standen zwar offen, schienen aber nichts zu sehen.
    »Schnell fort!« schrie plötzlich einer der Adjutanten. »Das ist die Seuche!« Alle zogen sich hastig von dem Sterbenden zurück, aber sie mußten bald entdecken, daß sie überall von der Seuche umgeben waren. Eine der Hütten war voll von Toten, in einer anderen

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