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Hornblower 08 - Der Kommodore

Hornblower 08 - Der Kommodore

Titel: Hornblower 08 - Der Kommodore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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lagen Sterbende dicht nebeneinander. Essen setzte sein Pferd in Trab, und der Trupp entfernte sich klappernd und klirrend aus dieser unheimlichen Umgebung.
    »Bei uns ist sie auch schon«, bemerkte Essen zu Hornblower.
    »Kladow hatte vor zwei Tagen in seiner Division zehn Fälle.«
    Kaum hatte die Invasionsarmee ihren Rückzug angetreten, da begann bereits die unerbittliche Auslese. Der Schwache blieb hoffnungslos zurück. Tote, Kranke, Sterbende lagen am Rand der Straße, der sie nun folgten, obgleich hier überhaupt nicht gekämpft worden war. Diebitsch an der Spitze der Verfolger ging nämlich viel weiter links, auf der Mitauer Straße, vor, und dort hörte man auch immer noch zeitweise Geschützfeuer.
    Erst als sie den Punkt erreichten, wo ihre Straße in die Hauptchaussee einmündete, begannen die ersten Spuren wirklicher Kämpfe, fanden sie gefallene und verwundete Russen, Franzosen oder Deutsche. Hier war offenbar die russische Vorhut auf die feindliche Nachhut gestoßen. Dann holten sie die russischen Kolonnen ein, die mit kräftigem Marschtritt dahinzogen, und trabten an ihnen entlang nach vorn.
    Die Marschsäule schien kein Ende zu nehmen, erst kam eine Division, dann noch eine. Die Anstrengung hatte die Männer verstummen lassen, es war kein Kinderspiel, bepackt mit dem schweren Tornister stundenlang zu marschieren, so schnell einen die Beine trugen. Kein Wunder, daß die ersten zehn Meilen dieses Eilmarsches die Begeisterung des Sieges erheblich gedämpft hatten.
    »Macdonald hat sich geschickt von uns gelöst«, sagte Clausewitz, »allerdings hat er seine Kranken und seine schwere Artillerie dabei im Stich gelassen. Ich bin nur gespannt, wie lange er dieses Tempo durchhalten kann.« Hornblower war nicht in der Verfassung, sich an dem Meinungsaustausch über diese Frage zu beteiligen. Er war so müde und fühlte sich so elend, daß er für das äußere Geschehen nicht mehr viel Interesse aufbrachte. Zu allem anderen hatte er sich jetzt auch noch aufgeritten. Aber er mußte seiner Regierung auf jeden Fall melden können, daß er der fliehenden Armee auf ihrem Weg nach Deutschland mindestens einen, besser noch zwei oder drei Tagemärsche gefolgt war. Außerdem gab es noch einen anderen Grund, der ihn dazu bestimmte, diese Verfolgung mitzumachen: Er wollte unter allen Umständen die Preußen einholen, das wollte er, und wenn es das letzte war, was ihm das Schicksal zu tun vorbehielt. - Sonderbar, daß ihn das Gefühl nicht loslassen wollte, dies sei die letzte Aufgabe seines Lebens. Er war schon ganz schwindlig im Kopf, und der Gedanke, Brown dort hinten bei den Ordonnanzen zu wissen, hatte jetzt etwas wunderbar Beruhigendes für ihn. Ein Melder brachte die letzten Nachrichten von der Vorhut. Hornblower hörte wie im Traume zu, als Clausewitz ihren Inhalt bekanntgab. »Die Preußen haben an der Straßengabelung weiter vorn Front gemacht«, sagte er.
    »Sie decken den Rückzug, während die anderen beiden Armeekorps auf den beiden Straßen weitermarschieren.«
    Seltsam, genau diese Nachricht hatte er erwartet, sie klang ihm wie etwas längst Bekanntes, das man noch einmal erzählen hört.
    »Die Preußen!« sagte er und spornte dabei, ohne es zu wollen, sein Pferd, als hätte er den Wunsch, schneller nach vorn zu gelangen, dorthin, wo jetzt dumpfer Kanonendonner von dem Widerstand der Preußen gegen die russische Vorhut Kunde gab.
    Inzwischen hatte der Stab endlich die Infanterie des Gros hinter sich gelassen und trabte wieder allein auf der zerfurchten Straße, die nun durch dichten, schwarzen Nadelwald führte. Jenseits des Waldes begann wieder einsames, offenes Land, vorn zog sich ein niederer Höhenrücken quer über das Blickfeld, und die Straße führte über ihn hinweg. Hier hielt rechts und links der Straße je eine Brigade der russischen Vorhut. Daneben war eine Batterie aufgefahren und feuerte. Oben auf der Kuppe erkannte man die preußischen Infanteriekolonnen als schwarze Rechtecke auf grauem Hintergrund. Rechter Hand stapfte eine grau uniformierte russische Abteilung quer über Feld, um der gegnerischen Stellung die Flanke abzugewinnen, und zwischen Freund und Feind trabten auf ihren struppigen Ponys russische Reiter - Kosaken - allein oder zu zweien mit senkrecht gehaltener Lanze durch das Gelände. In diesem Augenblick brach die Sonne durch die Wolken, und in ihren wässerigen Strahlen erschien die düstere Landschaft nur noch düsterer. Ein General trabte heran, um Essen Meldung zu machen,

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