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Hornblower 08 - Der Kommodore

Hornblower 08 - Der Kommodore

Titel: Hornblower 08 - Der Kommodore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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ihm ein wenig der Atem.
    Er mußte daran denken, daß die nächsten paar Stunden den Ablauf des Weltgeschehens vielleicht auf Jahre hinaus entscheidend beeinflussen konnten.
    Die Pfiffe der Bootsmannsmaaten schrillten durch das Schiff, die Besatzung trat in Musterungsdivisionen an, und die Offiziere standen mit Epauletten und Säbeln vor der Front. Hornblower stand an der Querreling seines Achterdecks und sah auf seine Männer hinunter. Britische Seeleute in Paradeaufstellung konnten natürlich, was Straffheit und Einheitlichkeit anbetraf, niemals die preußische Garde ausstechen. Wollte man sie nach deren Beispiel erziehen, dann mußte man ihnen genau die Eigenschaften austreiben, die ihnen ihren hohen Wert verliehen.
    Allein diese Reihen kluger, selbstbewußter Gesichter, die hier standen, mußten auch so, wie sie waren, auf jeden denkenden Menschen einen nachhaltigen Eindruck machen. »Leg aus!« kommandierte Bush.
    Wieder trillerten die Pfeifen, dann enterten die Toppsgasten wie ein regelmäßiger, bergauffließender Strom die Wanten empor, sie stoppten auch nicht ab, als es nach unten hängend über die Püttings ging, und stiegen, alles geübte Athleten, Hand über Hand weiter in die Bramwanten. Zuletzt liefen sie wie Seiltänzer an den Handpferden auf die Rahen hinaus und standen dort unbeweglich, sobald sie ihren Platz erreicht hatten.
    Als Hornblower dieses Schauspiel beobachtete, erlebte er einen Widerstreit der verschiedensten Empfindungen. Im ersten Augenblick kam es ihm unwürdig vor, daß seine Männer, die Auslese der englischen Marine, hier zur Belustigung eines asiatischen Despoten wie Tanzbären ihre Kunststückchen vorführen mußten. Als aber dann jeder Mann auf seinem Platz stand, als wäre ein vom Wind hochgewirbelter Haufen dürrer Blätter mitten auf der Luftreise in vollendeter Ordnung erstarrt, da stellte die ästhetische Befriedigung über diesen Anblick alle Einwände eines empfindlichen Selbstbewußtseins in den Schatten. Hoffentlich war Alexander vernünftig genug, um angesichts dieser Vorführung die Überzeugung zu gewinnen, daß man von solchen Männern in jeder Lage alles verlangen konnte, daß sie in dunkler Nacht, bei heulendem Sturm und tobender See, wenn das Bugspriet gen Himmel ragte und die Rahnocken sich tief dem unsichtbaren Gischt entgegenneigten, dort oben genauso sicher und unerschrocken ihre Pflicht taten wie in diesem Augenblick. Der Bootsmann spähte verstohlen über die Steuerbordreling und gab nun mit dem Kopf ein kaum merkliches Zeichen. Eine Anzahl Offiziere kam hintereinander die Fallreepstreppe herauf. Die Bootsmannsmaaten setzten ihre Pfeifen an die Lippen, der Tambourmajor der Seesoldaten schnalzte im Stillgestanden mit den Fingern der an der Hosennaht liegenden Hand, worauf die sechs Trommler den ersten dröhnenden Wirbel schlugen.
    »Präsentiert das Gewehr!« kommandierte Hauptmann Norman, und die fünfzig Gewehre der Seesoldaten mit fünfzig aufgepflanzten Bajonetten wurden von fünfzig scharlachroten Schultern gerissen und kamen genau vor fünfzig Reihen blankgeputzter Knöpfe zu stehen, während die gezogenen Säbel ihrer drei Offiziere sich in graziösem Bogen zum militärischen Gruß senkten. Alexander betrat, gefolgt von zwei Adjutanten, langsamen Schrittes das Deck; neben ihm ging der Marineminister, dem diese Begrüßung offiziell zugedacht war.
    Er grüßte mit der Hand am Hut, während die Pfeifen mit einem letzten Schnepper erstarben, die Trommeln ihren vierten Wirbel beendeten, während vom Vorschiff her der erste Schuß des Saluts donnerte und die Pfeifer und Trommler der Seesoldaten ihr ›Eichenfest sind unsere Schiffe‹ spielten. Hornblower trat grüßend vor.
    »Guten Morgen, Kommodore«, sagte der Marineminister.
    »Gestatten Sie mir, daß ich Sie Monsieur le Comte du Nord vorstelle.« Wieder grüßte Hornblower und bemühte sich dabei nach Kräften, gleichgültig dreinzusehen, obwohl er sich, angesichts dieser seltsamen Vorliebe Alexanders für das Inkognito, zwingen mußte, ein Lächeln zu unterdrücken.
    »Guten Morgen, Kommodore«, sagte Alexander. Hornblower hörte überrascht, daß er einigermaßen englisch sprach.
    »Ich hoffe, unser kurzer Besuch bereitet Ihnen nicht zu viele Ungelegenheiten.«
    »Jedenfalls stehen sie in keinem Verhältnis zu der Ehre, die Sie damit meinem Schiff erweisen, Sir«, sagte Hornblower und war sich dabei im unklaren, ob die Anrede ›Sir‹ für einen Zaren inkognito wohl die richtige sei. »Bitte,

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