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Hornblower 08 - Der Kommodore

Hornblower 08 - Der Kommodore

Titel: Hornblower 08 - Der Kommodore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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gleich um einen zweiten. Als nächsten Gang gab es nur dreierlei Fleisch, nämlich gepökeltes Rindfleisch, gepökelte Ochsenzunge und gepökeltes Schweinefleisch. Dazu wurde eingelegter Kohl gereicht.
    Alexander sah sich die drei Schüsseln genau an und entschied sich dann klugerweise für die Zunge. Der Marineminister und die beiden Adjutanten nahmen sich auf Hornblowers Rat von jeder Sorte etwas, und Hornblower, Bush und Hurst legten ihnen persönlich vor. Der anfänglich so schweigsame und jetzt so gesprächige Adjutant kaute sein Salzfleisch mit echt russischem Appetit, obgleich ihn seine Vertilgung einen harten Kampf kostete. Jetzt servierte Brown den Rum.
    »Das Blut in den Adern unserer Flotte, Sir«, sagte Hornblower, während Alexander den Inhalt seines Glases betrachtete. »Meine Herren! Sie werden freudig und herzlich einstimmen, wenn ich rufe: Es lebe der Zar aller Reußen! Vive l'Empereur!«
    Alle, außer Alexander, erhoben sich und taten stehend Bescheid. Kaum hatten sie wieder Platz genommen, da war Alexander seinerseits auf den Beinen: »Der König von Großbritannien!«
    Der eine der Adjutanten erlitt wieder einmal Schiffbruch mit seinem Französisch, als er den Eindruck zu schildern versuchte, den der Flottenrum auf ihn machte. Er hatte ihn hier zum ersten Male gekostet. Zuletzt brachte er sein Urteil über dieses Getränk einfach dadurch zum Ausdruck, daß er sein Glas auf einen Zug leerte und es Brown zum Nachschenken hinhielt. Als der Tisch abgeräumt war, erhob Alexander sein Glas zum zweiten Male:
    »Es lebe Kommodore Sir Horatio Hornblower und die Britische Königliche Flotte!«
    Als die Gläser geleert waren, warf Hornblower einen Blick in die Runde und wurde gewahr, daß seine Gäste eine formgerechte Antwort von ihm erwarteten.
    »Die Flotte«, sagte er, »Schutzherrin der Freiheit in der ganzen Welt, treuester Freund oder härtester Gegner! Wenn der Zwingherr Europas darauf sinnt, seine Herrschaft durch offene Gewalt oder durch Winkelzüge zu erweitern, dann findet er stets die Flotte als Hindernis in seinem Weg. Die Flotte drückt dem Tyrannen langsam die Kehle zu. Die Flotte hat ihm Schlag um Schlag versetzt, sie läßt den aufgeblähten Koloß, den er sein Reich nennt, ununterbrochen zur Ader, sie bringt ihn mit Gewißheit eines Tages zu Fall. Mag sich der Tyrann zu Lande eines ununterbrochenen Siegeszuges rühmen, so trifft ihn doch auf See ohne Unterlaß die Vernichtung. Das Werk der Flotte ist es, daß ihn seine Siege nur schwächen, daß er, ein zweiter Sisyphus, immer von neuem beginnen muß, seinen Felsblock den Hang empor zu wälzen, einem Gipfel zu, den er nie erreichen wird. Denn der Felsen wird ihn eines Tages in seinem Sturz zerschmettern. Möge dieser Tag nicht mehr zu fern sein!«
    Als Hornblower endete, hörte man die anderen Tischgäste erregt miteinander flüstern. Er war wieder in gehobener Stimmung, die Gelegenheit zu dieser Ansprache hatte ihn etwas überrascht, obgleich er eigentlich den ganzen Tag, seit er von dem bevorstehenden Besuch des Zaren wußte, auf eine Möglichkeit gehofft hatte, ihm noch einmal die Vorteile der britischen Bundesgenossenschaft vor Augen zu führen. Alexander war noch jung und empfänglich für Eindrücke. Man mußte sich an sein Gefühl genauso wenden wie an seinen Verstand.
    Hornblower warf einen heimlichen Blick auf den Zaren, um zu ergründen, ob er seinen Zweck erreicht hatte. Alexander saß tief in Gedanken da und hatte die Augen auf den Tisch gesenkt.
    Plötzlich hob er den Blick und sah Hornblower lächelnd an. Da packte diesen eine Woge jauchzenden Triumphes, er war felsenfest davon überzeugt, daß sein Plan gelungen war. Er hatte mit Vorbedacht zum Lunch gewöhnliche Schiffskost gereicht, er hatte Alexander gezeigt, wie die Flotte lebte, wie sie schlief, wie sie arbeitete. Wenn der Zar den Heldenruhm der englischen Flotte kannte - und er mußte ihn kennen -, dann war dieses anschauliche Bild von den Härten des Seemannslebens, das er ihm entworfen hatte, nichts als ein besonders feinfühliger Appell an seine edelsten Regungen. Hornblower besaß ein Einfühlungsvermögen, das ihm solche Zusammenhänge verriet.
    Er hätte wohl nicht zu sagen vermocht, wie diese Wirkung zustande kam, aber er war seiner Sache doch sicher. In Alexander mußte sich immer stärker der Wunsch regen, den Männern zu helfen, die Ruhm und Erfolg mit einem solchen Preis erkauften, und umgekehrt mußte er sich auch wünschen, diese zähen Kämpfer auf seiner

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