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Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 6 - Feuerfluch

Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 6 - Feuerfluch

Titel: Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 6 - Feuerfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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wusste er über Carla Rivera und ihre Familie? Fast nichts. Aber das spielte keine Rolle. Er hätte nicht mehr weglaufen können, selbst wenn er es gewollt hätte.
    Während die Frau unten auf die Rückkehr ihres Sohnes wartete, schlief Pedro im zweiten Stock ein.
    Die Sitzung der Pontifikalkommission des Vatikanstaats war beendet. Die sieben Kardinäle, aus denen sich die Kommission zusammensetzte, verabschiedeten sich wortlos, aber mit einer Verbeugung vor dem Heiligen Vater. Papst Pius XIII. war ein sehr alter Mann, weit über neunzig, und es war durchaus denkbar, dass er mindestens die letzte halbe Stunde der Diskussion verschlafen hatte. Das war in letzter Zeit schwer festzustellen. Er sprach kaum noch, und wenn er es tat, war es nur Gebrabbel, das keinen Sinn ergab. „Hunde! Zauberer! Mörder!“ Diese Worte wiederholte er immer wieder. Vielleicht dachte er dabei an die Bibel – manche vermuteten, dass es die Offenbarung war. Aber genau wusste es niemand.
    In ihren bodenlangen scharlachroten Roben und mit den Biretten – den Kopfbedeckungen mit vier Spitzen und Quasten, die sie von Amts wegen trugen – sahen die Kardinäle sehr beeindruckend aus. Auch der Saal, in dem sie getagt hatten, war überaus prunkvoll – Säulen, Wandteppiche, schwere Samtportieren, Marmorböden und Blattgold an der Decke. Die Vorhänge waren zugezogen. Der Heilige Vater konnte den Anblick der Welt nicht mehr ertragen. Er lag die meiste Zeit mit geschlossenen Augen im Bett und ließ sich von einem jungen Priester aus dem Alten oder Neuen Testament vorlesen.
    Kardinal Silvio Rivera verließ die Sitzung deprimiert. Das Land stand vor dem Zusammenbruch. Auf den Straßen verhungerten die Menschen – und es waren viel zu viele. Es kam ihm vor, als hätte die ganze Welt in Italien Zuflucht gesucht, und durch diese Massenzuwanderung waren Verbrechen und Gewalt mittlerweile an der Tagesordnung. Die Regierung hatte darauf mit einer solchen Härte reagiert, dass er am liebsten gar nicht darüber nachdenken wollte. Er hatte die Geschichten von Transporten gehört, von Gefangenenlagern außerhalb von Arezzo. Wie hatte es dazu kommen können? Konnte die Welt wirklich so verkommen sein, wie es schien?
    Der Kardinal kehrte in sein Büro zurück, wo sein Sekretär bereits auf ihn wartete, um ihm beim Ablegen der Robe zu helfen, doch Silvio schickte ihn weg. Er wollte allein sein. Er trug ein schweres Kruzifix aus massivem Gold um den Hals – er spürte stets, wie das Gewicht ihn hinabzog – und nun umklammerte er es mit beiden Händen und ließ sich auf die Knie sinken. In das Kruzifix war ein Edelstein eingearbeitet, ein Amethyst, und wie es seine Gewohnheit war, strich er auch jetzt mit dem Daumen darüber in der Hoffnung, so ein wenig Trost zu finden.
    Er kniete neben seinem Schreibtisch und betete.
    „Vater unser im Himmel, geheiligt werde Dein Name, Dein Reich komme …“
    Die Worte waren kaum mehr als ein Wispern. Der Priester hatte Tränen in den Augen, und als er an den Zustand dachte, in dem sich die Welt befand, liefen ihm die Tränen über die Wangen. Er spürte den Schmerz der Welt, als wäre es sein eigener. Er hoffte, ein guter Mensch zu sein, und es entsetzte ihn, dass es nur noch so wenig Gutes auf der Welt gab.
    Er verbrachte die nächsten zwei Stunden auf den Knien und betete. Erst dann machte er sich auf den Weg nach Hause.

13
     
     
    Beim Aufwachen fühlte Pedro sich viel besser. Er war sauber, hatte gegessen und fünf Stunden geschlafen. Enttäuschend war nur, dass er nicht in die Traumwelt zurückgefunden hatte. Er war immer noch allein. Er setzte sich auf, schlug die Decke zurück und stellte fest, dass Carla bei ihm im Zimmer gewesen sein musste, während er schlief. An der Tür lagen frische Kleider auf dem Boden, sorgfältig gefaltet: Jeans, ein Polohemd, ein Gürtel und Turnschuhe. Pedro probierte die Sachen an. Die Hose war ihm zu weit und er musste den Gürtel ins letzte Loch ziehen, um sie nicht zu verlieren, aber davon abgesehen fühlte er sich endlich wieder wie ein Mensch – und sah auch so aus. Was jetzt? Carla hatte gesagt, dass ihr Sohn bald nach Hause kommen würde. Sie sagte, dass sie miteinander reden sollten. Wieder einmal fragte Pedro sich, wie viel er verraten durfte, wie viel diese Leute bereits wussten.
    Er hörte Bewegung im Haus. Es war jemand gekommen. Leise öffnete Pedro die Tür und trat auf den oberen Flur hinaus. Ja, da war ein Mann. Er konnte seine Stimme hören, allerdings weit

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