Hornblower 08 - Der Kommodore
haben Sie nach Skagen ja achterlichen Wind.«
Das nannte man also hier in England militärisches Geheimnis!
Dieser Schmuggler hier aus Deal war offenbar genau im Bilde, welche Streitkräfte ihm unterstanden und was sein Ziel war.
Man konnte ruhig annehmen, daß er vielleicht schon morgen irgendwo mitten im Kanal einen französischen Fischer traf, um mit ihm Tabak gegen Schnaps und Nachrichten gegen Nachrichten auszutauschen. Dann wußte Bonaparte in Paris in drei Tagen, daß Hornblower mit einem Linienschiff und einem Verband kleinerer Fahrzeuge in die Ostsee ausgelaufen war.
»Vorsicht da mit den Kisten!« schrie der Loggerkapitän plötzlich. »Die Flaschen sind nicht aus Eisen!«
Seine Leute waren gerade dabei, die letzten Kisten des Gepäcks von der Mole an Bord des Loggers zu geben, es waren die zusätzlichen Kajütvorräte, die Barbara selbst für ihn bestellt und deren Qualität sie sorgfältig geprüft hatte: eine Kiste Wein und eine Kiste Dauerproviant. Dazu kam noch, als ihr ganz persönliches Geschenk für ihn, ein Bücherpaket.
»Wollen Sie nicht lieber in der Kajüte Platz nehmen, Mylady?« fragte der Loggerkapitän mit einer schwerfälligen und ungeschliffenen Höflichkeit, die sich wunderlich ausnahm. »Es wird eine nasse Fahrt geben zur Nonsuch hinaus.«
Barbara fing Hornblowers Blick auf und lehnte das Angebot mit gleicher Höflichkeit ab. Hornblower kannte diese stickigen, übelriechenden, kleinen Kabuffs zur Genüge.
»Dann müssen Mylady aber mindestens eine Persenning umhängen.«
Die Persenning wurde gebracht und Barbara über die Schultern gehängt. Die schwere, steife Leinwand, die ringsum bis zum Deck reichte, hüllte sie ein wie ein Löschhörnchen.
Immer noch suchte der Wind ihr den Hut zu entführen. Da hob sie die Hand, riß ihn mit einer einzigen, raschen Bewegung vom Kopf und barg ihn unter der Persenning. Sofort zauste der Wind einzelne Strähnen aus ihrer Frisur, sie aber lachte nur dazu und befreite mit einem Ruck ihres Kopfes ihre ganze blonde Mähne.
Ihre Wangen röteten sich, ihre Augen sprühten. So, fand Hornblower, genauso hatte sie damals ausgesehen, als sie beide auf der Lydia zusammen um Kap Hoorn gesegelt waren.
Brennend gern hätte er sie jetzt wieder abgeküßt.
»Los vorn! Heiß Großsegel!« brüllte der Kapitän, während er achteraus kam, und stemmte sich dann mit der Hüfte gegen die Ruderpinne. Die Mannschaft holte die Talje des Falls, und das Großsegel stieg entsprechend Fuß um Fuß am Mast empor.
Unterdes war der Logger von der Pier losgeworfen worden und sackte langsam achteraus. »Los jetzt, George, hol die Großschot!«
Der Kapitän legte die Pinne hart über, der Logger kam zum Stehen, fiel auf der Stelle ab und nahm dann gleich Fahrt voraus auf, gehorsam wie ein Pferd in der Hand eines geschickten Reiters. Als er aus dem Lee der Mole freikam, packte ihn der Wind und legte ihn hart über. Aber der Kapitän ließ ihn luven, und zugleich holte George achtern die Schot an, bis das Segel stand wie ein Brett. Nun ging es mit dichten Schoten - für jeden, der diese Fahrzeuge nicht kannte, waren sie geradezu aufregend dicht geholt - gegen an, dem Sturm in die Zähne, so daß massive Spritzer von Backbord vorn über das ganze Fahrzeug nach achtern jagten. Der Seegang war selbst hier in den geschützten Downs stark genug, daß der Logger recht lebendig wurde.
Einsetzen und überholen lösten einander ab, während eine See nach der anderen von Backbord vorn nach Steuerbord achtern unter ihm durchlief. Plötzlich fiel Hornblower ein, daß er ja nun von Rechts wegen seekrank werden mußte, wußte er doch, daß ihn dieses lästige Übel bis jetzt zu Beginn jeder Reise befallen hatte. Außerdem gab es kein besseres Mittel, seine Anfälligkeit sofort ans Licht zu bringen, als gerade diesen Logger mit seinen munteren Bocksprüngen. Um so erstaunlicher fand er es, als diesmal nichts dergleichen geschah. Zu seiner größten Verblüffung konnte er ruhig mit ansehen, wie die Kimm auf und abtanzte, so daß sie einmal hoch über dem Bug stand und dann wieder, so oft der Logger sich auf das Heck setzte, in die Tiefe verschwand, ohne daß es ihm dabei den Magen hob. Weniger überraschend war es, daß er auch seine Seebeine behalten hatte, denn nach zwanzig Jahren Seefahrt waren die nicht mehr so leicht zu verlieren. Er verstand es noch gut, sich im Stehen geschickt den raschen Bewegungen des kleinen Fahrzeugs anzupassen. Auch sonst hatte er seine Seebeine nur dann
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