Hornblower 08 - Der Kommodore
stellen Sie Ihre Offiziere vor«, sagte Alexander. Hornblower ließ einen nach dem anderen vortreten, sie grüßten und verbeugten sich so steif und gezwungen, wie es von jungen Offizieren, die sich dem Zaren aller Reußen gegenübersahen, nicht anders zu erwarten war, vor allem dann nicht, wenn dieser Zar auch noch inkognito erschien.
»Sie können jetzt mit den Vorbereitungen zur Wasserübernahme beginnen, Herr Kapitän«, sagte Hornblower zu Bush. Dann wandte er sich wieder an Alexander. »Wollen Sie das Schiff eingehender besichtigen, Sir?«
»Sehr gern«, sagte Alexander.
Er blieb noch auf dem Achterdeck stehen, um sich den Beginn der Vorbereitungen anzusehen. Die Toppsgasten ergossen sich aus den Riggen wieder an Deck. Gegen die Sonne blinzelnd, sah Alexander bewundernd zu, wie ein halbes Dutzend Seeleute an den Kreuzpardunen und am Kreuzmarsfall heruntergerutscht kamen und auf dem Achterdeck, unmittelbar neben ihm, glatt auf ihren Füßen landeten. Angefeuert von ihren Unteroffizieren, rannten die Leute hier- und dorthin, jeder mit irgendeinem Auftrag. Das Schiff glich einem aufgestörten Ameisenhaufen, nur daß mehr Ordnung herrschte und der Sinn des ganzen Treibens besser zu erkennen war. Die Luken wurden abgedeckt, die Pumpen klargemacht, an den Rahnocken wurden Taljen angeschlagen, und an der Backbordseite wurden Fender ausgebracht. Alexander staunte über eine Halbkompanie Seesoldaten, die hintereinander an einem Ende aufgereiht waren und damit in einer Art plattfüßigen Gleichtakts längsdeck holten. »Die sind beides zur gleichen Zeit, Sir, Soldaten und Seeleute«, sagte Hornblower in einem etwas geringschätzigen Tonfall, während er seinen Besuch nach unten führte.
Alexander war ein Mann von sehr hohem Wuchs, er war noch einen oder zwei Zoll größer als Hornblower und mußte sich vor den niedrigen Decksbalken der unteren Decks gewaltig in acht nehmen, während er mit seinen kurzsichtigen Augen voll Interesse um sich sah. Hornblower führte ihn im unteren Batteriedeck nach vom, dort gab es nicht mehr als fünfeinhalb Fuß Stehhöhe. Er zeigte ihm den Fähnrichsraum, die Deckoffiziersmesse und überhaupt alles, was es sonst im Seemannsleben an unerfreulichen Begleitumständen gab. So ließ er zum Beispiel eine Gruppe Matrosen Hängematten empfangen und aufhängen, dann mußten sich die Männer hineinlegen, damit Alexander sich ein Bild davon machen konnte, was es hieß, sich mit einem Schlafplatz von zweiundzwanzig Zoll Breite begnügen zu müssen. Dazu gab er eine anschauliche Schilderung, wie es in einem solchen Deck bei Sturm aussah, wenn die Hängematten mit den wie Heringe zusammengepferchten Schläfern ins Schwingen gerieten und gegeneinander geworfen wurden. Das breite Grinsen der Seeleute, die diese Vorführung veranstalteten, mochte Alexander davon überzeugen, daß Hornblower mit seiner Schilderung nicht übertrieb, darüber hinaus aber sagte es ihm wohl auch etwas über den Geist, der diese Männer beseelte, verriet es ihm etwas von dem gewaltigen Unterschied zwischen ihnen und den stumpfen und unwissenden Bauern, die er in den Gliedern seiner Regimenter zu sehen gewohnt war.
Sie warfen einen Blick in die Luke, um die Arbeitsgruppe zu beobachten, die unten im Raum mit den Wasserfässern hantierte, um auch die unteren Lagen derselben zum Auffüllen klarzumachen. Dabei schlug ihnen der Brodem aus dem Orlopdeck entgegen, in dem sich der Geruch von Bilgewasser, Käse und Masse Mensch zu einer unbeschreiblichen Mischung vereinigte. »Sie haben sicher lange gedient, Kommodore?« fragte Alexander. »Neunzehn Jahre, Sir«, gab Hornblower zur Antwort. »Und wieviel von dieser Zeit haben Sie auf See zugebracht?«
»Sechzehn Jahre, Sir. Neun Monate war ich als Gefangener in Spanien und sechs Monate in Frankreich.«
»Ich habe von Ihrer Flucht aus Frankreich gehört. Sie haben viele Gefahren auf sich genommen, um zu diesem Seemannsleben zurückzukehren.« Alexanders hübsche Stirn zog sich in nachdenkliche Falten. Er grübelte wohl darüber nach, wie man sechzehn Jahre seines Lebens unter solchen Bedingungen leben und dabei doch geistig und körperlich gesund bleiben konnte. »Wann sind Sie zu Ihrem jetzigen Dienstgrad befördert worden?«
»Kommodore bin ich erst seit zwei Monaten, Sir, aber als Kapitän habe ich ein Rangdienstalter von neun Jahren.«
»Und davor?«
»Davor war ich sechs Jahre Leutnant und vier Jahre Fähnrich.«
»Was, vier Jahre? Vier volle Jahre haben Sie in einem Loch
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