Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 6 - Feuerfluch
verblüfft an. „Natürlich sind sie hier. Sie haben mich in Neapel gefangen gehalten. Sie haben meinen Freund Scott in einen bösen Menschen verwandelt. Sie haben den Vulkan ausbrechen lassen …“
„All diese Dinge mögen passiert sein. Aber hast du die Alten gesehen?“
„Sie haben zwei Mal versucht, mich umzubringen. Beim ersten Mal waren es Kondore, die in der Wüste vom Himmel kamen. Und dann haben sie Tote geschickt, die sie aus ihren Gräbern geholt haben.“
„Ich habe dich gefragt, ob du die Alten mit eigenen Augen gesehen hast.“
„Nein.“ Pedro konnte nicht lügen. „Aber wir müssen gegen sie kämpfen“, fuhr er fort. „Wir Fünf müssen vereint sein. Deswegen muss ich meine Freunde finden.“
„Jetzt sprichst du von den Torhütern. Das meinst du doch, oder?“
„Ja. Matteo, Scarlett, Scott und Jamie. Und ich.“ Pedro hatte den Tee, der vor ihm stand und langsam kalt wurde, nicht angerührt. „Warum darf niemand in den Petersdom?“, fragte er.
Silvio hob die Hände. „Es sind zu viele Menschen in Rom“, erklärte er. „Die Behörden haben Angst, der Dom könnte überrannt werden. Ein paar Pilger werden immer noch hineingelassen, aber sie brauchen eine schriftliche Erlaubnis und müssen ihre Papiere vorzeigen.“
„Liegt es daran, dass sich in der Kirche eine Tür befindet? Wollen sie mich aufhalten?“
Silvio sah aus, als wollte er es abstreiten, aber bevor er etwas sagen konnte, beugte sich seine Mutter über den Tisch. Es war eine Aufgeregtheit in ihren Augen, die Pedro bisher nicht bei ihr gesehen hatte. „Da ist eine Tür“, sagte sie.
Silvio funkelte seine Mutter erbost an, doch diesmal ließ sie sich nicht den Mund verbieten. Er zuckte mit den Schultern. „Es stimmt. Es gibt dort eine Tür, wie du sie beschreibst“, gestand er. „Sie ist unter dem Tabernakel in der Grotte. Aber ich habe sie eigenhändig geöffnet und geschlossen. Sie führt nirgend wohin, nur in einen kurzen Gang, der an einer Ziegelmauer endet.“
„Die Türen funktionieren nur bei uns“, sagte Pedro, der zum ersten Mal seit Wochen wieder etwas Hoffnung hatte. „Wenn Sie mich in die Kirche bringen können, kann ich Rom verlassen. Ich kann gehen, wohin immer ich will.“
„Das können wir für dich tun, Pedro“, versicherte ihm Carla und fuhr hastig fort, bevor ihr Sohn ihr ins Wort fallen konnte: „Es gibt einen Geheimgang vom Vatikan in den Petersdom. Nur wenige Personen wissen davon. Du hattest recht, als du sagtest, dass sie bereits auf dich warten. Die Kirche war bisher noch nie geschlossen, aber jetzt stehen dort rund um die Uhr Soldaten. Silvio mag anderer Meinung sein, aber ich bin sicher, dass sie nur dort postiert wurden, um dich aufzuhalten.“
„Ich glaube nicht an diese Tür!“ Silvio schlug mit der Faust auf den Tisch und funkelte seine Mutter wütend an. „Der Petersdom ist das Herzstück unseres Glaubens. Es gibt ihn in der einen oder anderen Form schon seit dem vierten Jahrhundert und heute ist er ohne jeden Zweifel die bedeutendste Kirche der Christenheit. Der heilige Petrus ist unter dem Altar begraben. Willst du mir wirklich weismachen, dass es dort auch einen heidnischen Zauber geben soll – eine Tür, die in einen buddhistischen Tempel in Hongkong oder eine Ruine in Cuzco führt?“ Er zwang sich zur Ruhe und wandte sich wieder Pedro zu. „Es tut mir leid“, sagte er. „Ich bin sicher, dass du viel durchgemacht hast. Und du bist nicht allein. Manchmal fällt es sogar mir schwer zu begreifen, was mit unserer Welt geschieht. Aber ich finde die Antworten im Gebet. Es sind nicht die Alten, die Vulkane ausbrechen lassen, Pedro. Es ist Teil eines großen Ganzen, eine Prüfung, die der Menschheit auferlegt wurde, aber wenn wir unseren Glauben nicht verlieren, werden wir am Ende gestärkt aus dieser Prüfung hervorgehen. Daran glaube ich mit meinem ganzen Herzen.“
„Aber mir glauben Sie kein Wort“, murmelte Pedro. „Es ist Ihnen egal, wer ich bin und was mich hergeführt hat.“
Der Priester verstummte und schaute weg.
„Was stimmt nicht mit Maria?“, fragte Pedro.
Bei dieser unerwarteten Frage zuckte Carla auf ihrem Stuhl zusammen. „Wieso fragst du das?“
„Bitte, Signora Rivera. Sie haben mir gesagt, sie wäre Ihre Tochter.“ Er warf Silvio einen Blick zu. „Ihre Schwester. Sie ist in dem Zimmer gegenüber von meinem. Welche Krankheit hat sie?“
Keiner der beiden antwortete, als wagten sie nicht, es auszusprechen. Doch dann nickte Carla. „Sie
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