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Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 6 - Feuerfluch

Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 6 - Feuerfluch

Titel: Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 6 - Feuerfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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Fliesenboden war kein Laut zu hören. An den Wänden hingen reihenweise Schwarz-Weiß-Fotos – sie zeigten ausschließlich Männer, die meisten in Priestergewändern. Sie kamen an vielen Türen vorbei, auf denen nur Nummern standen, keine Namen. Vielleicht waren es Klassenräume, doch als Silvio schließlich die Tür am Ende des Flurs öffnete, fand sich Pedro in einem gemütlichen, etwas unordentlichen Büro wieder und vermutete, dass es sich dabei um den Arbeitsplatz des Priesters handelte.
    Im Zimmer stand ein antiker Schreibtisch mit einem Stuhl und dahinter befanden sich zwei Fenster, vermutlich mit Ausblick in den Garten, doch die Läden waren geschlossen. Ein Regal voller Bücher erstreckte sich über eine ganze Wand – schwere, in rotes und goldenes Leder gebundene Bände, deren Titel fast alle lateinisch waren. An einer Seite stand ein Tisch mit einer Blumenvase. Auf dem Schreibtisch türmten sich Papiere und Akten und auf dem Teppich lagen weitere Papierstapel. Zwischen den Fenstern hing ein antiker goldgerahmter Spiegel, dessen Glas schon ganz fleckig war. Die letzte Wand war voller Ölgemälde. Da war eines von der Jungfrau Maria, die mit einem großen Heiligenschein um ihren Kopf auf den Betrachter herabschaute, und ein anderes, das die Heiligen Drei Könige auf dem Weg nach Bethlehem zeigte. Pedro kannte die Geschichten. Als er noch in Lima gelebt hatte, war er gelegentlich in die Kirche gegangen – allerdings nur, um etwas aus der Kollekte zu stehlen.
    Silvio schloss die Tür. Sie waren allein.
    „Ist das Ihr Büro?“, fragte Pedro.
    „Ja. Hier wird uns niemand stören.“
    „Warum sind wir hier? Wo ist dieser Geheimgang?“
    „Er ist nicht in diesem Gebäude, Pedro. Er führt vom Cortile Borgia weg …“
    „Was ist das?“
    „Das ist ein Hof, der zu den Vatikanischen Museen gehört. Aber wir können dort erst morgen früh um acht hingehen, kurz bevor die Museen öffnen.“
    „Das verstehe ich nicht.“ Die Wachen hatten sie nicht aufgehalten. Sie hatten es unbehelligt bis ins Gebäude geschafft. Trotzdem hatte Pedro das Gefühl, dass etwas faul war. „Wieso sind wir hergekommen?“
    „Es wäre zu gefährlich gewesen, es tagsüber zu versuchen. Es ist besser, wenn wir hier auf den Sonnenaufgang warten. Wenn wir morgen früh durch den Garten gehen, wird uns niemand aufhalten. Du bist bestimmt müde, aber du musst mir vertrauen. So ist es sicherer. Ich hole uns etwas zu trinken …“
    Silvio ging zu einer mit üppigen Schnitzereien und Perlmutteinlagen verzierten Anrichte, öffnete sie und holte eine Flasche Wein und zwei Gläser heraus. Obwohl er Pedro den Rücken zudrehte, redete er unablässig weiter. „Du hast meine Mutter sehr glücklich gemacht“, sagte er. „Sie hat Maria erst spät bekommen und liebt sie über alles.“
    „Was ist mit ihrem Vater?“, fragte Pedro.
    „Unser Vater starb.“ Silvio drehte sich um und trug die beiden Weingläser zum Schreibtisch. „Bitte setz dich, Pedro. Ich möchte mit dir reden.“
    Pedro gehorchte, auch wenn es ihm unangenehm war, dass die ganzen Heiligen in ihren Goldrahmen auf ihn herabsahen.
    Silvio gab ihm ein Glas und hob sein eigenes. „Ich möchte auf das Wunder trinken, das du bewirkt hast. Ich möchte dir dafür danken, dass du mir meine Schwester zurückgegeben hast.“
    Er hob sein Glas. Pedro tat dasselbe. Es war nicht viel Wein darin und er leerte das Glas mit einem großen Schluck. Sofort spürte er die Wärme. Der Geschmack war intensiv und schwer – nicht nur nach Weintrauben, sondern nach allen Früchten des Sommers. Pedro fragte sich, ob es klug war, was er hier tat. Er musste einen klaren Kopf haben, wenn sie am Morgen zu diesem Hof gingen. Dem Cortile Borgia, das war sein Name. Von dort aus würde er zu der Tür gelangen, die ihn in die Antarktis befördern sollte. Bei dieser Vorstellung schwirrte ihm der Kopf, der ohnehin schon vollkommen durcheinander war. Er konnte nicht fassen, wie stark dieser Wein wirkte, und wünschte bereits, er hätte die Finger davon gelassen.
    Er setzte sein Glas ab. Silvio sah ihn plötzlich ganz merkwürdig an – irgendwie traurig.
    „Ich muss dir etwas erklären“, sagte Silvio. „Ich möchte, dass du begreifst, was ich getan habe. Ich bin ein guter Mensch. Zumindest versuche ich es. Ich bin Priester, seit ich zwanzig war. Ich habe mein ganzes Leben der Kirche geweiht.“
    Pedro saß ihm gegenüber und die beiden sahen sich über den Schreibtisch hinweg an. Seine Arme und Beine

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