Horowitz, Anthony - Die fuenf Tore 6 - Feuerfluch
auch weigern, uns zu helfen“, flüsterte er.
Scott wusste, was Jonas wollte. Wenn er nicht tat, was sie verlangten, würde er alles verlieren. Wahrscheinlich würde er dann selbst in einer Zelle enden oder an einem Tisch angekettet auf Rüstungen herumhämmern. Das konnte er auf keinen Fall riskieren. „Wie soll ich Kontakt zu ihm aufnehmen?“, fragte er.
„Überlass das uns“, antwortete der Vorsitzende. „Wir werden die nötigen Vorkehrungen treffen. Du brauchst dann nur aufzutauchen und ihn in die Falle zu locken.“
Das Gespräch war beendet. Draußen vor dem Fenster zerrten fünfzig Soldaten eine Art Katapult in Position. Sie warfen sich in die Seile und rutschten immer wieder im Schnee aus. Wie üblich peitschten die Gestaltwechsler unbarmherzig auf sie ein.
Scott schaute über die Mauern hinweg auf das Eisschelf. Matt und Scarlett waren also da! Er versuchte, sich vorzustellen, wie sie zwischen den Flugzeugen herumliefen. Vielleicht waren sie aber auch mit einem Boot gekommen. Hatten die beiden sich schon getroffen? Wussten sie, dass er hier war? Vielleicht beobachteten sie ihn gerade jetzt, hatten Ferngläser auf das Fenster gerichtet und betrachteten die winzige Figur hinter der Scheibe.
Einen kurzen Augenblick lang wünschte er sich, sie wiedersehen zu können. Aber er wusste natürlich, dass das unmöglich war. Er war auf sich allein gestellt. „ Wir alle müssen unsere Wahl treffen, Scott.“ Das hatte Matt gesagt – und es stimmte. Scott hatte seine Wahl getroffen. Und jetzt gab es kein Zurück mehr.
17
Sie verließen das Flugzeug über die Notrutsche und sausten hinunter in den Schnee. Beim Anflug hatte Matt die vielen Schiffe in allen Größen und Formen gesehen. Die anderen Flugzeuge standen am äußersten Rand des Schelfs, als wären sie dort ausgesetzt worden. Jetzt war er an dem Ort angekommen, an dem der letzte Kampf gegen die Alten ausgetragen werden würde. Lohan hatte sie ohne weitere Zwischenfälle hergeflogen. Sie hatten nebeneinander im Cockpit gesessen, sicher angeschnallt, aber Matt war trotzdem nervös gewesen. Würde das Eis das Gewicht der Legacy 600 tragen? Würden sie rechtzeitig zum Stehen kommen und nicht in den nächstbesten Berg krachen? Doch er hätte sich keine Sorgen zu machen brauchen. Einen Moment waren sie noch in der Luft und umkreisten das Gebiet mit der Festung auf der einen und dem Meer auf der anderen Seite. Und im nächsten Augenblick rollten sie bereits über den Boden, ihr Fahrwerk wirbelte Schnee auf und die Turbinen verursachten Mini-Schneestürme. Durchs Fenster konnten sie nichts sehen, denn alles war weiß. Schließlich kehrte Lohan den Schub um. Die Triebwerke heulten, das Flugzeug wurde langsamer und blieb tatsächlich stehen.
Sie waren angekommen.
Matt erreichte das untere Ende der Notrutsche und setzte den ersten Fuß in den knirschenden Schnee des antarktischen Kontinents. Er hatte im Flugzeug ein paar Kleidungsstücke gefunden, spürte aber trotzdem die beißende Kälte. Wenigstens war während des Fluges das Fieber vorbeigegangen. Er war müde und hungrig und brauchte ganz dringend etwas zu trinken. Aber er konnte wieder ohne Hilfe gehen und merkte, wie seine Kräfte zurückkehrten.
Er sah zu Lohan, der hinter ihm heruntergerutscht war. Zwischen ihnen herrschte gereiztes Schweigen. Lohan war wütend, und zwar nicht nur, weil Matt die Instrumente des Flugzeugs so beeinflusst hatte, dass es hierher geflogen war, sondern auch, weil Matt wusste, was er eigentlich geplant hatte. Lohan hatte versucht, die Goldmine von Serra Morte ohne ihn zu verlassen. Hätte er die Wahl gehabt, wäre er Richtung Norden in die Vereinigten Staaten geflogen. Lohan war daran gewöhnt, Befehle zu geben, die kommentarlos befolgt wurden. Es ging ihm gegen den Strich, sich von einem Fünfzehnjährigen so herumkommandieren zu lassen. Aber das war nicht alles. Er schämte sich auch. Er hatte sich unehrenhaft verhalten. Hätte ihn als Triadenführer jemand auf diese Weise hintergangen, hätte er den Verräter mit dem Tode bestraft.
„Wie fühlst du dich?“, fragte er. Es waren so ziemlich die ersten Worte, die er seit ihrem Abflug in Brasilien gesprochen hatte.
„Viel besser“, sagte Matt. „Danke, dass du uns hergeflogen hast.“
„Ich wollte dich nicht zurücklassen“, versicherte ihm Lohan. Die Worte brachen aus ihm heraus und er konnte sie nicht stoppen. „Ich fand nur, dass es eine blöde Idee war, herzukommen. Das ist alles. Ich muss meine
Weitere Kostenlose Bücher